Zoff unter Populisten Italiens Regierungschef Conte droht mit Rücktritt
In Italiens populistischer Regierung knirscht es nicht erst seit der Europawahl gewaltig. Jetzt wird es dem parteilosen Premier Conte zu bunt: Wird der Streit nicht beigelegt, will er gehen.
Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte hat wegen des anhaltenden Streits der Koalitionsparteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung am Montag mit Rücktritt gedroht und damit Zusagen der Regierungspartner erzwungen. "Ich fordere beide politischen Kräfte dazu auf, eine Entscheidung zu fällen und mir zu sagen, ob sie die Absicht haben, die Pflichten der Regierung weiter zu erfüllen", sagte Conte vor Journalisten. Falls nicht, "werde ich einfach mein Mandat niederlegen".
Kurz darauf bekannten sich die rechte Lega und die populistische Fünf-Sterne-Bewegung zu einer Fortsetzung des Regierungsbündnisses. Innenminister Matteo Salvini schrieb auf Facebook: "Wir sind bereit, wir wollen weitermachen und wir haben keine Zeit zu verlieren, die Lega ist dabei." Allerdings listete er eine Reihe von Forderungen auf, darunter mehr Befugnisse für Regionen im Norden, die den Sternen nicht schmecken dürften.
Sterne-Chef Luigi Di Maio erklärte, die Bewegung habe die Regierung immer unterstützt. "Wir sind treu, wir wollen uns sofort an die Arbeit machen und wir glauben, dass Fakten in diesem Moment die beste Antwort sind." Er forderte ein Spitzentreffen der Regierung - und ein Ende der Attacken gegen Minister der Sterne.
Mehrheitsverältnisse auf den Kopf gestellt
Bei der Europawahl war die rechtspopulistische Lega von Innenminister Salvini, eigentlich Junior-Partner in der Regierung, zur stärksten politischen Kraft in Italien geworden. Die Fünf-Sterne-Bewegung von Wirtschaftsminister Luigi Di Maio hingegen stürzte von mehr als 32 Prozent bei der Parlamentswahl auf 17 Prozent ab. Salvini forderte deshalb einen größeren Einfluss auf die Regierungspolitik und kündigte an, er wolle künftig die Prioritäten setzen.
Di Maio wies Salvinis Forderung zurück. Für ihn habe sich durch die neuen Machtverhältnisse nichts geändert.
Zahlreiche Streitthemen in der Regierung
In Italiens populistischer Regierung gibt es teils grundverschiedene Positionen und einige Konfliktpunkte. Dazu gehört etwa der seit Langem beschlossene Bau einer Hochgeschwindigkeitseisenbahntrasse zwischen dem norditalienischen Turin und der französischen Stadt Lyon.
Zudem sorgte die Entlassung eines Lega-Staatssekretärs wegen Korruptionsvorwürfen für Spannungen. Auch bei den Themen Einwanderung und Migration gibt es unterschiedliche Auffassungen.
Regierungschef Conte, der keiner der beiden Parteien angehört, verwies am Montag darauf, dass die Regierung vor schwierigen Entscheidungen über den Haushalt 2020 stehe und dass das Land auf das Vertrauen der Finanzmärkte angewiesen sei.
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Dem hoch verschuldeten Italien droht ein Defizitverfahren der EU, da es die Schuldengrenzen gebrochen hat. Am Mittwoch wollte die EU-Kommission entscheiden, ob sie ein Strafverfahren gegen Italien eröffnet. Conte erklärte, Italien sollte die Schuldenregeln der Europäischen Union einhalten. Lega-Chef Matteo Salvini verspricht dagegen drastische Steuersenkungen und hat Forderungen der EU nach Haushaltsdisziplin in den Wind geschlagen.
- Nachrichtenagenturen AFP, Reuters