Deutsche Ratspräsidentschaft Maas: Migration bleibt "Spaltpilz" in der EU
Berlin (dpa) - Bundesaußenminister Heiko Maas hat sich enttäuscht gezeigt, dass während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft kein Durchbruch beim Streitthema Migration erzielt werden konnte.
"Ich hätte mir gewünscht, auch da weiterzukommen, aber das ist aufgrund der Blockade einzelner Länder nicht möglich gewesen", sagte Maas in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Das bleibt einer der großen Spaltpilze in der Europäischen Union."
Insgesamt zog Maas aber eine positive Bilanz des deutschen EU-Vorsitzes im vergangenen halben Jahr, der am 31. Dezember endet. "Ich glaube, wir haben in unserer Ratspräsidentschaft das geliefert, was auch von uns erwartet worden ist", sagte er. Der SPD-Politiker verwies auf die in letzter Minute erreichte Einigung auf den Brexit-Handelspakt mit Großbritannien, den beschlossenen EU-Haushalt und die Corona-Hilfen sowie die begonnene Diskussion über mehr europäische Souveränität.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wollte eigentlich auch eine politische Einigung der EU-Staaten auf Eckpunkte einer Asylreform noch vor Jahresende erzielen. Die EU-Kommission machte aber erst im September einen Reform-Vorschlag - wegen langer Vorgespräche mit den EU-Staaten und der Corona-Krise viel später als gedacht. Ein Durchbruch gelang dann in der verbleibenden Zeit nicht mehr. Die strittige Frage der Verteilung schutzsuchender Migranten in Europa bleibt ungelöst. Einige EU-Staaten beharren darauf, andere wollen stattdessen einen "flexiblen Mechanismus".
Zum Jahreswechsel endet auch die zweijährige Mitgliedschaft Deutschlands im UN-Sicherheitsrat. Maas sagte, die Zeit sei "schwierig und teilweise auch ernüchternd" gewesen. Die Zusammenarbeit zwischen den USA, China und Russland habe nicht funktioniert. Dabei werde das mächtigste UN-Gremium gerade heute dringend gebraucht. "So, wie der Sicherheitsrat in den beiden Jahren agiert hat, ist er allenfalls noch bedingt handlungsfähig", kritisierte Maas und mahnte dringend Reformen an.
Dem wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen, das für Konfliktlösung und Friedenssicherung zuständig ist, gehören fünf Länder ständig an: die USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich. Einige der anderen 188 Mitgliedstaaten wechseln sich auf den anderen zehn Sitzen alle zwei Jahre ab. Deutschland bewirbt sich alle acht Jahre für einen Sitz. Die vergangenen zwei Jahre waren von gegenseitigen Blockaden der USA, Chinas und Russlands in zentralen Fragen geprägt.
Die Bundesregierung sieht sich darin in ihrer Forderung nach einer grundlegenden Reform bestärkt, bei der Deutschland zusammen mit anderen Ländern einen ständigen Sitz erhalten würde. Über eine solche Reform wird allerdings schon seit Jahrzehnten diskutiert, ohne dass es echte Fortschritte gegeben hätte.
Maas setzt darauf, dass sich nach dem Machtwechsel im Weißen Haus von Donald Trump zu Joe Biden etwas tun könnte. "Damit könnte eine neue Grundlage dafür entstehen, die Reform des Sicherheitsrates oder die Reform der Vereinten Nationen insgesamt wieder ernsthaft und zielgerichtet zu diskutieren", sagte er. "Es liegt aber auch nicht nur an den Vereinigten Staaten. Bisher haben Russland und China alles blockiert, was von Generalsekretär Guterres vorgelegt worden ist." Er hoffe dennoch, dass in sechs Jahren, wenn sich Deutschland erneut für das Gremium bewirbt, "ein Teil der Reformprozesse nicht nur abgesegnet sein wird, sondern auch schon umgesetzt ist".