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Russland und die Krim: Die Gelegenheit für Moskau ist günstig


Russland und die Krim
Die Gelegenheit für Moskau ist günstig

t-online, Alexander Reichwein

Aktualisiert am 18.03.2014Lesedauer: 10 Min.
Der russische Präsident Wladimir Putin lässt keinen Zweifel aufkommen: Sind russische Bürger in Gefahr, intervenieren russische Truppen auf der Krim.Vergrößern des Bildes
Der russische Präsident Wladimir Putin lässt keinen Zweifel aufkommen: Sind russische Bürger in Gefahr, intervenieren russische Truppen auf der Krim. (Quelle: dpa-bilder)
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Von Alexander Reichwein.

Russland und die Ukraine streiten um die Krim – und man hätte es wissen können. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler John Mearsheimer von der Universität Chicago hat einen russisch-ukrainischen Konflikt vorhergesagt - und das schon vor mehr als 20 Jahren.

In seinem realistischen Verständnis internationaler Politik ist das, was Russland jetzt tut, logisch und einfach zu erklären. Und nur darum geht es Realisten wie Mearsheimer: um nüchterne Analyse und rationale Erklärungen - und darum, vor einer unklugen Außenpolitik zu warnen und die richtige zu skizzieren. Das muss politisch nicht immer wünschenswert und moralisch (im westlichen Verständnis) sein. Und auch die völkerrechtlichen Fragen bleiben dabei außen vor.

Aus Mearsheimers Perspektive kann argumentier werden: Beim Konflikt um die Krim geht es um die nationalen Interessen Russlands, um Sicherheit und um die regionale Vorherrschaft. Und es geht um Fehler des Westens im Umgang mit beiden Staaten in der Vergangenheit, die sich in der Zukunft nicht wiederholen sollten, will man eine stabile Ordnung jenseits der EU-Grenzen in Osteuropa etablieren - bei der sich über Fragen von Moral, Recht und Gerechtigkeit trefflich streiten lässt.

Sicherheit der russischen Bevölkerung

Was ist passiert: Nachdem es in Kiew zu einem Umsturz gekommen ist und Ex-Präsident Viktor Janukowitsch das Zepter aus der Hand geben musste, sei die Sicherheit der russischen Bevölkerung in der Ukraine nicht mehr gewährleistet. Das ist die Haltung in Moskau, dem überdies ein Verbündeter abhanden gekommen ist. Mit der Entmachtung Janukowitschs ist ein Machtvakuum und eine gewisse Unordnung in der Ukraine entstanden. Daran ändern auch die Regierungsübernahme von Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk und geplante Neuwahlen nichts.

Moskau argumentiert, die zuständigen staatlichen Stellen würden für die Sicherheit der russischen Minderheiten auf der Krim und in der Ost-Ukraine nicht mehr sorgen können oder nicht mehr sorgen wollen. Russland, daran lässt Präsident Wladimir Putin keinen Zweifel, ist deswegen bereit, Russen im benachbarten Ausland zu Hilfe zu eilen, wenn nötig auch militärisch: aus "Verantwortung für das Leben seiner Landsleute“, wie es offiziell heißt.

Im Westen hat ein solches Verantwortungs-Argument im Übrigen schon in Fällen, in denen die intervenierenden Staaten gar keine eigenen Landsleute schützen mussten sondern Fremde glaubten schützen zu müssen, als legitim genug gegolten um damit eine völkerrechtswidrige Intervention ohne Mandat des UN-Sicherheitsrat als moralisch gerechtfertigt zu erklären.

Russische Krim-Intervention: Die Gelegenheit ist günstig

Aber natürlich geht es Moskau um mehr als nur die Sicherheit der russischen Bevölkerung. Es geht um die regionale Vormachtstellung und Kontrolle eines strategischen Knotenpunktes in einer rohstoffreichen Krisenregion.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 mussten die Verhältnisse zunächst neu geklärt werden. Im Zusammenhang mit dem Referendum über die Unabhängigkeit der Ukraine 1992 erhielt die Krim den Status einer „Autonomen Republik“ innerhalb des ukrainischen Staatsgebietes. Das wusste Moskau damals unter Präsident Boris Jelzin nicht zu verhindern. Dafür wurde ein Jahr später Sewastopol vom russischen Parlament zur russischen Stadt erklärt. Seit 1997 regelt ein Pachtvertrag die Besitzverhältnisse zwischen Moskau und Kiew. Beide Schwarzmeer-Flotten liegen - noch - einträglich nebeneinander. Janukowitsch hatte diesen Pachtvertrag bis 2042 verlängert.

Am 11. März hat das Krim-Parlament dann die Unabhängigkeit der Republik erklärt. Und die mehrheitlich russische Bevölkerung (58 Prozent) hat nun in einem Referendum für den Anschluss der Republik an Russland abgestimmt. Russland wird der Aufnahme der Krim zustimmen. Moskaus Staatsführung beruft sich dabei auf das Selbstbestimmungsrecht der Krim-Bewohner.

Die militärischen Kräfteverhältnisse sind geklärt

Die Gelegenheit für Moskau, ein altes Problem ein für allemal im eigenen Sinne zu lösen, ist nüchtern betrachtet noch sie so günstig gewesen wie jetzt. Erstens ist die Ukraine durch Macht- und Richtungskämpfe in Kiew geschwächt und die Separatisten gestärkt. Abspaltungstendenzen lassen sich auch im Osten des Landes in den Industrie-Metropolen Charkow und Donezk ausmachen.

Zweitens sind die militärischen Kräfteverhältnisse klar: Die Ukraine verfügt über 130.000 Mann unter Waffen. Die russische Truppenstärke liegt bei 845.000 Soldaten. Die Ukraine wirft Russland vor, nicht nur auf der Krim, sondern auch an der gemeinsamen Ostgrenze Truppen aufmarschieren zu lassen. Dort seien mehr als 80.000 Soldaten, bis zu 270 Panzer und 140 Kampfflugzeuge zusammengezogen worden, beklagt der Chef des ukrainischen Nationalen Sicherheitsrats, Andrej Parubij

Drittens: Die Ukraine ist keine Atommacht mehr. Sie hat 1994 das weltweit drittgrößte Arsenal an Atomwaffen freiwillig aufgegeben und im Gegenzug dafür Garantien erhalten, dass Russland die Unabhängigkeit und territoriale Integrität des südwestlichen Nachbarn respektiert. Angesichts der russischen Besetzung der Krim und des damit verbundenen Wortbruchs, das machte Ministerpräsident Jazeniuk im Vorfeld des Krim-Referendums klar, werde es in Zukunft für alle Atommächte schwierig werden, ein Land davon zu überzeugen, dass es keine Atomwaffen benötigt. Der unkontrollierten Weiterverbreitung von Nuklearwaffen sind so also Tür und Tor geöffnet. Dies könnte die Arbeit der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEO) in Wien erschweren und ganze Abrüstungsverträge nichtig machen.

Szenario bereits vor mehr als 20 Jahren vorhergesagt

Das ganze Szenario liest sich wie ein Paradebeispiel für eine militärisch untermauerte Machtpolitik von Staaten, die sich als Konkurrenten ansehen. Der Experte für internationale Sicherheitspolitik, John Mearsheimer, hat bereits vor mehr als zwanzig Jahren in zwei Aufsätzen (“Back to the Future: Instability in Europe after the Cold War“ 1991 und „The Case for a Ukrainian Nuclear Deterrent“ 1993) einen russisch-ukrainischen Konflikt vorhergesagt. Dahinter steht ein ganz bestimmtes Verständnis internationaler Politik.

Mearsheimer vertritt den sogenannten realistischen Denkansatz in der Lehre der Internationalen Beziehungen. Dem liegen einige konkrete Annahmen zugrunde. Erstens unterstellt Mearsheimer allen Staaten ein unüberwindbares Streben nach Sicherheit und Macht in Form regionaler Hegemonie. Diese Grundannahme begründet er historisch und geht dabei bis auf die Kriege zwischen Athen und Sparta zurück.

Zweitens: Da es keine übergeordnete Instanz gäbe (auch nicht die UNO), welche die Staaten zu einem friedlichen und völkerrechtskonformen Verhalten zwingen und aggressives Verhalten sanktionieren könnte, müssten die Staaten jeweils für ihre eigene Sicherheit sorgen. Dazu griffen sie auf rationale Strategien der Selbsthilfe zurück.

Staaten versuchen laut Mearsheimer zum einen stets, ihre militärischen und ökonomischen Machtmittel zu mehren. Zu diesen zählen Nuklearwaffen oder eine starke konventionelle Armee, Landmasse und Bevölkerungszahl sowie die Kontrolle strategisch wichtiger Punkte in der unmittelbaren Umgebung. Zum anderen versuchten Staaten wenn möglich, sich territorial auszudehnen und die Kontrolle über Bodenschätze und andere wirtschaftliche Ressourcen zu haben.

Drittens: Je mehr Macht ein Staat hat und je größer er ist, so die manchmal sehr einfache realistische Formel, desto sicherer kann er sich im durch Krisen und Konflikte geprägten internationalen System fühlen. Mehr Macht bedeutet in dieser Logik also auch mehr Sicherheit.

Viertens: Der Kalte Krieg war für Mearsheimer vergleichsweise stabil. Zwei Machtblöcke, die militärisch in etwa gleich stark waren und ihren jeweiligen Einflussbereich kontrollierten, hielten sich im Wissen um die nukleare Zweitschlags-Kapazität des Gegners wechselseitig in Schach, ohne dabei eine direkte militärische Konfrontation zu riskieren. Die nukleare Abschreckung funktionierte trotz unüberwindbarer ideologischer Differenzen, weil alle das Spiel mit dem Feuer mieden.

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Nach dem Ende des Kalten Krieges hatte Mearsheimer - wie sich heute herausstellt prophetisch - vor den Folgen einer neuen Konstellation in Europa gewarnt: Seit dem Rückzug der USA und dem Zerfall der Sowjetunion konkurrieren laut Mearsheimer mehrere mächtiger gewordene Staaten um die regionale Vormachtstellung: Deutschland, Großbritannien und Frankreich im Westen, Russland und die Ukraine im Osten. Diese neue multipolare Ordnung birgt insbesondere in Südosteuropa Konflikte.

Hinzu komme, so Mearsheimer damals, ein neuer Hypernationalismus in vielen ehemaligen Republiken der Sowjetunion und Jugoslawiens, der sich entladen würde. Diese neue alte instabile Struktur in Europa verglich der Politikwissenschaftler mit der Konstellation vor den Kriegsausbrüchen 1914 und 1939. Die im Sommer 1991 ausgebrochenen Balkankriege sollten ihn und seine Befürchtungen sehr schnell bestätigen.

Den Trumpf, über Atomwaffen zu verfügen und ein Mächtegleichgewicht zwischen sich und Russland herzustellen, dürfe die Ukraine deswegen nie aus der Hand gegeben, forderte Mearsheimer damals. Freilich sollte die Ukraine ihre Waffen unter Kontrolle der IAEO stellen und sich verpflichten, diese nicht weiterzugeben. Aber genau das ist anschließend geschehen. Und darin sah Mearsheimer jenen großen Fehler, der auch vom Westen mit zu verantworten sei. Dieser habe die Ukraine zur Abgabe der Atomwaffen gedrängt und sich auf Seiten Russlands (denen man einen Verzicht auf Atomwaffen wissentlich nie hätte abringen können) positioniert.

Bereitschaft zur militärischen Auseinandersetzung

Fünftens, und das ist im Blick auf die jetzige Krim-Krise der entscheidende Punkt: Staaten, so argumentierte Mearsheimer, seien unter bestimmten Bedingungen durchaus zu einer regional begrenzten und konventionell ausgetragenen militärischen Auseinandersetzung bereit. Und zwar dann, wenn vitale nationale Interessen auf dem Spiel stehen, wenn es etwas zu gewinnen gibt und die Aussicht auf Erfolg besteht – und wenn der Gegner als schwach eingestuft wird.

Das schließt Fehlkalkulationen nicht aus: Mearsheimer erinnerte auch im Zusammenhang mit seiner Kritik am amerikanischen Irakkrieg (2003) daran, dass sich Saddam Hussein in den 1980er Jahren schlicht verschätzt hatte, als er den Iran in dem Glauben angriff, das Land sei nach der Abdankung des Schah und der Rückkehr des Ajatollah Khomeini aus dem Pariser Exil geschwächt.

Der Erste Golfkrieg (1980 bis 1988) mit schätzungsweise einer Million Opfer, bei dem es um nichts anderes als die regionale Vormachtstellung am Persischen Golf und die Kontrolle der Erdölfelder ging, zog sich dann über acht Jahre ohne Sieger hin. Daraus aber, so Mearsheimer, habe Saddam gelernt und künftig von regionalen Kriegen abgesehen. Ganz im Gegenteil stellte der Irak unter seinem Diktator in realistischer Perspektive einen Stabilitätsfaktor für ein Mächtegleichgewicht zwischen sich, Israel und dem Iran dar.

Deswegen erachtete Mearsheimer auch den Waffengang der USA im Irak und die Beseitigung des Saddam-Regimes als strategisch unklug und vollkommen unnötig ("An Unnecessary War", 2003). Eine solche Haltung mag angesichts der Verbrechen Saddams gegen die Kurden und Schiiten im eigenen Land unmoralisch sein. Für Realisten geht es aber um die Verhinderung des größeren Übels. Und das ist ein erneuter Krieg im Mittleren Osten zwischen den Regionalmächten.

Wie könnte die Lösung aussehen? Kissingers Plan light

Das Horror-Szenario eines jahrelangen Krieges ist auf der Krim nicht zu erwarten. Die Gelegenheit ist für das militärisch überlegene Russland also günstig.

Wie lässt sich mit dem Krim-Konflikt umgehen, welche Lehren lassen sich daraus für die Zukunft ziehen und welche politischen Schritte ableiten? Henry Kissinger, ein weiterer Vertreter des Realismus, hat vor dem Referendum einen Plan vorgestellt, in dem es um Verzicht geht: Russland solle auf die Annexion der Krim verzichten, während Kiew gleichzeitig die Autonomie der Halbinsel und die Minderheitenrechte der russischen Bevölkerung stärkt; die Ukraine solle auf einen NATO-Beitritt verzichten; und die westlichen Mächte auf eine Einmischung.

Den Verlust der Krim und der Schwarzmeerflotte konnte Putin nicht hinnehmen. Angesichts des Ausgangs des Referendums und der Tatsache, dass niemand verhindern kann oder will, dass die Krim an Russland geht, bleibt aus realistischer Perspektive nur eine Lösung, die auf Zugeständnissen, Sicherheitsgarantien und Verlässlichkeit aufbaut: Russland muss der ukrainischen Bevölkerung auf der Krim alle Rechte wie bisher zusichern. Zudem muss Moskau die neu gewählte Regierung in Kiew anerkennen und seinen ausdrücklichen Verzicht erklären, sich weitere ostukrainische Gebiete, in denen viele Russen leben, einzuverleiben.

Und Putin muss den baltischen Staaten, die aufgrund der Geschichte nun fürchten, das nächste Opfer einer russischen Annexionspolitik zu werden, zusichern, deren territoriale Integrität und politische Souveränität nie infrage zu stellen. Russland sollte auch garantieren, sich nicht in die inneren Angelegenheiten und Konflikte seiner Nachbarn im Süden einzumischen. Zu frisch sind noch die Erinnerungen an den Kaukasus-Krieg mit Georgien 2008, als russische Truppen die Milizen in den von Tiflis abtrünnigen Republiken Südossetien und Abchasien unterstützten und dabei vom Nordkaukasus aus militärisch bis ins georgische Kernland vorgedrungen waren.

Das wurde damals unter anderem mit dem Argument gerechtfertigt, dort seien russische Staatsbürger in Gefahr. Natürlich hatte die Intervention auch zum Ziel, Georgien zu schwächen. Wie mit den vielen ungelösten Minderheitenkonflikten und Unabhängigkeitserklärungen der abtrünnigen Republiken in der spannungsgeladenen Kaukasus-Region umzugehen ist, muss die UNO klären. Sie ist dafür verantwortlich.

Dafür müssen alle diese Staaten, allen voran die Ukraine, den Schutz der russischen Minderheiten in ihren Hoheitsgebieten zusichern. Denn darum geht es Putin ja vorgeblich, und der Schutz russischer Bürger in diesen Staaten entzieht Moskau künftig jeden legitimen Interventionsgrund. Georgien und die Krim sind die rote Linie, die Putin nicht überschreiten wird. Zudem weiß er um die Abhängigkeit Russlands vom Technologietransfer aus dem Westen und dem Absatzmarkt für seine Rohstoffe.

Der Westen als ehrlicher und weitsichtiger Makler - kluge Außenpolitik

Und der Westen? Der sollte - aus realistischer Perspektive - drei Dinge tun: Erstens: seine scharfe Rhetorik und seine Sanktionen gegen Russland, die bis zur angedrohten Suspendierung aus der G8 reichen, dringend unterlassen. Waffenlieferungen und Militärhilfe an die Ukraine sowie ein Handelskrieg mit Russland sind jedenfalls kontraproduktiv und konterkarieren westliche Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen in der Region.

Allen voran die USA und Deutschland zerschlagen derzeit sehr viel Porzellan, und das Verhältnis zu Russland wird in der Folge nicht mehr so leicht zu kitten sein. Dabei müssten gerade Washington und Berlin aus der Irakkrise gelernt haben, wie man diplomatisch angemessen miteinander umgeht.

Außerdem stellt sich die Frage: Wie weit wird der Westen nach Einreiseverboten und Wirtschaftssanktionen gehen? Streng genommen kann man die Intervention Russlands auf der Krim als ein Bündnisfall interpretieren: Die Ukraine hat seit 1997 ein militärisches Partnerschaftsabkommen mit der NATO. Aber ist das Bündnis wirklich dazu bereit, einen Krieg gegen die Atommacht Russland zu führen. Frankreich und Großbritannien verhalten sich in der Krim-Krise bisher übrigens auffallend zurückhaltend. Wie konsequent und glaubwürdig also ist eine westliche Politik, die sich in eine Einbahnstraße manövriert, aus der es, realistisch betrachtet, nur einen Rückwärtsgang des Zurückruderns geben kann und wird.

Zweitens: Die westlichen Staaten sollten vielmehr die Entwicklung auf der Krim, in der Ukraine und in den anderen Staaten beobachten und als ehrlicher Makler auftreten, anstatt einseitig Position zu beziehen. Die vollzogene Ost-Erweiterung der Nato bis an die Grenze Russlands war und ist problematisch genug und bedarf künftig der diplomatischen Weitsicht im Umgang mit Moskau. Und es bedarf der genauen Überlegung, wie mit den eventuellen Beitrittsgesuchen der neuen ukrainischen Führung umgegangen wird.

Drittens: Die EU sollte ihr wirksamstes Mittel einsetzen und zur Stabilisierung und zum Schutz der Ukraine beitragen. Dazu muss sie nur das Assoziierungsabkommen mit Kiew, das längst auf vertraglichen Füßen steht, vorantreiben und die nächsten Kapitel auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft der Ukraine erfolgreich verhandeln.

Nach dem Referendum ist vor dem Referendum: Ob die Ukraine nur EU-Mitglied oder auch NATO-Mitglied wird, wird die Zukunft weisen. Es geht in der Zukunft um nicht weniger als eine kluge und rationale Außenpolitik, die machtpolitische Notwendigkeiten, verlässliche Diplomatie und Empathie für die Interessen Russlands und der Ukraine auszeichnet.

Auf der Krim steht neben der Sicherheit und Wohlfahrt auch die Glaubwürdigkeit aller beteiligten Akteure auf dem Spiel. Der Westen sollte nicht ein weiteres Mal Fehler im Umgang mit beiden Staaten, die sich als Regionalmächte oder gar mehr verstehen, machen. Die verantwortlichen Politiker wissen, wo sie nachlesen können.

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