Betrugsvorwürfe Venezuela: Opposition könnte letzte Bastion verlieren
Caracas (dpa) - Mitten in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise haben die Venezolaner am Sonntag ein neues Parlament gewählt.
"Der Tag ist gekommen, um für das Vaterland, den Frieden und die Zukunft zu stimmen", erklärte Präsident Nicolás Maduro zum Auftakt der Wahl. Große Teile der Opposition boykottierten die Abstimmung, weil sie mit Betrug rechneten. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte bereits im Vorfeld erklärt, die Voraussetzungen für eine freie und faire Wahl sei nicht gegeben.
Beobachter gingen deshalb von einem Sieg der sozialistischen Regierungspartei PSUV aus. Damit würde die Opposition in dem 29-Millionen-Einwohner-Land an der Nordküste Südamerikas die letzte von ihr kontrollierte wichtige staatliche Institution verlieren. Ohne Mehrheit in der Nationalversammlung dürfte auch die Legitimität des selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó infrage gestellt werden.
"Die Wahl ist ein Betrug der von Nicolás Maduro angeführten Diktatur und wird die Krise im Land nur verschärfen", schrieb der Außenminister von Guaidós Gegenregierung, Julio Borges, am Sonntag in einem offenen Brief an die internationale Gemeinschaft. "Was Venezuela braucht, sind freie Präsidenten- und Parlamentswahlen."
Guaidó forderten seine Anhänger dazu auf, zu Hause zu bleiben und die Wahl zu boykottieren. "Die Diktatur will keine Wahl durchführen, sondern die Hoffnung des Landes zunichte machen", sagte er. Einige wenige Oppositionelle hingegen riefen zur Wahl auf. "Ob Maduro gehen muss, oder ob er seine Strategie fortsetzen und sich das Land zu Beute machen kann, hängt von uns ab", schrieb der ehemalige Präsidentschaftskandidat Henri Falcón auf Twitter. "Lasst uns alle aufstehen und wählen."
Insgesamt waren knapp 21 Millionen Venezolaner aufgerufen, die neue Nationalversammlung für eine fünfjährige Legislaturperiode zu wählen. Das Parlament besteht aus 277 Abgeordneten. Mit ersten Ergebnissen wird am Montagmorgen (MEZ) gerechnet.
Venezuela steckt in einer tiefen Krise. Guaidó hatte sich Anfang 2019 selbst zum Interimspräsidenten erklärt und war von zahlreichen Ländern - darunter Deutschland und die USA - als legitimer Staatschef anerkannt worden. Allerdings gelang es ihm bislang nicht, sich gegen Maduro durchzusetzen. Der autoritär regierende Staatschef wird in dem Machtkampf vom mächtigen Militär gestützt. Die Vereinten Nationen werfen den Sicherheitskräften schwere Menschenrechtsverletzungen vor.