Erste konkrete Hinweise Bericht: Russland bereitet Einsatz von Chemiewaffen vor
Die Nato und westliche Regierungen haben zuletzt immer eindringlicher vor dem Einsatz von Chemiewaffen in der Ukraine gewarnt. Jetzt gibt es immer mehr Hinweise auf konkrete Vorbereitungen.
In der Ukraine verdichten sich die Hinweise auf die Vorbereitung von Angriffen mit Chemiewaffen durch die russische Armee. Das berichtet das internationale Recherchenetzwerk "Inform Napalm" unter Berufung auf verschiedene Quellen beim russischen Militär.
Dem Bericht zufolge hat die russische Armeeführung die Stoffe Atropin und Pralidoxim an Spezialeinheiten und Kommandopersonal in der Ukraine verteilt. Diese Stoffe werden als Gegenmittel an Menschen verabreicht, die mit Nervengiften wie Sarin in Kontakt gekommen sind. Eine andere Quelle berichtete dem Netzwerk von der Sichtung eines russischen Militär-Lkw, der Ätznatron in Richtung der belagerten Stadt Mikolaew im Süden der Ukraine transportiert habe. Mit Ätznatron lassen sich Giftstoffe neutralisieren.
Armee soll Chemiewaffenexperten angefragt haben
Mehrere andere Quellen berichteten dem Netzwerk, dass russische Militärs am 20. März einen früheren Mitarbeiter der Chemiewaffenabteilung der Armee in Wolgograd aufgesucht hätten. Sie hätten dem Experten umgerechnet mehr als 1.800 Euro für einen Kriegseinsatz in der Ukraine angeboten und dabei explizit seine "Erfahrungen und Fähigkeiten" aus seiner Zeit bei den Streitkräften für Nuklear-, Chemie- und Biowaffen (NBCP) angefragt, heißt es. Ob der Mann sich rekrutieren ließ, ist nicht bekannt.
Als schlechtes Zeichen deuten die Autoren des Berichts auch öffentliche Äußerungen des Chefs der NBCP-Truppen, Igor Kirillow. Dieser habe vorherige Woche in russischen Staatsmedien davon gesprochen, dass "Krankheitserreger aus einem unter US-Führung stehenden Labor bei Cherson entweichen" könnten. Die Propaganda-Lüge von geheimen US-Laboren in der Ukraine könnte als Vorwand für den Einsatz russischer Chemiewaffen dienen.
Nato will Ukraine gegen Chemiewaffen unterstützen
Westliche Geheimdienste und die US-Regierung warnten zuletzt eindringlich vor dem Einsatz von Chemiewaffen. "Ich denke, das ist eine echte Bedrohung", sagte US-Präsident Joe Biden erst am Mittwoch vor seinem Abflug nach Brüssel, wo er am Donnerstag an Gipfeln von Nato, G7 und EU teilnehmen wird. Bislang haben die USA Verteidigungskreisen zufolge aber keine konkreten Hinweise auf einen unmittelbaren Einsatz von russischen biologischen oder chemischen Waffen in der Ukraine gefunden.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bekräftigte am Mittwoch, dass das Bündnis der Ukraine beim Schutz gegen einen möglichen Angriff mit chemischen oder biologischen Waffen helfen will. Er erwarte, dass der Nato-Sondergipfel am Donnerstag sich darauf einigen werde, zusätzliche Unterstützung zu leisten. Darunter sei Ausrüstung zum Schutz vor chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Bedrohungen sowie Hilfe bei der Cybersicherheit. Details wollte Stoltenberg nicht nennen.
Der Nato-Generalsekretär warnte Russland, dass der Gebrauch chemischer Waffen den Charakter des Kriegs völlig verändern würde und weitreichende Konsequenzen hätte. Man sei besorgt, weil Russland chemische Waffen schon eingesetzt habe. "Wir sind entschlossen, alles zu tun, um die Ukraine zu unterstützen", versicherte Stoltenberg.
- Inform Napalm: Russia prepares to use chemical weapons against Ukraine
- Nachrichtenagentur dpa