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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Suche nach Brexit-Kompromiss Erbitterter Streit um eine unverbindliche Erklärung
Wieder eine entscheidende Brexit-Woche: Theresa May muss sich mit der Opposition einigen, damit die Briten vor der Europawahl aus der EU rauskommen. Doch worüber verhandeln beide Parteien eigentlich?
"Die Union und das Vereinigte Königreich sind sich darin einig, dass Wohlstand und Sicherheit durch freien und fairen Handel, durch die Verteidigung der Persönlichkeitsrechte und der Rechtsstaatlichkeit, durch den Schutz der Arbeitnehmer, der Verbraucher und der Umwelt sowie durch Zusammenhalt gegenüber internen und externen Bedrohungen der Rechte und Werte verstärkt werden."
Das steht auf der ersten Seite der politischen Erklärung zum Brexit. Diese Erklärung ist neben dem eigentlichen Austrittsabkommen der zweite Bestandteil der Brexit-Vereinbarung zwischen der EU und Großbritannien. Die politische Erklärung soll die zukünftigen Beziehungen zwischen beiden Partnern regeln – nach erfolgtem Brexit.
Während die EU unmissverständlich klargestellt hat, dass am eigentlichen Austrittsabkommen nichts mehr geändert wird, gibt es bei der politischen Erklärung Spielraum. Die Erklärung ist im Gegensatz zum Austrittsabkommen völkerrechtlich nicht bindend.
Auf genau diesen Spielraum setzt Theresa May bei ihrer Suche nach einem Kompromiss mit Labour. Seit dem 3. April verhandeln beide Seiten. Ergebnisse gab es bisher keine, aber viele Beobachter werten es bereits als Erfolg, dass die Gespräche noch nicht abgebrochen wurden.
EU erwartet in dieser Woche Ergebnisse
Ewig Zeit bleibt jedoch nicht mehr. Wollen die Briten noch vor der Europawahl raus aus der EU, muss das Austrittsabkommen bis spätestens 22. Mai unterzeichnet sein. Gelingt das nicht, muss Großbritannien an der Europawahl vom 23. bis zum 26. Mai teilnehmen. Die Briten hätten nach der letzten Verlängerung dann noch Zeit bis zum 31. Oktober, um einen Weg aus der Europäischen Union zu finden.
Die EU hält den Druck hoch: "Die nächste Woche wird sehr wichtig. Wir werden die Ergebnisse der Verhandlungen zwischen der Labour Party und der Regierung von Theresa May erhalten", sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Sonntag dem TV-Sender LCI.
"Ernsthafte, aber schwierige" Beratungen
Noch ist keine Einigung in Sicht. Während May einen Rückzug aus der Zollunion und aus dem europäischen Binnenmarkt anstrebt, damit Großbritannien seine Handelsbeziehungen und seine Einwanderungspolitik selbst in die Hand nehmen kann, will die Labour-Partei enger an die EU gebunden bleiben – bevorzugt durch ein Verbleiben in der Zollunion mit der EU.
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Ein Regierungssprecher sprach von "ernsthaften, aber schwierigen" Beratungen. Ziel sei es, das Austrittsgesetz so rasch wie möglich ins Parlament einzubringen. Allerdings müsse es realistische Aussichten geben, dass der Deal dort auch auf eine breite Unterstützung stoße.
Labour-Chef Jeremy Corbyn warf May vor, nicht von ihren "roten Linien" abzuweichen. "Die Herangehensweise der Regierung muss sich ändern", sagte der Oppositionsführer. Die Regierung könne nicht weiter auf ihren Vorschlägen beharren, die bereits drei Mal im Parlament abgelehnt worden seien.
Nur eine Luftnummer?
Nur bei Zugeständnissen der Regierung könnte Labour oder zumindest ein Teil der Labour-Abgeordneten bei einer vierten Abstimmung Mays Austrittsabkommen zustimmen. Das große Problem für May: Die Brexit-Hardliner in ihrer eigenen Partei werden jedes Zugeständnis an Labour als Verrat am Brexit ansehen und auf die Barrikaden gehen. Das große Problem für Labour: Die politische Erklärung ist nicht bindend – sie ist eine Erklärung, kein Abkommen. Was immer in ihr formuliert wird, muss nach vollzogenem Brexit mit der EU ausgehandelt werden.
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Wenn es dazu überhaupt kommt. Bei Labour gibt es – berechtigte – Befürchtungen, dass sich die politische Erklärung am Ende als Luftnummer herausstellt. May hat mehrfach angekündigt, dass sie zurücktreten werde, wenn der Brexit besiegelt ist. Die politische Erklärung würde also von ihrer Nachfolgerin oder ihrem Nachfolger umgesetzt werden.
Mays Nachfolge als Unsicherheitsfaktor
Und daher rührt das große Misstrauen von Labour gegenüber den Torys: Es ist nicht auszuschließen, dass ein Nachfolger – vor allem wenn dieser Boris Johnson heißt – sich nicht an die mit Labour ausgehandelte Erklärung hält und sie kurzerhand für nichtig erklärt.
Dann könnte Labour in eine fatale Situation geraten. Die Partei wäre mitverantwortlich für den Brexit, hätte aber keinen Einfluss mehr darauf, wie sich das weitere Verhältnis zur EU entwickelt – politische Erklärung hin oder her.
- Amtsblatt der Europäischen Union: Politische Erklärung zur Festlegung des Rahmens für die künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters