Oberstes Gericht der USA Supreme Court urteilt zugunsten der Kapitol-Stürmer
Nach dem Sturm auf das US-Kapitol sind die Staatsanwaltschaften bei der Anklage laut dem Obersten Gerichtshof in vielen Fällen zu weit gegangen. Der Supreme Court fordert eine engere Auslegung eines Straftatbestands.
Der Oberste Gerichtshof der USA hat ein weitreichendes Urteil zugunsten der Demonstranten getroffen, die 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten: Nach dem Angriff auf das Parlamentsgebäude seien Staatsanwaltschaften teilweise zu weit gegangen, urteilte der Supreme Court am Freitag (Ortszeit). Er hob konkret eine Anklage gegen den ehemaligen Polizeibeamten Joseph Fischer auf, der damals gemeinsam mit hunderten anderen Menschen den Kongresssitz in Washington gestürmt hatte.
Die weite Auslegung des Straftatbestands der Behinderung eines amtlichen Vorgangs durch die Staatsanwaltschaften würde "ein breites Spektrum an Verhalten kriminalisieren und Aktivisten und Lobbyisten jahrzehntelangen Haftstrafen aussetzen", erklärte der Vorsitzende Richter John Roberts im Namen des mehrheitlich konservativen Lagers im Obersten Gericht.
Supreme Court entscheidet über Trumps Immunität
Die Justiz müsse konkret "nachweisen, dass der Angeklagte die Verfügbarkeit oder Integrität von Aufzeichnungen, Dokumenten, Gegenständen oder anderen Dingen, die in einem offiziellen Verfahren verwendet werden, beeinträchtigt hat" oder versucht habe dies zu tun, erklärte Roberts weiter.
Das Gericht gab mit sechs zu drei Stimmen Fischer Recht, der die Anklage angefochten hatte. Der Fall geht nun zurück vor eine niedrigere Instanz, die entscheiden wird, ob Fischers Anklage bei der engeren Auslegung des Straftatbestands der Behinderung aufrecht erhalten werden kann.
Die Entscheidung des Supreme Court vom Freitag könnte dazu führen, dass dutzende Verurteilungen aufgehoben werden. Sie könnte sich indirekt auch auf das Verfahren auf Bundesebene gegen Ex-Präsident Donald Trump wegen versuchten Wahlbetrugs auswirken. Das Verfahren ist jedoch ausgesetzt, bis der Oberste Gerichtshof – voraussichtlich am Montag – über dessen strafrechtliche Immunität als Ex-Präsident entschieden hat.
US-Justizminister Merrick Garland versicherte, dass die überwiegende Mehrheit der mehr als 1400 nach dem Sturm auf das Kapitol Angeklagten von der Entscheidung "nicht betroffen" sein werde. Insgesamt waren laut dem Justizministerium 52 Protestierende nach dem 6. Januar 2021 wegen des Straftatbestands der Behinderung verurteilt worden, 27 von ihnen befinden sich derzeit in Haft.
"Tiefe Wunde zugefügt"
Die von Präsident Joe Biden ernannte Richterin Ketanji Brown Jackson betonte nach der Entscheidung, in dem Fall Fischer sei es "nicht um die Unmoral dieser Taten" gegangen. "Die friedliche Machtübergabe ist eine grundlegende demokratische Norm, und diejenigen, die versucht haben, sie auf diese Weise zu stören, haben dieser Nation eine tiefe Wunde zugefügt", erklärte sie.
Der Angriff auf das Kapitol mit fünf Todesopfern erschütterte die USA und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie. Mit dem Sturm auf den Kongresssitz wollten fanatische Trump-Anhänger verhindern, dass dort der Wahlsieg von Biden formell beglaubigt wurde.
Trump hatte zuvor über Wochen die Falschbehauptung verbreitet, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Kurz vor der Kapitol-Erstürmung rief der Rechtspopulist seine Anhänger in einer Rede auf, zum Kapitol zu marschieren und "auf Teufel komm raus" zu kämpfen.
- Nachrichtenagentur AFP