"Die Ehre meines Lebens" Unter Tränen: Premierministerin May verkündet Rücktritt
Theresa May gibt auf: In einer emotionalen Ansprache hat die britische Premierministerin ihren Rücktritt als Tory-Chefin verkündet. Damit sind auch ihre Tage in 10 Downing Street gezählt.
Die britische Premierministerin Theresa May wird ihr Amt als Parteichefin am 7. Juni abgeben. Das teilte die konservative Politikerin in einer öffentlichen Stellungnahme zum Schluss mit stockender Stimme und den Tränen nahe mit. "Es ist und wird immer eine Angelegenheit von tiefem Bedauern für mich sein, dass es mir nicht gelungen ist, den Brexit zu vollziehen", sagte May. Es sei die Ehre ihres Lebens gewesen, als zweite weibliche Premierministerin dem Land zu dienen, das sie liebe.
Ihre Tage als Premierministerin sind damit gezählt. Sie kündigte aber an, die Amtsgeschäfte noch weiterzuführen, bis ein Nachfolger gewählt ist.
Mays Position galt schon lange als wackelig. Sie stand von mehreren Seiten massiv unter Druck – nicht zuletzt von EU-freundlichen Abgeordneten und Brexit-Hardlinern in ihrer eigenen konservativen Partei. Auch das Land blieb während der beinahe drei Jahre seit dem Brexit-Referendum tief gespalten in Befürworter und Gegner des EU-Austritts.
Immer wieder war May schon abgeschrieben worden. Sie hielt sich aber erstaunlich hartnäckig im Amt, möglicherweise auch, weil es schier unmöglich schien, ihre Aufgabe zu vollbringen. Mehrmals schien sich ihre Position zu festigen. Doch jedes Mal folgten wieder Rückschläge.
Mit ihrem Brexit-Kurs musste sie eine Niederlage nach der nächsten einstecken. Mitte Januar schmetterten die Abgeordneten das Abkommen, das sie mit der Europäischen Union ausgehandelt hatte, mit 432 zu 202 Stimmen ab, zwei Monate später fiel das Vertragspaket mit 391 zu 242 Stimmen erneut durch. Ende März kassierte sie das dritte Nein: Der Vertrag wurde mit 344 zu 286 Stimmen wieder abgelehnt.
Mays Autorität nahm Schaden
Zwei Mal musste sich die Premierministerin auch einem Misstrauensantrag stellen: einmal in ihrer Fraktion und einmal im Parlament. Beide Abstimmungen überstand sie zwar, aber ihre Autorität nahm deutlich Schaden.
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In einem letzten verzweifelten Versuch, eine Mehrheit für ihr Abkommen zu erreichen, bot sie sogar eine Parlamentsabstimmung über ein Referendum zu ihrem Brexit-Deal an und machte Zugeständnisse an die oppositionelle Labour-Partei. Damit brachte sie für ihre innerparteilichen Gegner das Fass zum Überlaufen.
Boris Johnson als Nachfolger?
Das Feld der potenziellen Nachfolger ist groß. Die besten Chancen werden Ex-Außenminister Boris Johnson eingeräumt. Ihm trauen viele zu, enttäuschte Brexit-Wähler wieder einzufangen. Ein Brexit-Hardliner wie Johnson dürfte es allerdings zusätzlich schwer machen, rechtzeitig eine Einigung mit der EU über den Austritt zu finden. May hatte einen Aufschub des Austritts bis spätestens 31. Oktober herausgeschlagen. Ob diese Frist nun eingehalten werden kann oder gar ein chaotischer Austritt droht, ist ungewiss.
Zudem ist unklar, ob Johnson mit den bisherigen Mehrheitsverhältnissen im Parlament überhaupt regierungsfähig wäre. May führte seit der vorgezogenen Parlamentswahl im Juni 2017 eine Minderheitsregierung, die von der nordirisch-protestantischen DUP gestützt wurde. Doch auch damit reichte es nur knapp.
Weitere Kandidaten im Rennen
Ebenfalls ihren Hut in den Ring werfen dürften Berichten zufolge Ex-Brexit-Minister Dominic Raab, Außenminister Jeremy Hunt, Innenminister Sajid Javid und Entwicklungshilfeminister Rory Stewart. Umweltminister Michael Gove hat es schon lange auf das Amt des Regierungschefs abgesehen. Auch die am Mittwoch von ihrem Posten als Ministerin für Parlamentsfragen zurückgetretene Andrea Leadsom und Verteidigungsministerin Penny Mordaunt gelten als potenzielle Nachfolgerinnen für May.
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Etliche Minister schieden im Streit um ihren Kurs vorzeitig aus ihrem Kabinett aus, darunter Brexit-Minister David Davis und sein Nachfolger Dominic Raab sowie Außenminister Boris Johnson. Enge Verbündete wie Vizeregierungschef Damian Green und Verteidigungsminister Michael Fallon mussten wegen Belästigungsvorwürfen den Hut nehmen. Verteidigungsminister Gavin Williamson schasste sie, weil der angeblich vertrauliche Informationen aus einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats an die Presse gegeben hatte. Nun ist es für sie Zeit zu gehen.
- Nachrichtenagentur dpa