Ausland Der russisch-ukrainische Gasstreit
Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine zieht sich bereits seit Jahren hin. Themen sind die Erdgaslieferungen von Russland an die Ukraine und die Frage des Transits nach Europa. Vieles spricht für eine politische Motivation des Streits.
Der Konflikt begann im März 2005, als Russland die Bedingungen für Gastransporte über ukrainisches Territorium nach Westeuropa sowie den Preis, den die Ukraine für Erdgastransporte zahlen sollte, neu festlegte. Zuvor hatte die Ukraine nach altem sowjetischem Handelsmuster extrem vergünstigte Preise für den Gasimport gezahlt.
Konflikt flammt immer wieder auf
Als die Ukraine sich weigerte, den neuen Bedingungen zuzustimmen, stellte Russland am 1. Januar 2006 die Gaslieferungen in die Ukraine ein. Dies führte kurzzeitig zu Versorgungsengpässen in verschiedenen europäischen Staaten. Damit erlangte der Streit zwischen beiden Ländern eine große internationale Bedeutung: Durch ukrainische Pipelines fließen etwa 80 Prozent des russischen Gasexports nach Europa.
Beide Länder einigten sich zügig darauf, den Konflikt beizulegen. Es wurde ein Vertrag abgeschlossen, der fünf Jahre gültig sein sollte. In den folgenden Jahren gab wiederholt Spannungen, unter anderem wegen ukrainischer Gasschulden, die nicht oder zu spät beglichen wurden. Dies führten immer wieder zu Lieferkürzungen durch die russische Gazprom.
Kurz vor Auslaufen des Vertrages zum 1. Januar 2009 eskalierte der Konflikt: Russland stellte erneut die Gaslieferungen ein. Es kam wieder zu massiven Engpässen in vielen europäischen Ländern. Daraufhin schaltete sich die EU in die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ein.
Schließlich unterschrieb die damalige ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko unter großem Druck neue Gasverträge mit Russland. Weil dadurch die Ukraine einen Schaden von rund 137 Millionen Euro erlitten haben soll, wurde Timoschenko nun in Kiew wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Ukraine zwischen West- und Ostbindung
Viele politische Beobachter glauben, dass Russland mit den Mitteln von Preiserhöhungen und Lieferboykott die Ukraine für die Annäherung an den Westen nach der orangen Revolution bestrafen wollte. Außerdem wolle das Land Kontrolle über die ukrainischen Pipelines erlangen. So hatte Russland zwischenzeitlich eine Fusion zwischen der russischen Gazprom und der ukrainischen Naftohas vorgeschlagen, was die Ukraine aber kategorisch ablehnte.
Noch immer ist Russlands Einfluss auf die Ukraine groß. Moskau will das Land wirtschaftlich eng an sich binden - dazu eignet sich das Erdgas als Köder. So soll die Ukraine einer Zollunion beitreten, die Russland gemeinsam mit Kasachstan und Weißrussland geschaffen hat. Kiew seinerseits strebt deutlich günstigere Gasverträge mit Russland an, als die von Timoschenko ausgehandelten.
Auf der anderen Seite steht die EU, die mit der Ukraine ein Freihandelsabkommen abschließen will. Mit der Zollunion versucht Russland, diese Annäherung Kiews an die EU zu verhindern. Beide Seiten, Russland und die EU, aber kritisieren das Verfahren gegen Timoschenko. Mit dem jetzt vorerst abgeschlossenem Prozess macht sich die Ukraine also keine Freunde, sondern manövriert sich im Gegenteil in eine internationale Isolation.