Einschätzung eines Experten Deshalb will Putin derzeit nicht verhandeln
"Es läuft" für Russlands Präsidenten Wladimir Putin. So fasst der Militärexperte Carlo Masala die Lage in der Ukraine zusammen. Die russischen Erfolge im Osten des Landes führt er auf zwei Ursachen zurück.
Der russische Präsident Wladimir Putin sieht nach Einschätzung des Politologen und Militärexperten Carlo Masala derzeit keinen Grund zu Verhandlungen mit der Ukraine. Putin werde erst dann ernsthaft zu verhandeln beginnen, wenn er befürchten müsse, durch eine Fortführung des Krieges mehr zu verlieren als zu gewinnen, sagte Masala, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München, der Deutschen Presse-Agentur.
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Genau das aber sei derzeit nicht der Fall. "Es läuft für ihn. Von daher gibt es überhaupt keinen Anreiz, sich in diese Verhandlungen hineinzubegeben."
Zwei Ursachen für Russlands Erfolge
Die jüngsten militärischen Erfolge der russischen Streitkräfte im Donbass in der Ostukraine lassen sich nach Masalas Einschätzung auf zwei Ursachen zurückführen: Erstens fehle es den Ukrainern an schweren Waffen. Zweitens hätten die Russen ihre Strategie erfolgreich geändert.
"Im Gegensatz zum bisherigen Kriegsverlauf gehen sie nicht mehr an breiten Abschnitten der Front vor, sondern ziehen ihre Truppen zusammen, um an kleinen Stücken der Front voranzukommen. Dadurch haben sie derzeit eine personelle Überlegenheit."
So ist die Lage im Donbass
Nach Angaben der Behörden wird die Lage im ostukrainischen Donbass für die Bewohner der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk immer aussichtsloser. "Russland fährt alle Mittel auf, um Sjewjerodonezk zu erobern oder die Kommunikation in der Region und in der Ukraine zu verhindern", erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, am Samstagabend im Messengerdienst Telegram. "Die kommende Woche wird sehr schwer", fügte er hinzu. Die russischen Truppen seien jedoch nicht in der Lage, in naher Zukunft all ihre Pläne umzusetzen.
Auch der Bürgermeister von Sjewjerodonezk, Olexander Stryuk, verwies auf Telegram auf die "vielen Mittel", die die russische Armee einsetze, um die Stadt einzunehmen. "Aber sie können das noch nicht", zeigte er sich überzeugt. "Wir glauben, dass die Stadt standhält." Er äußerte sich besorgt über die sanitäre Lage in der Stadt, die vor dem Krieg 100.000 Einwohner hatte.
Erschwerte Versorgung
"Ständige Bombenangriffe" würden die Versorgung vor allem mit Trinkwasser erschweren. In der Stadt gebe es seit mehr als zwei Wochen keinen Strom, erklärte Stryuk am Samstagabend. Das "humanitäre Hilfszentrum" der Stadt habe seine Arbeit eingestellt.
Gouverneur Gajdaj hatte zuvor erklärt, die russische Armee "zerstört ganz einfach die Stadt". Sie sei in die Außenbezirke der Stadt eingedrungen, wo sie "schwere Verluste" erlitten habe, während die ukrainischen Truppen versuchten, die Russen aus einem Hotel zu vertreiben. Er bezog sich auf einen Polizeivertreter des prorussischen Separatistengebietes Luhansk, der laut der Nachrichtenagentur Ria Nowosti am Freitag gesagt hatte, Sjewjerodonezk sei "derzeit eingekesselt".
Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, erklärte am Samstagabend auf Telegram, dass "Sjewjerodonezk komplett unter unserer Kontrolle" sei. "Die Stadt ist befreit worden", so Kadyrow.
"Manipulation" in Mariupol
In der südukrainischen Hafenstadt Mariupol traf unterdessen erstmals ein Frachtschiff ein, wie die amtliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf einen Sprecher der prorussischen Hafenverwaltung berichtete. Die ukrainische Marine erklärte dazu auf Facebook, es handele sich um "Manipulation", da russische Schiffe unter Missachtung der internationalen Schifffahrtsregeln weiter "die zivile Schifffahrt in den Gewässern des Schwarzen und des Asowschen Meers blockieren".
Russland hatte am Freitag vergangener Woche die vollständige "Befreiung" des wochenlang schwer umkämpften Asow-Stahlwerks in Mariupol verkündet. Zuvor hatten dort die letzten verbliebenen ukrainischen Soldaten kapituliert.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP