"Habe einen Fehler gemacht" Ungarns Präsidentin tritt nach Pädophilie-Skandal zurück
Tausende Menschen hatten ihren Rücktritt verlangt. Nun ist Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novák von ihrem Amt abgetreten.
Ungarns Staatspräsidentin Katalin Novák hat auf Druck von Opposition und Regierung ihren Rücktritt erklärt. Dem vorausgegangen war ein Streit über eine Begnadigung im Zusammenhang mit einem Fall von sexualisiertem Missbrauch bei Kindern. "Ich habe einen Fehler gemacht", erklärte Novák nun in einer Fernsehansprache am Samstag. "Heute ist der letzte Tag, an dem ich als Präsidentin zu Ihnen spreche", sagte sie im Staatssender. Kurz vor ihrem Rücktritt war die Staatschefin vorzeitig von einem offiziellen Besuch aus dem Golfemirat Katar nach Budapest zurückgekehrt.
Die Verbündete und ehemalige Familienministerin des konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orbán hatte im April 2023 etwa zwei Dutzend Menschen begnadigt. Darunter war der stellvertretende Leiter eines Kinderheims, der dem ehemaligen Leiter geholfen hatte, seine Verbrechen an Kindern zu verbergen. Wegen der Beihilfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen war er zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt worden.
Seine Begnadigung hatte schon im April 2023 stattgefunden, aus Anlass des damaligen Besuchs von Papst Franziskus in Budapest. Der Fall war aber erst vor einer Woche durch Medienberichte bekanntgeworden. In Ungarn löste das breite Empörung aus. Am Freitag protestierten Tausende Menschen vor dem Präsidentenpalast und forderten Nováks Rücktritt. Mehr dazu lesen Sie hier.
Novák vertrat teils eine andere Position als Orbán
Der rechtspopulistische Ministerpräsident Viktor Orbán will nun per Verfassungsänderung erreichen, dass derartige Straftäter niemals begnadigt werden können. Damit distanzierte sich Orbán erstmals von seiner bisherigen politischen Mitstreiterin Novák. Seine Regierung will als Beschützerin von Kindern vor sexualisierter Gewalt gelten. 2021 setzte sie ein umstrittenes "Kinderschutzgesetz" durch, das etwa eine Aufklärung von Kindern in Schulen über Homosexualität verbietet. Auch Vertreiber von entsprechenden Publikationen sind verpflichtet, diese für Minderjährige unzugänglich zu machen. Kritiker bemängeln, dass so Homosexualität mit Pädophilie gleichsetzt werde.
Mit Nováks Rücktritt dürfte Orbán nun aber auch deswegen zufrieden sein, weil sie in der letzten Zeit nicht immer die Regierungspolitik vertreten hatte. Bei mehreren Gelegenheiten äußerte sie sich deutlich kritisch zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, während Orbán gute Beziehungen zum Kremlchef Wladimir Putin pflegt. Novák sprach sich auch für eine zügige Ratifizierung von Schwedens Nato-Beitritt durch Ungarns Parlament aus, den Orbán hinauszögert.
In Ungarn spielen Staatschefs politisch eine untergeordnete Rolle. Sie werden vom Parlament gewählt, in der Regel auf Vorschlag der stärksten Partei. Die Besetzung dieses Amts mit Novák, bis dahin führenden Politikerin von Orbáns Partei Fidesz, hatte der Premier vorgeschlagen.
- Nachrichtenagenturen Reuters und dpa