Krieg in Nahost Israel: Vier Geiseln in Hamas-Gefangenschaft getötet
Vier weitere Geiseln sollen in der Hamas-Gefangenschaft getötet worden sein. Die USA präsentieren einen Entwurf für einen Gaza-Deal, doch Israel hält an seinen Bedingungen fest. Die News im Überblick.
Vier von der islamistischen Terrororganisation Hamas entführte Geiseln sind nach israelischen Informationen in der Gefangenschaft getötet worden. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari teilte mit, die vier Männer seien vor mehreren Monaten in Chan Junis im Süden des Gazastreifens ums Leben gekommen. Die genauen Umstände waren zunächst unklar.
Die Hamas hatte im Dezember ein Video veröffentlicht, in denen drei der älteren Männer zu sehen waren. Im März hatte die Hamas dann mitgeteilt, sie seien bei israelischen Angriffen getötet worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Es wird befürchtet, dass ein Großteil der insgesamt 124 Geiseln, die noch im Gazastreifen festgehalten werden, nicht mehr am Leben ist.
USA pochen auf Israels Bekenntnis zu Gaza-Angebot
Die USA halten nach einem Verhandlungsangebot zur Beilegung des Gaza-Kriegs den Druck auf ihren Verbündeten Israel aufrecht. "Wir haben die volle Erwartung, dass Israel Ja sagen würde, wenn die Hamas dem Vorschlag zustimmt, der ihnen als israelischer Vorschlag übermittelt wurde", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, dem Sender ABC News.
Auch US-Außenminister Antony Blinken nahm Israel indirekt in die Pflicht. Im Gespräch mit dem israelischen Verteidigungsminister Joav Galant habe Blinken Israels Bereitschaft gelobt, ein Abkommen zu schließen, teilte sein Sprecher mit.
US-Präsident Biden hatte überraschend Details eines Entwurfs für einen Gaza-Deal präsentiert, dem Israel zugestimmt habe. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu beeilte sich jedoch gleich darauf klarzustellen, dass sich die Bedingungen seines Landes für ein Ende des Krieges nicht geändert hätten: die Zerstörung der islamistischen Hamas und die Freilassung aller Geiseln.
Israels Kriegskabinett berät Verhandlungsangebot
US-Beamte seien ermutigt gewesen, dass Netanjahu Bidens Rede nicht zurückgewiesen oder bestritten habe, dass sie einen israelischen Vorschlag widerspiegele, der der Hamas vor einigen Tagen unterbreitet wurde, berichtete das US-Nachrichtenportal "Axios". Demnach hatte das Weiße Haus Netanjahus Büro etwa zwei Stunden im Voraus mitgeteilt, dass Biden Einzelheiten des Angebots in der Rede publik machen würde.
Rechtsreligiöse Koalitionspartner Netanjahus drohten prompt mit dem Platzen der Koalition, sollte sich Israel auf den Deal einlassen. Oppositionsführer Yair Lapid warnte auf der Plattform X, sollte Israel das bereits akzeptierte Angebot wieder zurückziehen, wäre das ein "Todesurteil" für die Geiseln und eine Vertrauenskrise gegenüber den Amerikanern und den vermittelnden Ländern. Vor dem Hintergrund dieses Wirrwarrs trat Israels Kriegskabinett zusammen, um über den von Biden publik gemachten Vorschlag zu beraten.
Netanjahu: Keine Waffenruhe ohne Erfüllung unserer Bedingungen
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich zu dem jüngsten US-Vorstoß für eine Beendigung des Gaza-Kriegs geäußert. "Die Behauptung, dass wir einer Waffenruhe zugestimmt haben, ohne dass unsere Bedingungen erfüllt werden, ist nicht richtig", sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros vor Mitgliedern eines parlamentarischen Ausschusses für Außen- und Sicherheitspolitik.
Netanjahu machte deutlich, dass sich Israels Bedingungen für ein Ende des Krieges nicht geändert hätten: die Zerstörung der Hamas und die Freilassung aller Geiseln.
In einer Videobotschaft sagte Netanjahu: "Wir setzen uns auf zahllosen Wegen dafür ein, unsere Geiseln zurückzuholen. Ich denke immerzu an sie, an ihre Familien, an ihr Leid." Die Zerstörung der Hamas bleibe parallel zu den Bemühungen um ihre Rückführung das Ziel.
G7-Gruppe unterstützt US-Vorstoß für Ende von Gaza-Krieg
Die G7-Gruppe hat sich hinter den von US-Präsident Joe Biden bekannt gemachten Plan für ein Gaza-Abkommen gestellt. Die Staats- und Regierungschefs der sieben großen westlichen Industrienationen unterstützten das von Biden vorgestellte Abkommen für ein Ende des Gaza-Kriegs "voll und ganz", da es zu einem dauerhaften Ende der Krise führe, hieß es in einer veröffentlichten Mitteilung der italienischen G7-Präsidentschaft. Bei einem solchen Deal würden sowohl die Sicherheitsinteressen Israels als auch die Sicherheit der Zivilbevölkerung des umkämpften Gazastreifens gewährleistet.
Die G7-Staats- und Regierungschefs riefen die islamistische Hamas dazu auf, das Abkommen mit Israel zu akzeptieren. Länder mit Einfluss auf die Hamas sollen dazu beizutragen, dass sie dem Abkommen zustimmen, wie es in der gemeinsamen Mitteilung weiter hieß. Gleichzeitig bekräftigte die G7-Gruppe ihre Unterstützung für einen glaubwürdigen Weg zum Frieden, der letztlich zu einer Zweistaatenlösung führen soll.
Leiche eines Deutsch-Israelis identifiziert
Acht Monate nach dem Hamas-Massaker sind die sterblichen Überreste eines 35-jährigen Deutsch-Israelis identifiziert worden. Die israelische Armee teilte mit, die Leiche des Sanitäters sei in dem Kibbuz Nir Oz gefunden worden. Seine Identität sei mit Hilfe forensischer und anthropologischer Experten bestätigt worden. Bisher war davon ausgegangen worden, dass der Mann im Gazastreifen als Geisel festgehalten wird. Nach Angaben der jüdischen Organisation European Jewish Association war der 35-Jährige auch deutscher Staatsbürger - ebenso wie seine in den Gazastreifen entführte Schwester.
Der Sanitäter hatte am 7. Oktober seine schwangere Ehefrau und drei Kinder im Schutzraum ihres Hauses in Nir Oz zurückgelassen, um Verletzten zu helfen. Der Kibbuz war einer der besonders schwer betroffenen Orte.
Berichte über tödlichen Luftangriff in Syrien
Unterdessen meldeten syrische Staatsmedien mehrere Tote und Schäden bei einem mutmaßlich israelischen Angriff im Nordwesten des Landes. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien berichtete, Raketen hätten Stellungen einer proiranischen Miliz nördlich von Aleppo getroffen. Zwölf Milizionäre sollen Berichten zufolge getötet worden sein. Die Angaben können bisher nicht unabhängig überprüft werden. Von israelischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme dazu.
Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien. Der jüdische Staat will mit den Angriffen verhindern, dass sein Erzfeind Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss in dem Land ausweiten. Der Iran ist einer der wichtigsten Verbündeten Syriens. Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen vor rund acht Monaten haben die israelischen Angriffe, die von Israel meist nicht offiziell bestätigt werden, zugenommen.
Gezerre um Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah
Die USA versuchen derweil, dass der Grenzübergang Rafah im Süden Gazas wieder für humanitäre Hilfe geöffnet wird. Zu diesem Zweck kamen Vertreter aus Ägypten, den USA und Israel in Kairo zu Beratungen zusammen. Es seien aber nur geringe Fortschritte erzielt worden, berichtete das "Wall Street Journal".
Die Gespräche sollen demnach in den nächsten Tagen fortgesetzt werden. Der staatsnahe ägyptische TV-Sender Al-Kahira News hatte zuvor berichtet, Ägypten vertrete weiterhin die Position, Rafah erst wieder zu öffnen, wenn sich das israelische Militär vollständig von dort zurückziehe.
Unterdessen erklärte der israelische Verteidigungsminister Galant laut der "Times of Israel" bei einem Truppenbesuch, man arbeite daran, eine Alternative zur Hamas-Herrschaft im Gazastreifen zu schaffen. Zu diesem Zweck wolle man Gebiete in Gaza isolieren und nach Entfernung der Hamas "andere Kräfte" hineinbringen, damit sie künftig diese Gebiete verwalten können. Der Krieg ende erst dann, wenn die Hamas zerschlagen sei.
Galant hatte kürzlich gesagt, dass der Regierung unter Netanjahu ein Plan dazu fehle, wer nach dem Krieg im Gazastreifen regieren solle. Die Hamas könne nur dauerhaft von der Macht verdrängt werden, wenn palästinensische Vertreter die Kontrolle übernähmen, begleitet von internationalen Akteuren, die eine Regierungsalternative zur Hamas-Herrschaft schaffen würden.
Wieder heftiger Beschuss an israelisch-libanesischer Grenze
Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben ein Mitglied der Hisbollah im Südlibanon getötet. Außerdem sei "terroristische Infrastruktur" der proiranischen Miliz angegriffen worden. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA hatte zuvor berichtet, dass ein Mensch bei einem Angriff in der Grenzstadt Nakura bei einem israelischen Angriff getötet worden sei. Eine weitere Person soll verletzt worden sein. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass die Hisbollah von dort zuvor mehrere Raketen in Richtung Nordisrael abgefeuert hätte. Die Schiitenmiliz reklamierte darüber hinaus mehrere Angriffe auf israelische Ziele für sich.
Die gegenseitigen Angriffe zwischen dem israelischen Militär und der Hisbollah haben sich in den letzten Tagen verstärkt. Auf beiden Seiten hat es heftigen Beschuss gegeben. Es herrscht die Sorge vor einer deutlich größeren militärischen Konfrontation, sollten diplomatische Bemühungen scheitern. Sicherheitsquellen beschrieben die Situation im Südlibanon als "echtes Kriegsgebiet".
- Nachrichtenagentur dpa