U-Boot-Streit Biden und Macron wollen im U-Boot-Streit miteinander reden
Paris/Canberra (dpa) - Im Streit um einen geplatzten U-Boot-Verkauf an Australien will US-Präsident Joe Biden mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron reden. In den kommenden Tagen sei ein Telefongespräch geplant, Biden habe um den Austausch gebeten, hieß es aus dem Élyséepalast in Paris.
Das Datum und die Uhrzeit stünden noch nicht fest. Nach tagelangen schweren Vorwürfen von französischer Seite geht es möglicherweise um ein Entschärfen des Konflikts.
Frankreich sieht das Scheitern seines Milliardenvertrags über U-Boot-Verkäufe an Australien nicht nur als geschäftlichen Rückschlag, sondern auch als Belastung der Nato und Herausforderung der EU. Australien hatte im Zuge eines Dreierpakts mit den USA und Großbritannien den Bau atomgetriebener U-Boote vereinbart und dafür einen 56-Milliarden-Euro-Vertrag von 2016 aufgekündigt. Frankreich beorderte deshalb auf Wunsch von Präsident Macron seine Botschafter aus den USA und Australien zu Beratungen heim.
Schwere Vorwürfe
"Es gab Lügen, es gab Doppelzüngigkeit, es gab einen starken Vertrauensbruch", sagte Außenminister Jean-Yves Le Drian am Samstag im Sender France 2. "In einer richtigen Allianz redet man miteinander und respektiert sich. Das war nicht der Fall." Das belaste auch das neue strategische Konzept der Nato, das beim nächsten Gipfel 2022 in Madrid besprochen werden sollte. Bis auf Australien gehören alle Beteiligten zu der westlichen Allianz.
Man müsse nun auch die Stärke der Allianz mit den USA hinterfragen, sagte Le Drian. Europa müsse seine Interessen nach dem Fall Afghanistans an die Taliban und dem U-Boot-Streit besser schützen. "Wenn die Europäer nicht merken, dass sie sich zusammentun und gemeinsam ihre Interessen verteidigen müssen, wenn sie Teil der Geschichte bleiben wollen, dann wird ihr Schicksal ein ganz anderes sein. Und wir können nicht in diese schädliche Richtung gehen."
Biden, Australiens Regierungschef Scott Morrison und der britische Premierminister Boris Johnson hatten eine neue Allianz gegen sich "rasch entwickelnden Bedrohungen" verkündet, die sich offensichtlich gegen China richtet. Dazu gehört der Schwenk Australiens zur Beschaffung atomgetriebener U-Boote mit Hilfe der beiden Partner. Frankreich hätte dieselelektrisch angetriebene Boote geliefert.
Angst vor Wettrüsten
Großbritannien verteidigte den neuen Dreierbund. "Freiheiten müssen verteidigt werden, daher bauen wir starke Sicherheitsbeziehungen in aller Welt auf", sagte die neue Außenministerin Liz Truss im "Telegraph". Neben Atom-U-Booten wolle man mit Australien und den USA auch den militärischen Einsatz künstlicher Intelligenz ausbauen. Zuvor hatte die US-Regierung deutlich gemacht, dass sie die Spannungen mit Frankreich beilegen möchte.
Malaysia warnte am Samstag, der Rüstungspakt könne ein atomares Wettrüsten im Indopazifik auslösen. Ministerpräsident Datuk Seri Ismail Sabri Yaakob habe in einem Telefonat mit Morrison zudem auf die Vereinbarung einer atomwaffenfreien Zone in Südostasien hingewiesen, berichtete die malaysische Nachrichtenagentur Bernama.
Die Furcht vor einem Wettrüsten mit Atomwaffen ergibt sich aus dem Umstand, dass die Kerntechnik-Infrastruktur für U-Boote nicht unter die Kontrollen der Internationalen Atomenergieagentur IAEO fallen. Dies könnte ausgenutzt werden, um heimlich Material für Atombomben abzuzweigen. In 50 Jahren sei dieses Schlupfloch noch nie ausgenutzt worden, sagte James Acton vom Friedensforschungsinstitut Carnegie Endowment for International Peace dem Fachmagazin "Breaking Defence". Andere Staaten könnten dem Beispiel Australiens folgen und dabei nicht so zurückhaltend sein, zum Beispiel der Iran.
Experten erwarten, dass Australien für den Bau der U-Boote 10 bis 20 Jahre brauchen wird, weil das Land über keine Atomtechnik-Infrastruktur und Atomexperten verfügt. Australien könnte auf Technik der Jagd-U-Boote der amerikanischen Virginia-Klasse und der britischen Astute-Klasse bauen.