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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hamas-Geiseln Eine traurige Botschaft für die Angehörigen
Die israelische Armee muss vielen Angehörigen von Hamas-Geiseln eine traurige Nachricht überbringen. Unterdessen kommt Bewegung in ein mögliches Abkommen.
Seit nunmehr vier Monaten befinden sich noch 136 von ursprünglich mehr als 240 Geiseln in der Gewalt der terroristischen Hamas. Für mehr als 30 von ihnen kam offenbar jede Hilfe zu spät. Wie Daniel Hagari, Sprecher der israelischen Armee, am Dienstag mitteilte, habe man den Angehörigen die traurige Botschaft bereits überbracht.
Zuerst hatte die "New York Times" unter Berufung auf Geheimdienstberichte über den Tod von 32 Geiseln berichtet. 30 sollen bei dem brutalen Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober verschleppt worden sein. Zudem seien die Körper von zwei toten israelischen Soldaten gefunden worden, die bereits seit 2014 als tot galten. Deren Leichen hatte die Hamas aber offenbar seither als Faustpfand für einen möglichen Austausch von Gefangenen zurückgehalten.
Die israelische Armee bestätigte den Tod der Geiseln am Dienstag dann offiziell, gab die Zahl der Toten jedoch niedriger an. "Wir haben 31 Familien darüber informiert, dass ihre gefangenen Angehörigen nicht mehr unter den Lebenden weilen und wir sie für tot erklärt haben", sagte Armeesprecher Hagari bei Pressekonferenz. Wie es zu der Diskrepanz zwischen den von der "New York Times" zitierten Geheimdienstinformationen und der offiziellen Verlautbarung kommt, konnte bislang nicht geklärt werden.
Es könnte noch schlimmer kommen
In Israel wurde die Nachricht mit großer Bestürzung aufgenommen. Das Land bangt seit Monaten mit den Angehörigen der Geiseln. Ursprünglich waren mehr als 240 in den Gazastreifen verschleppt worden, viele von ihnen kamen bereits ums Leben. Teils wurden sie von Hamas-Terroristen umgebracht, teils starben sie bei israelischen Angriffen auf die terroristische Infrastruktur im Gazastreifen.
Wie nun bekannt wurde, sollen unter den Verstorbenen auch Menschen sein, die bereits am 7. Oktober starben. Sie wurden offenbar noch auf israelischem Boden getötet, ihre Leichen dann von Hamas-Terroristen in den Gazastreifen verschleppt.
Für die Angehörigen der verbliebenen Verschleppten könnte es sogar schlimmer kommen. Denn wie die "New York Times" unter Berufung auf vier namentlich nicht genannte Militärangehörige erfahren haben will, könnten 20 weitere Geiseln nicht mehr am Leben sein.
Nicht wenige Israelis stehen hinter der Politik der harten Hand
Die israelische Gesellschaft ist in der Geiselfrage zerrissen. Während viele Israelis seit Monaten Druck auf die Regierung ausüben, um endlich ein Abkommen mit der Hamas zur Befreiung der Geiseln zu schließen, stehen nicht wenige hinter der harten Politik der Regierung Benjamin Netanjahus. Diese hat sich die Vernichtung der Hamas und die Beseitigung aller terroristischen Strukturen im Gazastreifen zum Ziel gesetzt.
Eine aktuelle Umfrage unterstreicht die Spaltung der israelischen Gesellschaft in der Debatte über die Ziele des Krieges. Der Erhebung des überparteilichen "Israel Democracy Institute" zufolge glauben 51 Prozent, dass die Rettung der Geiseln das Hauptziel sein sollte. Für 36 Prozent ist es dagegen die Zerschlagung der radikalislamischen Hamas.
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Im Laufe des November 2023 war es der israelischen Regierung gelungen, mehr als Hundert der von der Hamas verschleppten Geiseln im Rahmen einer Feuerpause zu befreien. Im Gegenzug ließ Israel 240 palästinensische Gefangene aus israelischen Gefängnissen frei. Seit Wochen verhandeln Israelis und Terroristen unter Vermittlung von Unterhändlern wie den USA, Ägypten und Katar über einen weiteren Gefangenenaustausch. Für die noch am Leben befindlichen Geiseln drängt die Zeit, viele von ihnen sind gesundheitlich angeschlagen. Die Verhandlungen ziehen sich jedoch in die Länge.
Hamas fordert vollständigen Waffenstillstand
Nun hat die Terrororganisation ihre Antwort auf den jüngsten Vorschlag internationaler Vermittler zur Herbeiführung einer befristeten Waffenruhe im Krieg mit Israel übermittelt. "Wir haben von der Hamas eine positive Antwort erhalten, sie beinhaltet mehrere Vorbehalte, aber ist im allgemeinen positiv", sagte der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani am Dienstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Außenminister Antony Blinken in Doha.
In einer Erklärung, die sie auf ihrem Telegram-Kanal veröffentlichte, teilte die Hamas mit, dass sie und ihre Verbündeten mit dem Vermittlungsvorschlag "in positivem Geiste" umgegangen seien. Die Vereinbarung müsse aber zu einem vollständigen und umfassenden Waffenstillstand, einer Beendigung der Blockade des Gazastreifens, dem Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Küstengebiets und der vollständigen Freilassung palästinensischer Gefangener führen.
Blinken sagte in Doha, dass man die Antwort der Terrororganisation studiert und an Israel weitergeleitet habe. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu teilte am Dienstagabend mit, dass Katar die Antwort der Hamas an den Auslandsgeheimdienst Mossad weitergeleitet habe. "Ihre Einzelheiten werden von den Offiziellen, die an den Verhandlungen beteiligt sind, gründlich ausgewertet", hieß es in der Mitteilung.
US-Präsident Joe Biden kommentierte die Entwicklung am Dienstag in Washington mit den Worten: "Es gibt etwas Bewegung."
- nytimes.com: More Than a Fifth of Hostages in Gaza Are Dead, Israel Says (englisch)
- timesofisrael.com: At least 32 of the 136 hostages held in Gaza killed, 20 others feared dead – NYT (englisch)
- en.idi.org.il: A Large Majority of Israelis Want Early Elections (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters und dpa.
- Eigene Recherche