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Andrj Melnyk verteidigt Nationalisten – Ukraine: "Nicht die Position des Außenministeriums"


Diskussion um Nationalistenführer
Ukraine distanziert sich von Äußerungen Melnyks

Von dpa, t-online, wan

Aktualisiert am 01.07.2022Lesedauer: 2 Min.
Andrij Melnyk bei einem Empfang in Berlin (Archivbild): Der ukrainische Botschafter sorgt mit Äußerungen über einen Nationalisten für Wirbel.Vergrößern des Bildes
Andrij Melnyk bei einem Empfang in Berlin (Archivbild): Der ukrainische Botschafter sorgt mit Äußerungen über einen Nationalisten für Wirbel. (Quelle: Metodi Popow/imago-images-bilder)

Die Ukraine hat Stellung bezogen – gegen den eigenen Botschafter in Deutschland. Dieser hatte den umstrittenen Nationalisten Bandera verteidigt.

Das ukrainische Außenministerium hat sich gegen Äußerungen seines Botschafters in Deutschland gestellt. Andrij Melnyk hatte in einem Interview den umstrittenen ukrainischen Nationalistenführer Stepan Bandera verteidigt. In einer Stellungnahme teilte jetzt das Außenministerium mit: "Die Meinung, die der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk, in einem Interview mit einem deutschen Journalisten geäußert hat, ist seine eigene und spiegelt nicht die Position des Außenministeriums der Ukraine wider."

Melnyk hatte dem deutschen Journalisten Tilo Jung ein Interview gegeben, in dem er bestritt, dass es Beweise für den Massenmord an Juden durch Anhänger des ukrainischen Nationalistenführers Stepan Bandera gibt. "Bandera war kein Massenmörder von Juden und Polen", sagte Melnyk in dem am Donnerstag veröffentlichten Interview. Bandera habe lediglich versucht, den Kampf zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion für eine ukrainische Unabhängigkeit auszunutzen.

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Er verwies unter anderem darauf, dass der von ihm als "Freiheitskämpfer" bezeichnete Stepan Bandera knapp eine Woche nach dem deutschen Einmarsch in die Sowjetunion 1941 von den Deutschen verhaftet und ins KZ Sachsenhausen gebracht worden war. Der 1909 im damals polnischen Galizien geborene Bandera wurde 1959 in München von einem sowjetischen Agenten ermordet. Melnyk zufolge wurde die Figur Banderas gezielt von der Sowjetunion dämonisiert.

In den sozialen Netzwerken gab es dafür zum Teil heftige Kritik. Der Pianist Igor Levit schrieb auf Twitter: "Der ukrainische Botschafter verleugnet einen Teil seiner Geschichte beim Interview mit Tilo Jung. Er spielt den Unwissenden. Was für eine Geschichtsverleugnung. Was für eine Geschichtsverklitterung. Was für eine Heuchelei. Schämen Sie sich."

Organisation brachte Zehntausende Polen um

Hintergrund der Reaktion des ukrainischen Außenministeriums ist, dass Bandera in Polen als Kriegsverbrecher gilt. Er führte die Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN).

Die von OUN-Mitgliedern geführten nationalistischen westukrainische Partisanen führten 1943 in Wolhynien "ethnische Säuberungen" durch. Dabei wurden Zehntausende polnische Zivilisten teils bestialisch ermordet. Eine direkte Beteiligung Banderas bei dem Vorgehen ist aber niemals nachgewiesen worden.

Das Außenministerium bemühte sich nach dem Interview Melnyks entsprechend um Schadensbegrenzung. "Die Ukraine ist Polen für seine beispiellose Unterstützung im Kampf gegen die russische Aggression dankbar. Es gibt keine Streitpunkte, die uns trennen, denn sowohl Kiew als auch Warschau teilen ein umfassendes Verständnis für die Notwendigkeit, angesichts gemeinsamer Herausforderungen die Einheit zu bewahren."

Noch immer als Nationalheld verehrt

In der Ukraine wird besonders seit dem Regierungssturz von 2014 ein Kult um Stepan Bandera und Vertreter der von ihm geführten Organisation Ukrainischer Nationalisten betrieben. Er gilt als maßgeblich verantwortlich für die Ideologie des radikalen Flügels der Organisation. Sein Kampf richtete sich damals vor allem gegen Russland. Hunderte Straßen wurden nach Bandera und anderen OUN-Vertretern benannt. Er gilt bei vielen Ukrainern als Freiheitsheld, ihm wird aber auch -– gerade aus Russland – Kollaboration mit den Nazis vorgeworfen.

Bandera war 1941 nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion ins KZ Sachsenhausen gebracht worden. 1959 wurde er in München von einem sowjetischen Agenten ermordet. Sein Grab wurde 2014 nach dem Einmarsch Russlands in Teile der Ukraine von Unbekannten verwüstet.

Verwendete Quellen
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