"Wenn wir das nicht hinbekommen" Merz räumt Kehrtwende bei AfD ein – und erklärt diese
Friedrich Merz räumt ein, dass er bei seiner Haltung zur AfD eine Kehrtwende vollzogen habe. Allerdings sei dies durch bestimmte Ereignisse ausgelöst worden.
Mit seinem zuletzt kompromisslosen Vorgehen in der Migrationspolitik scheint Merz jenen Kritikern recht zu geben, die ihn als notorisch impulsiv und unkontrolliert porträtieren. Mit betont staatsmännischen Auftritten versuchte Merz zuletzt, solche Vorbehalte gegen sich zu entkräften. In den diversen TV-Debatten mit den Gegenkandidaten gab er sich in den vergangenen Tagen überaus gelassen und kontrolliert, betonte immer wieder, dass er eine parlamentarische Zusammenarbeit mit der AfD nicht in Betracht ziehe.
Dennoch räumte Merz seine Kehrtwende in seiner Haltung zur AfD bei den umstrittenen Abstimmungen im Bundestag ein. "Ich weiß, dass das natürlich eine Abweichung von dem war, was ich der Rest-Koalition, der Ampel angeboten hatte, kurz nachdem sie auseinander geflogen war", sagte der CDU-Chef nun bei einer Wahlkampfveranstaltung in Potsdam.
Dafür wurde der Sauerländer viel gescholten, nicht nur von Politikern, sondern auch beim Volk. Im November 2024 hatte der 69-Jährige noch zugesagt, nur mit SPD und Grünen vereinbarte Entscheidungen auf die Tagesordnung zu setzen, damit keine Mehrheit mit der AfD zustande kommt. Der Bundestag stimmte Ende Januar aber einem Antrag der Unionsfraktion für eine schärfere Migrationspolitik nur mit Stimmen der AfD zu und löste so Proteste auf Deutschlands Straßen aus. Auch Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte Merz für seinen Alleingang im Parlament, der heftige Diskussionen um die sogenannte "Brandmauer" zu den Rechtsextremen auslöste.
Vor den umstrittenen Abstimmungen hatte Merz im ZDF gesagt: "Wir machen in der Unionsfraktion das, was wir in der Sache für richtig halten. Und wenn die AfD zustimmt, dann stimmt sie zu. Wenn sie nicht zustimmt, soll sie es bleiben lassen."
Anschläge sollen Grund für Merz' Haltungswechsel gewesen sein
Der Kanzlerkandidat begründete seinen Schwenk in dieser Frage mit den jüngsten Anschlägen. "Aber dann sind Magdeburg und Aschaffenburg passiert", sagte Merz. Im Dezember hatte ein Mann aus Saudi-Arabien mit einem Auto auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt. In Aschaffenburg soll ein 28 Jahre alter Afghane in der vergangenen Woche einen zweijährigen Jungen und einen 41 Jahre alten Mann erstochen haben. Merz betonte aber auch sein Bekenntnis zur "Brandmauer": "Es wird mit uns und auch mit mir keine Zusammenarbeit mit der AfD geben."
Fünf Tage vor der Bundestagswahl stellte er allerdings Bedingungen für den Fall eines Wahlerfolgs der Union. So pocht der CDU-Chef auf einen Kurswechsel in der Zuwanderung. "Wir gehen mit niemandem in eine Regierung, der nicht bereit ist, substanziell die Migrationspolitik in Deutschland zu ändern", sagte Merz. Er warnte: "Wenn wir das nicht hinbekommen, dann werden 2029 die Populisten in Deutschland triumphieren."
Merz hat familiäre Verbindung nach Ostdeutschland
Dutzende Menschen protestierten nahe der Veranstaltung in Potsdam gegen Merz und die CDU. Eine Demonstration unter dem Motto "Asylrecht verteidigen" wandte sich "gegen rechte Hetze und menschenverachtende Politik". Die Unionsparteien CDU/CSU liegen in Umfragen mit 27 bis 30 Prozent klar vorn. Dennoch schneidet die AfD vor allem bei den Wählern in Ostdeutschland am stärksten ab.
Dass der Unions-Kanzlerkandidat Wurzeln in Ostdeutschland hat, verriet unterdessen Brandenburgs CDU-Landeschef Jan Redmann bei der Wahlkampfveranstaltung am Rande. "Du kennst Brandenburg sehr, sehr genau, nicht nur, weil Du familiäre Wurzeln auch in Brandenburg hast", sagte Redmann.
Väterlicherseits komme Merz' Familie aus Wriezen. Die Stadt liegt in Brandenburg im Landkreis Märkisch-Oderland unweit des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder. Der gebürtige Sauerländer nickte dazu, ging aber in seiner Rede nicht direkt darauf ein. Die "Märkische Oderzeitung" hatte im vergangenen Jahr von einem Besuch von Merz in Wriezen berichtet, wo er auf familiärer Spurensuche war.
- zdf.de: "Egal, ob AfD mitstimmt":Migrationsanträge: FDP will mit Union stimmen
- dw.com: Asyl: Hat die CDU die Brandmauer zur AfD eingerissen?
- Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa