Israel Verwirrung um angebliche Beschwerde gegen deutschen Botschafter Seibert
Hat Israel Beschwerde gegen den deutschen Botschafter Steffen Seibert eingelegt? Ein israelischer Regierungsvertreter stößt Irritationen an.
Die Teilnahme des deutschen Botschafters in Israel an einer Anhörung des Obersten Gerichtshofs zur Justizreform hat bei der israelischen Regierung offenbar Irritationen ausgelöst. Israel habe in Berlin offiziell Beschwerde gegen den Botschafter Steffen Seibert eingelegt, sagte ein israelischer Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte, am Montag den Nachrichtenagenturen AFP und dpa. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte am Montagmittag allerdings, bisher sei keine offizielle Beschwerde Israels eingegangen.
Der Besuch beim Obersten Gerichtshof werde als Einmischung in innere Angelegenheiten Israels gesehen, sagte der israelische Repräsentant laut der Berichte. Die Beschwerde des Außenministers Eli Cohen sei über den israelischen Botschafter in Berlin, Ron Prosor, übermittelt worden. Ein Reporter des israelischen TV-Senders Channel 13 hatte auf der Plattform X (früher Twitter) über den Vorgang berichtet.
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Israels Oberstes Gericht hatte sich am Dienstag in einer historischen Gerichtsverhandlung mit einem höchst umstrittenen Justizumbau der rechts-religiösen Regierung befasst. Erstmals in der Geschichte des Landes kamen alle 15 Richter zusammen, um über acht Petitionen gegen eine verabschiedete Grundgesetzänderung zu beraten. Zum Ende der fast 14-stündigen Sitzung gewährte die Vorsitzende Richterin Esther Chajut eine Frist von 21 Tagen zur Einreichung von Ergänzungen. Erst danach wird mit einer Entscheidung gerechnet.
Seibert: "Das wollte ich mir ansehen"
Bei der Sitzung war auch Seibert als Zuschauer dabei. In einem Video auf X sagte er auf Hebräisch: "Ich denke, etwas Wichtiges passiert hier für Israels Demokratie. Wir als Freunde Israels schauen mit großem Interesse auf das Oberste Gericht. Das wollte ich mir ansehen."
Das Auswärtige Amt in Berlin verteidigte den deutschen Botschafter gegen die Kritik aus Israel. "Das Verfolgen relevanter politischer, auch innenpolitischer Entwicklungen im Gastland ist eine zentrale Aufgabe von Diplomatinnen und Diplomaten", erklärte eine Ministeriumssprecherin am Montag. Der Besuch einer solchen Veranstaltung sei demnach "gängige Praxis".
Scholz: "Der deutsche Botschafter ist ein sehr engagierter Mann"
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm den deutschen Botschafter gegen Kritik der israelischen Regierung in Schutz. "Der deutsche Botschafter ist ein sehr engagierter Mann mit sehr klaren Prinzipien. Und ich glaube, dass das auch jeder weiß – auch in Israel", sagte Scholz in New York auf eine Journalistenfrage.
Seibert war bereits in der Vergangenheit von israelischer Seite kritisiert worden, nachdem er als Privatmann bei einer alternativen Gedenkveranstaltung israelischer und palästinensischer Familien zugegen gewesen war. Sie gedachten dabei ihrer Angehörigen, die im Konflikt beider Seiten getötet worden waren. Einige ultrarechte Demonstranten hatten daraufhin im Juni mit lautstarkem Protest vor der Residenz des Botschafters in Herzlija eine Veranstaltung gestört, die dort stattfand.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP