Was kommt nach dem Gaza-Krieg? Eine Option schließen die USA aus
Die Bodenoffensive der israelischen Armee ist in vollem Gange, doch eine Frage ist nach wie vor unbeantwortet: Wie steht es um die Zukunft von Gaza?
Israel und die USA beraten über die Zukunft des Gazastreifens. Eine der Optionen ist die Einrichtung einer multinationalen Truppe, möglicherweise auch mit US-Soldaten, die nach der Bodenoffensive der israelischen Armee die Kontrolle im Gazastreifen übernehmen soll. Das berichtet das US-Nachrichtenmagazin "Bloomberg" unter Verweis auf anonyme Quellen.
Die Frage nach der Zukunft des Gazastreifens scheint mit der Ausweitung der Bodenoffensive von Israel immer drängender zu werden. Bislang gibt es von israelischer Seite keine offiziellen Verlautbarungen, was die Zukunft des Gazastreifens betrifft. Einzig, dass es keine Zukunft für und mit der Hamas geben kann.
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Zukunft nur ohne Hamas möglich
Diese Einschätzung teilen auch die USA. "Wir können nicht zu einem Status quo zurück, in dem die Hamas über Gaza herrscht", so US-Außenminister Antony Blinken vor einem Komitee des US-Senats. Er fügt aber auch hinzu, dass es keine akzeptable Alternative sei, dass Israel den Gazastreifen kontrolliert. Diese Möglichkeit hatten Mitglieder der israelischen Regierung bislang immer kategorisch ausgeschlossen.
Eine Entsendung von Bodentruppen sei aber zum jetzigen Zeitpunkt für die USA keine Option, bestätigte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der Vereinigten Staaten, Adrienene Watson, "Bloomberg" auf Nachfrage. Joe Biden selbst halte die Entsendung von Bodentruppen nach Gaza für politisch sehr riskant, berichtet die Zeitung weiter.
Unterstützung der arabischen Staaten wäre unerlässlich
Doch nicht nur die Unterstützung der USA für ein solches Vorhaben ist ungewiss, sondern auch, inwieweit arabische Staaten diesen Plan unterstützen würden. Die Mitwirkung arabischer Staaten wäre aber für die Akzeptanz des Einsatzes bei der Bevölkerung des Gazastreifens unerlässlich.
Diese Einschätzung teilt auch der deutsche Sicherheitsexperte Carlo Masala in einem Beitrag auf X, vormals Twitter. Er erinnert in dem Beitrag an den Einsatz der multinationalen Truppe, die 1982 im Libanon eingesetzt wurde. Die Truppen der Multinational Force in Lebanon (MNF) waren relativ bald nach Beginn des Einsatzes in den Wirren des ausbrechenden Bürgerkriegs zwischen die Fronten geraten. Blutiger Höhepunkt war ein Anschlag auf einen US-Stützpunkt in Beirut im Oktober 1983, bei dem 299 Soldaten und 6 Zivilisten umkamen.
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Eine weitere Option ist die Einrichtung einer dezidierten Friedenssicherungstruppe. Diese sollte an die Multinational Force and Observers (MFO), welche 1981 gegründet wurde, angelehnt sein. Die MFO wurde ins Leben gerufen, um die Einhaltung des Friedensvertrags zwischen Israel und Ägypten zu überwachen. Wie "Bloomberg" berichtet, wäre dies die von Israel präferierte Option.
Ziel sei die Errichtung eines souveränen palästinensischen Staats
Die dritte Option wäre, dass der Gazastreifen zumindest für eine gewisse Zeit unter die Verwaltung der Vereinten Nationen (UN) gestellt wird. Der Vorteil bei einer Kontrolle durch die UN ist, dass diese international und auch im Gazastreifen viel Anerkennung genießen. Doch die israelische Seite betrachtet diese Option zum einen als unpraktisch und zum anderen herrschen zwischen Israel und der UN Spannungen.
Die Palästinensische Autonomiebehörde steht unter der Kontrolle der PLO, der Palästinensischen Befreiungsorganisation. Diese wurde 1964 als Zusammenschluss von verschiedenen Palästinenserfraktionen gegründet. Die mit Abstand stärkste Kraft innerhalb der PLO bildet die 1959 gegründet Fatah. Die Fatah beruft sich, anders als viele andere palästinensische Gruppierungen, wie zum Beispiel die Hamas, nicht auf den Islam als Grundlage ihres politischen Handels, sondern auf den Sozialismus. Die Fatah gilt als größter Widersacher der Hamas innerhalb der palästinensischen Gebiete. Heute herrscht sie, als stärkste Kraft der PLO, mit dem Präsidenten Mahmud Abbas über die Palästinensergebiete im Westjordanland. Mehr über die Gruppierungen im Nahen Osten lesen Sie hier.
Grund dafür sind zum einen, dass in der UN-Hauptversammlung eine Resolution verabschiedet wurde, die einen sofortigen Waffenstillstand forderte. Die Gräueltaten der Hamas fanden darin jedoch keine Erwähnung. Erschwerend kam eine Aussage des Generalsekretärs hinzu, dass die Anschläge der Hamas nicht in einem Vakuum stattgefunden hätten. Daraufhin hatte der ehemalige Verteidigungsminister Israels, Benny Gantz, ihm vorgeworfen, die Angriffe der Hamas zu relativieren und ihn als "Terrorapologeten" beschrieben.
Unabhängig davon, für welche Option man sich entscheide, Ziel müsse ein souveräner palästinensischer Staat sein, so Biden laut "Bloomberg". Doch wie genau dies zu erreichen sein soll, ist ungewiss. Blinken hält eine stärkere Einbindung der palästinensischen Autonomiebehörde für einen sinnvollen Schritt in diese Richtung, aber zum jetzigen Zeitpunkt ist die Umsetzung fraglich. Es ist unklar, ob die Behörde fähig wäre, die Lücke, welche die Hamas hinterlassen würde, zu füllen. Ob es in ihrem Sinne ist, ist ebenso fraglich.
- bloomberg.com "US and Israel Weigh Peacekeepers for the Gaza Strip After Hamas" (englisch)
- x.com Post von @CarloMasala1