Krieg in Nahost Armee meldet Übernahme von Gaza-Grenze zu Ägypten
Israels Vormarsch in Rafah im Süden Gazas ist höchst umstritten. Nun hat die Armee nach eigenen Angaben ein wichtiges Ziel dort erreicht. Wie reagiert Ägypten? Die News im Überblick:
Israels Armee hat im umkämpften Gazastreifen nach eigenen Angaben die Kontrolle über den gesamten Abschnitt an der Grenze zu Ägypten übernommen und damit ein wichtiges Ziel ihrer umstrittenen Rafah-Offensive erreicht. Die islamistische Hamas habe den als Philadelphi-Korridor bekannten Bereich für den Schmuggel von Waffen genutzt, sagte Armeesprecher Daniel Hagari.
In dem etwa 14 Kilometer langen Abschnitt gebe es rund 20 Tunnel, die nach Ägypten führen. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Einige der Tunnel seien Israel und Ägypten bereits zuvor bekannt gewesen, andere seien erst jetzt entdeckt worden, zitierte das "Wall Street Journal" einen israelischen Militärbeamten. Der jüngste Vorstoß der israelischen Armee könnte der Zeitung zufolge neue Spannungen zwischen Israel und Ägypten auslösen.
Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Kahira News berichtete unter Berufung auf eine ranghohe Quelle, die Berichte über die Tunnel an der ägyptischen Grenze seien nicht wahr. Ägypten ließ in der Vergangenheit allerdings bereits selbst Tunnel fluten, da durch sie auch Waffen aus dem Gazastreifen zu Extremisten in den Nord-Sinai gelangt sein sollen.
Während der israelische Militärbeamte dem "Wall Street Journal" sagte, Israel habe Ägypten über die nun entdeckten grenzüberschreitenden Tunnel informiert, wies ein ranghoher ägyptischer Beamte dies gegenüber der US-Zeitung zurück. Israel benutze diese Behauptungen, "um die Fortsetzung der Rafah-Operation zu rechtfertigen".
Anfang Mai waren israelische Truppen in Teile der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen vorgerückt. Sie übernahmen dort auf palästinensischer Seite den einzigen Grenzübergang von dem abgeriegelten Küstengebiet nach Ägypten.
USA: Israels Armee geht weiterhin gezielt und begrenzt vor
Die israelischen Streitkräfte hatten sich in Rafah bislang weitgehend darauf konzentriert, das Grenzgebiet zu Ägypten unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Gegend ist nicht so dicht besiedelt wie andere Teile Rafahs. Die US-Regierung warnt Israel seit Monaten vor den Gefahren, die ein Einsatz in den dicht besiedelten Stadtgebieten für die Zivilbevölkerung mit sich bringen könnte, will bisher aber weiterhin keinerlei Anzeichen für eine großangelegte Bodenoffensive des Verbündeten in dem Gebiet erkennen.
"Ich kann nicht bestätigen, ob sie den (Philadelphi-)Korridor eingenommen haben oder nicht, aber ich kann Ihnen sagen, dass ihre Bewegungen entlang des Korridors für uns nicht überraschend kamen und im Einklang mit ihrem Plan standen, die Hamas gezielt und begrenzt zu bekämpfen", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby.
Israels Armee hatte den Philadelphi-Korridor zuletzt im Jahr 2005 kontrolliert, bevor sie aus dem Gazastreifen abzog. Auf palästinensischer Seite übte dort zuletzt die Hamas die Kontrolle aus, die 2007 gewaltsam die Macht in Gaza an sich gerissen hatte. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte im März, der Korridor müsse auch nach dem Krieg wieder von Israel kontrolliert werden.
Nur so könne man eine Entmilitarisierung des Gazastreifens gewährleisten. Israels Militär sei nun entlang dieses Gebiets nicht nur auf Tunnel, sondern auch auf Dutzende Raketenwerfer der Hamas gestoßen, teilte Hagari weiter mit. Erst vor wenigen Tagen waren nach Angaben des israelischen Militärs mehrere Raketen aus Rafah auf die israelische Küstenmetropole Tel Aviv abgefeuert worden.
Israels Militär zerstört Tunnel in Rafah
Im Großteil des Philadelphi-Korridors seien jetzt israelische Truppen stationiert, berichteten israelische Medien unter Berufung auf die Armee. Insgesamt sollen sich demnach 82 Tunnelschächte in der Gegend befinden. Israels Armee zerstörte unterdessen nach eigener Darstellung nahe Rafah ein anderthalb Kilometer langes Tunnelsystem der Hamas.
Der Eingang habe sich rund 100 Meter vom Grenzübergang zu Ägypten befunden und zu einer verzweigten unterirdischen Route geführt, teilte Hagari weiter mit. Die Hamas habe das Tunnelsystem genutzt, um Soldaten anzugreifen und Waffen zu transportieren. In den Gängen in unterschiedlicher Tiefe habe man Raketen, Sprengsätze und weitere Waffen gefunden sowie mehrere Räume und Badezimmer.
"Die Hamas ist in Rafah", sagte Hagari. Sie halte dort auch Geiseln fest. Daher werde man weiter in der Stadt vorrücken. Drei israelische Soldaten waren Medien zufolge bei der Explosion einer Sprengfalle in einem Gebäude in Rafah getötet worden. Damit sind seit Kriegsbeginn am 7. Oktober vergangenen Jahres nach Angaben der Armee auf israelischer Seite 639 Soldaten und Soldatinnen gefallen.
Auf palästinensischer Seiten starben laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bislang mehr als 36.100 Menschen. Bei der unabhängig kaum überprüfbaren Zahl unterscheidet die Behörde nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern.
Auslöser des Kriegs war ein Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Der Krieg wird nach Einschätzung von Israels Nationalem Sicherheitsberater mindestens bis Ende des Jahres andauern. "Auch in diesem Jahr erwarten uns noch mindestens sieben Monate der Kämpfe", sagte Tzachi Hanegbi am Mittwoch dem israelischen Sender Kan.
Israels Armee: Angriff mit Marschflugkörper aus dem Osten abgewehrt
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben einen Marschflugkörper abgewehrt, mit dem Israel von Osten aus angegriffen worden sei. Zuvor habe es auf den Golanhöhen Alarm wegen des "Eindringens eines feindlichen Flugkörpers" gegeben. Der genaue Hintergrund war zunächst unklar. Zudem wurde den Militärangaben zufolge ein Flugkörper aus dem nördlichen Nachbarland Libanon von der Raketenabwehr abgefangen. Bei beiden Vorfällen habe es weder Verletzte noch Sachschaden gegeben.
Zu dem Angriff mit einem Marschflugkörper bekannte sich zunächst keines der Mitglieder der sogenannten "Achse des Widerstands" von Israels Erzfeind Iran. In Ländern wie Syrien, Irak, Jemen und dem Libanon wirken mächtige Milizen und Bewegungen, die Teil dieses antiisraelischen Bündnisses sind. Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor fast acht Monaten gibt es aus diesen Ländern immer wieder Angriffe auf israelisches Gebiet.
Aktivisten: Israel für Angriffe in Syrien verantwortlich
Unterdessen wurden im Nordwesten Syriens laut Menschenrechtsaktivisten bei zwei mutmaßlich von Israels Armee geführten Angriffen ein Kind sowie drei Mitglieder der libanesischen Hisbollah-Miliz getötet. In der Hafenstadt Banijas hätten der Einschlag einer israelischen Rakete sowie eine syrische Abwehrrakete zu zwei Explosionen geführt, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien mit.
Auch im Umland der Stadt Homs habe es einen israelischen Angriff gegeben. Dieser habe einen Militärstandort zum Ziel gehabt. Bei den dabei getöteten Mitgliedern der Hisbollah soll es sich den Angaben nach um Syrer handeln. Israels Militär wollte die Berichte nach eigenen Angaben prüfen.
Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele in Syrien. Damit will die Regierung des jüdischen Staates verhindern, dass der Erzfeind Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss in dem Nachbarland ausweiten. Der Iran ist einer der wichtigsten Verbündeten Syriens. Seit Beginn des Gaza-Kriegs haben Israels Angriffe, die meist nicht offiziell bestätigt werden, zugenommen.
Westjordanland: Zwei israelische Soldaten bei Auto-Attacke getötet
Bei einer Auto-Attacke im nördlichen Westjordanland sind zwei israelische Soldaten getötet worden. Die Armee bestätigte am Donnerstag den Tod der beiden 20-Jährigen, die am Vorabend nach Militärangaben nahe der Stadt Nablus von einem mutmaßlich palästinensischen Fahrer gerammt worden waren. Ranghohe Militärs besuchten den Ort des Vorfalls, um die Umstände zu klären. Die israelische Armee suchte weiter nach dem Tatverdächtigen. Nach unbestätigten Berichten soll er sich der palästinensischen Polizei gestellt haben.
- Nachrichtenagentur dpa