Russische Invasion Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
Im Westen liegt ein milliardenschweres russisches Vermögen und wirft ordentlich Zinsen ab. Die Erträge fließen demnächst in militärische Hilfe für die Ukraine. Die News im Überblick.
Diese Art der Hilfe für die Ukraine hat eine neue Qualität. Bis Ende des Jahres soll das von Russland angegriffene Land auf einen Kredit in Höhe von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) zurückgreifen können - auch für Waffenkäufe. Die führenden demokratischen Industrienationen (G7) schnürten in Süditalien ein Hilfspaket, das mit Zinserträgen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen finanziert werden soll. Das bestätigten Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird am Nachmittag beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs der sieben Länder erwartet. Seine Regierung soll das Geld auch für den Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur und bei Engpässen im Staatshaushalt nutzen können.
Finanzhilfe aus "Erträgen von Putins Vermögen"
Die Pläne für den Kredit an die Ukraine wurden entwickelt, um Zinserträge aus eingefrorenem russischen Vermögen noch effektiver zu nutzen. Die EU-Staaten hatten bereits entschieden, Zinsen direkt für die Finanzierung von Militärhilfen für die Ukraine bereitzustellen. Über den sogenannten Kredithebel kann die Wirkung nun deutlich erhöht werden.
In westlichen Ländern wurden seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Angaben der US-Regierung rund 280 Milliarden US-Dollar (rund 260 Milliarden Euro) an russischen Zentralbankgeldern eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinsen eingenommen zu haben.
US-Finanzministerin Janet Yellen schrieb in einem Gastbeitrag für die "New York Times", das Darlehen für die Ukraine werde im Laufe der Zeit durch die Zinserträge zurückgezahlt. Mit den Mitteln bekäme die Ukraine Ressourcen an die Hand - "bezahlt aus den Erträgen von Herrn Putins eigenem Vermögen". Das Paket sei eine klare Botschaft an Russlands Präsidenten Wladimir Putin: dass die Verbündeten auf lange Sicht zu Kiew stünden.
China kritisiert Sanktionen gegen Russland
China kristisiert das neue Sanktionspaket der USA gegen Russland. "Wir fordern die Vereinigten Staaten auf, die wahllosen, illegalen, einseitigen Sanktionen zu unterbinden", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Lin Jian, in Peking. Die USA sollten dagegen eine konstruktive Rolle dabei spielen, Frieden wiederherzustellen. China sei weder Partei noch Verursacher der "Ukraine-Krise". Lin zufolge will Peking notwendige Maßnahmen ergreifen, um die Rechte chinesischer Firmen und Bürger zu schützen.
Gestern hatten die USA ein neues Sanktionspaket als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgelegt. Laut US-Regierung richten sich die Strafmaßnahmen gegen mehr als 300 Personen und Einrichtungen - darunter auch chinesische Firmen - die Russland die Fortsetzung des Krieges ermöglichten. China gilt als wichtigster Verbündeter Russlands und gibt Moskau in dem Krieg durch seine Haltung auf internationaler Bühne Rückendeckung.
Pistorius: Können nicht mehr Patriot-Systeme liefern
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ruft seine Nato-Amtskolleginnen und -kollegen erneut dazu auf, die Ukraine mit Flugabwehrsystemen zu unterstützen. "Wenn Deutschland drei zur Verfügung stellen kann, was immerhin ein Viertel unserer Gesamtkapazitäten dieses Systems bedeutet, dann werden andere sicherlich auch noch eins abgeben können", sagte er am Rande eines Nato-Verteidigungsministertreffens in Brüssel mit Blick auf Patriot-Flugabwehrsysteme. In Deutschland gebe es keinen Spielraum für die Bereitstellung von mehr als dieser drei Systeme, sagte er weiter.
An andere Nato-Länder gerichtet meinte Pistorius, es müssten ja nicht unbedingt Patriot-Systeme sein. Jedes System helfe, den Luftraum und damit die Sicherheit in der Ukraine zu schützen und zu verteidigen.
Habeck für mehr Ableger deutscher Rüstungsfirmen in der Ukraine
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will unterdessen Ableger deutscher und europäischer Rüstungsfirmen in der Ukraine voranbringen. Es gebe bereits eine Tendenz, die es zu stärken gelte, sagte der Grünen-Politiker in Berlin bei einer deutsch-ukrainischen Veranstaltung zur Verteidigungsindustrie. Die Politik müsse nun herausfinden, was dazu gebraucht werde, zum Beispiel in Form von Garantien oder finanzieller Unterstützung, sagte Habeck.
Erst am Dienstag hatten der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall und die Ukraine nach Angaben aus Kiew einen ersten gemeinsamen Panzer-Reparaturbetrieb in der Ukraine eröffnet. Wenig später gab die Düsseldorfer Firma bekannt, dass ihr Schützenpanzer Lynx auch in dem von Russland angegriffenen Land hergestellt werden soll.
Habeck berichtete von einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser habe ihn gefragt, warum die Lieferung von militärischen Gütern aus Deutschland so langsam laufe. Dafür gebe es in der Tat keine Entschuldigung, sagte Habeck. Man habe nicht genug getan und müsse mehr tun.
Viele Tote bei russischem Luftangriff auf Krywyj Rih
Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als zwei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg. Bei einem russischen Raketenangriff auf die südukrainische Industriestadt Krywyj Rih wurden mindestens acht Menschen getötet und mehr als 20 verletzt, wie örtliche Medien berichteten.
"Jeden Tag und jede Stunde beweist der russische Terror, dass die Ukraine gemeinsam mit den Partnern die Flugabwehr stärken muss", schrieb Präsident Selenskyj in sozialen Netzwerken. Er drückte den Angehörigen der Opfer in seiner Geburtsstadt sein Mitgefühl aus und bekräftigte die Forderung, dass es für den größtmöglichen Schutz der Menschen eine moderne Flugabwehr brauche.
Fast täglich fordert der Beschuss ukrainischer Städte durch die russische Armee Opfer unter der Zivilbevölkerung. In Kiew endeten die Löscharbeiten, die durch einen russischen Raketenangriff am Morgen ausgelöst wurden, erst in der Nacht. Und auch an der Front ist die Lage laut dem ukrainischen Militärgeheimdienst weiterhin schwer.
Demnach hat die russische Sommeroffensive bereits begonnen. Der ukrainische Generalstab hatte in seinem abendlichen Lagebericht von rund 90 größeren Gefechten entlang der Front geschrieben. Die schwersten Kämpfe gebe es im Raum Pokrowsk im ostukrainischen Gebiet Donezk, wo die russischen Truppen in den vergangenen Wochen Geländegewinne erzielen konnten.
Viele gegen Einsatz deutscher Waffen gegen Russland
Die Erlaubnis der Bundesregierung zum begrenzten Einsatz deutscher Waffen durch die Ukraine gegen Ziele in Russland sehen einer Umfrage zufolge viele Deutsche kritisch. Die relative Mehrheit von 43 Prozent der Befragten beurteilt die Entscheidung als (eher) falsch, wie aus einer repräsentativen Insa-Umfrage für das Nachrichtenmagazin "Focus" hervorgeht. 38 Prozent sehen sie als (eher) richtig an.
Acht Prozent ist die Entscheidung egal, weitere acht Prozent können und drei Prozent wollen die Frage nicht beantworten.
Mit der Erlaubnis eines Einsatzes deutscher Waffen auf russischem Territorium vor rund zwei Wochen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz nach mehr als zwei Jahren Angriffskrieg gegen die Ukraine einen mit den wichtigsten Bündnispartnern abgestimmten Kurswechsel vollzogen. Er soll vor allem der Abwehr der Angriffe auf die ukrainische Metropole Charkiw von russischem Gebiet aus dienen. Dort hatten russische Truppen jüngst die Angriffe intensiviert und die ukrainischen Verteidiger schwer in Bedrängnis gebracht.
Auf die Frage, ob man befürchte, dass sich Deutschland durch die Unterstützung der Ukraine selbst in sicherheitspolitische Gefahr begebe, antworteten 58 Prozent der Befragten mit (eher) ja. 28 Prozent der Umfrageteilnehmer sagten (eher nein). 14 Prozent wussten darauf keine Antwort oder machten keine Angabe. Eine relative Mehrheit spricht sich dafür aus, (eher) weniger Waffen an die Ukraine zu liefern. 24 Prozent wollen (in etwa) den gleichen Umfang, 20 Prozent halten (eher) mehr Waffen für angebracht. Den restlichen 15 Prozent ist dies egal, sie gaben an, es nicht zu wissen oder wollten keine Angabe machen.
- Nachrichtenagentur dpa