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"Markus Lanz": EU-Beitritt der Türkei? "Es gibt geografische Grenzen"


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Der Türkei die Tür öffnen?
Weber: Europa soll aufhören, immer "nett" zu sein


Aktualisiert am 31.05.2023Lesedauer: 3 Min.
Anhänger von Erdoğan in Istanbul: Rund 61 Millionen Menschen waren in der Türkei zur Abstimmung aufgerufen.Vergrößern des Bildes
Anhänger von Erdoğan in Istanbul: Rund 61 Millionen Menschen waren in der Türkei zur Abstimmung aufgerufen. (Quelle: Kemal Aslan/Reuters /dpa)

Sollte die Türkei EU-Mitglied werden? Nein, lautet die Antwort von Europapolitiker Manfred Weber. Ex-VW-Vorstand Herbert Diess ist ganz anderer Meinung.

"Für mich ist die Türkei wirklich ein europäisches Land", erklärte Ex-VW-Vorstand Herbert Diess am Dienstag bei Markus Lanz im Studio. Er sprach sich folglich auch dafür aus, dass ihr ein Beitritt zur Europäischen Union (EU) nicht länger verwehrt werden solle. Denn: Das führe dazu, dass sich die Türkei vom Westen weiter abwende.

Die Gäste

  • Manfred Weber, CSU-Europapolitiker
  • Herbert Diess, Ex-VW-Vorstand
  • Carolina Drüten, "WELT"-Korrespondentin für die Türkei
  • Felix Lee, Autor

Um Einfluss geltend zu machen und europäische Werte zu verteidigen, müsse die europäische Staatengemeinschaft die Türkei ernster nehmen und "ein bisschen umarmen." "Man darf sie nicht einfach dem Orient übergeben", so Diess. Schließlich sei die Türkei strategisch wichtig für Europa und Deutschland.

Wähler der Opposition wollen Wandel

Die Türkei-Korrespondentin der "Welt" Carolina Drüten widersprach Diess in einem Punkt: Mit einer Vollmitgliedschaft in der EU würde die autoritäre Politik von Präsident Recep Tayyip Erdoğan noch belohnt, kritisierte sie. Gleichzeitig sprach sie sich jedoch auch dafür aus, Verhandlungen einer EU-Mitgliedschaft nicht abzubrechen, auch wenn ein Beitritt derzeit nicht realistisch sei.

Der Grund: Schließe die EU nun plötzlich alle Türen für die Türkei, wäre das ein "fatales Signal" an all die Wähler, die den Wandel zu mehr Demokratie wollen und Erdoğan deswegen nicht gewählt haben.

"Es gibt geografische Grenzen"

Zur Erinnerung: Erdoğan hatte am Sonntag die Stichwahl gegen Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu mit 52,2 Prozent für sich entschieden. Internationale Wahlbeobachter kritisierten, er habe dabei "ungerechte Vorteile" gehabt. So habe Erdoğan etwa öffentliche Mittel zu Wahlkampfzwecken genutzt. Öffentlich-rechtliche Sender hätten den Amtsinhaber außerdem deutlich bevorzugt.

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Einen anderen Standpunkt als Diess und Drüten vertrat der CSU-Europapolitiker Manfred Weber. Er sprach sich dafür aus, das Thema EU-Beitritt in den Verhandlungen mit der Türkei erst mal für "zehn, fünfzehn Jahre" ruhen zu lassen. "Es gibt geografische Grenzen", sagte er mit Blick auf die Europäische Union. Diese bei Bewerberstaaten zu berücksichtigen, sei wichtig für den Erhalt der gemeinsamen Identität der EU.

Weber spricht bei Lanz Klartext

Die Diskussion einer Vollmitgliedschaft habe aus seiner Sicht zu einer Entfremdung zwischen Türkei und EU geführt, so Weber. Die Türkei sei zwar ein "extrem wichtiger Partner" in vielen Bereichen, wie beispielsweise Migration oder der Energiefrage. Die ewige Diskussion der Beitrittsfrage führe allerdings dazu, dass bei Themen wie diesen nichts passiere.

Ob er sich denn eine EU-Mitgliedschaft der Türkei überhaupt vorstellen könne, wollte Lanz von Weber wissen. "Definitiv nicht", so die deutliche Antwort des CSU-Mannes. "Auf Dauer nicht."

Nicht immer "der Nette" sein

"Ich wäre da flexibler", erklärte Diess. Je weiter Europa sich öffne, desto mehr gewinne es auch Beitrittskandidaten wie die Türkei für sich, erklärte er.

Weber ließ sich davon nicht überzeugen: Europa sei auch abgesehen von der EU-Frage für die Türkei wichtig, stellte er klar und verwies auf Importe.

Die Macht, die die EU folglich habe, müsse sie auch einsetzen und nicht immer "der Nette" sein, so der Europapolitiker. Etwa dann, wenn es um Verstöße gegen Menschenrechte gehe.

Felix Lee kritisiert "eurozentrische" Sicht

Einen neuen Blickwinkel auf die Debatte lieferte der Autor Felix Lee. Es sei an der Zeit, sich von einer "eurozentrischen" Sicht auf die Türkei zu verabschieden, erklärte er. Bei Weitem sei es nicht mehr so, dass Länder wie die Türkei nur noch hofften, in die EU zu kommen.

Die Welt werde immer multipolarer, so der Wirtschaftsexperte. Für die Türkei bedeute das: Sollte die EU die Tür schließen, hat sie Alternativen.

Verwendete Quellen
  • Markus Lanz vom 30 Mai 2023
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