Die Lage im Überblick Kiew erinnert an Boeing-Abschuss
In Kiew erinnert Präsident Selenskyj an den Abschuss einer Boeing über der Ostukraine vor zehn Jahren. Russlands Chefdiplomat Lawrow erneuert derweil Moskaus Anspruch auf eben dieses Gebiet.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisiert Pläne des Westens für eine weitere Friedenskonferenz zur Ukraine scharf. Es gebe Punkte, die für sein Land unannehmbar seien, sagte Lawrow am Rande der UN-Sicherheitsratssitzung in New York. "Es wurde Kurs darauf genommen, um jeden Preis den sogenannten Selenskyj-Plan durchzudrücken, der die klare Form eines Ultimatums besitzt."
Selenskyj hatte den Rückzug russischer Truppen aus der Ukraine zur Bedingung des Friedens gemacht. Lawrow hingegen bestand einmal mehr auf der Forderung, Moskaus noch weitere ukrainische Gebiete zu besetzen.
Lawrow: "noch nicht alle Territorien befreit"
"Dort (im Osten und Südosten der Ukraine) sind noch nicht alle Territorien befreit. Wir können die Menschen, die für eine Rückkehr zu Russland gestimmt haben, nicht unter der Knute des Regimes lassen, das alles Russische auslöscht", sagte Lawrow. Die Behauptung, die russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine schützen zu müssen, diente Kremlchef Wladimir Putin vor mehr als zwei Jahren als ein Vorwand für den Beginn seines Angriffskriegs gegen das Nachbarland.
Boeing-Abschuss vor zehn Jahren: Gedenken der Opfer
Selenskyj erinnerte derweil an den Abschuss der Maschine MH17 vor zehn Jahren über dem Donbass-Gebiet - verantwortlich dafür waren prorussische Rebellen. "Ich habe keine Zweifel, dass der Gerichtsprozess und die Arbeit der internationalen Justiz insgesamt zu absolut gerechten Strafen für all diejenigen führen, die an dem Unglück schuld sind", sagte Selenskyj in seiner Videoansprache. Diese Bestrafung sei auch nötig, genauso wie für alle anderen Verbrechen, die Russland in dem Krieg begangen habe.
Die Boeing der Malaysia Airlines wurde am 17. Juli 2014 über umkämpftem Gebiet mit einer russischen Luftabwehrrakete abgeschossen. Alle 298 Menschen an Bord starben. Nach den internationalen Ermittlungen war das Flugabwehrsystem vom Typ Buk von einer russischen Militärbasis über die Grenze in die Ostukraine gebracht und nach dem Abschuss zurücktransportiert worden. Es war noch die Anfangsphase der Kämpfe, die sich schließlich zur Invasion Russlands in das Nachbarland Ukraine 2022 ausweiten sollten.
Zwei Russen und ein Ukrainer wurden 2022 in Abwesenheit von einem niederländischen Gericht wegen Mordes in 298 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt. Russland weist jegliche Verantwortung zurück und lehnt auch die Auslieferung der Männer ab.
Lawrow lobt Vance
Lob hat Lawrow indes für den vom republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump als möglichen Vize präsentieren J.D. Vance übrig. Der US-Senator aus Ohio spreche sich für Frieden und für die Einstellung der militärischen Hilfe für die Ukraine aus, sagte Lawrow laut russischer Nachrichtenagentur Tass in New York. "Wir können das nur begrüßen, weil es genau das ist, was benötigt wird - und zwar aufzuhören, die Ukraine mit Waffen aufzublasen." Lawrow fügte hinzu: "Der Krieg wird vorüber sein. Wir werden anfangen, nach Lösungen zu suchen."
Medien: Brückenkopf am Dnipro kostet Kiew viele Opfer
Die Ukraine erlitt unterdessen Medienberichten zufolge hohe Verluste an einem Brückenkopf am Dnipro im Südosten des Landes. Insgesamt sollen bei dem monatelangen Kampf um die kleine Ortschaft Krynki mehr als 1000 Soldaten auf ukrainischer Seite ums Leben gekommen sein. So gelten 788 dort eingesetzte Soldaten als vermisst, berichtete das Internetportal "Slidstwo.Info" unter Berufung auf Polizeikreise. 262 Soldaten seien in dem gleichen Zeitraum tot geborgen worden. Erst kurz zuvor hatten Medien berichtet, dass die Ukraine den Brückenkopf aufgegeben hatte.
Krynki ist eine kleine Ortschaft am Südufer des Flusses Dnipro im Gebiet Cherson. Die Kämpfe um die Siedlung wurden von Anfang an aufgrund der Aussichtslosigkeit kritisiert.
Auflagen erfüllt: Ukraine soll neue EU-Milliarden bekommen
Die Ukraine soll in Kürze die erste reguläre Auszahlung aus dem neuen milliardenschweren Hilfsprogramm der EU erhalten. Das Land habe die Reformauflagen dafür erfüllt, teilte die für die Prüfung zuständige EU-Kommission mit. Aus ihrer Sicht könnten knapp 4,2 Milliarden Euro ausgezahlt werden.
Das neue EU-Hilfsprogramm sieht in einem Zeitraum von vier Jahren Finanzhilfen von 50 Milliarden Euro vor; zum Großteil Darlehen. Mit den Finanzhilfen will die EU es dem ukrainischen Staat ermöglichen, weiter Löhne und Renten zu zahlen. Zudem soll der Betrieb von Krankenhäusern, Schulen und Notunterkünften für umgesiedelte Menschen garantiert werden. Darüber hinaus kann das Geld auch genutzt werden, um durch den russischen Angriffskrieg zerstörte Infrastruktur wiederherzustellen.
Was heute wichtig wird
In Jekaterinburg wird der Prozess gegen den US-Journalisten Evan Gershkovich fortgesetzt. Russland wirft dem Korrespondenten des "Wall Stree Journal" vor, ein russisches Rüstungsunternehmen ausspioniert zu haben. Im Fall eines Schuldspruchs drohen Gershkovich bis zu 20 Jahre Haft.
- Nachrichtenagentur dpa