"Erschreckende Hilflosigkeit" FDP-Chef Lindner fordert Afghanistan-Untersuchung
Nach dem Debakel um die Rückholung von Ortskräften und Evakuierung Deutscher aus Afghanistan fordert die FDP jetzt einen Untersuchungsausschuss. Darin soll auch der BND und seine "Fehleinschätzung" eine Rolle spielen.
FDP-Chef Christian Lindner hat einen Afghanistan-Untersuchungsausschuss gefordert. Dort müsse in der nächsten Legislaturperiode alles auf den Tisch kommen, "was nicht funktioniert hat", sagte Lindner der "Bild am Sonntag". "Auch, welche systematischen Schwächen wir bei diesen Einsätzen haben. Das muss aufgeklärt und neu konzipiert werden." Auch die "Fehleinschätzung" des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur Lage in Afghanistan müsse Konsequenzen haben, sagte Lindner. "Er muss gegebenenfalls neu aufgestellt werden."
Die Bundesregierung hatte bereits eingestanden, dass sie vom Tempo der Machtübernahme durch die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan überrascht worden war. Am Donnerstag hatten sich vor diesem Hintergrund bereits Politiker von Grünen, FDP und Linken die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Bundestag nach der Wahl am 26. September vorbehalten.
Die Opposition wirft der Regierung vor, die Ausreise der afghanischen Helfer von Bundeswehr und Bundesregierung verschleppt zu haben. Eine Evakuierungsmission der Bundeswehr war Anfang der Woche angelaufen. Im Zuge des Abzugs der internationalen Truppen hatte die Bundeswehr zuvor Ende Juni ihren fast 20 Jahre dauernden Afghanistan-Einsatz beendet.
Lindner sagte auf eine Frage nach der Verantwortung von Außenminister Maas (SPD) und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU): "Die Vorgänge dokumentierten eine erschreckende Hilflosigkeit. Die Bundestagswahl ist deshalb auch eine Abstimmung darüber, ob Herr Maas und Frau Kramp-Karrenbauer ihre Arbeit fortsetzen sollten." Als Konsequenz aus dem Scheitern in Afghanistan verlangte Lindner eine Überprüfung aller deutschen Militäreinsätze im Ausland: "Alle Auslandseinsätze der Bundeswehr müssen gründlich evaluiert werden. Sind unsere Ziele realistisch? Gibt es eine Abzugsperspektive? Generell bin ich der Meinung, dass der Aufbau eines Staates durch Militärintervention von außen nicht realistisch ist, wenn es von innen nicht eine breite Unterstützung dafür gibt."
- Nachrichtenagentur dpa