Krieg in Nahost Entsetzen über Tod von Gaza-Helfern bei israelischem Angriff
Das Team ausländischer Helfer war unterwegs, um die hungernde Bevölkerung Gazas zu versorgen. Dabei fielen sie einem israelischen Angriff zum Opfer. Deutschland und die USA fordern Aufklärung.
Der Tod von ausländischen Helfern im Gazastreifen bei einem israelischen Luftangriff hat international große Empörung ausgelöst. Die Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) bestätigte den Tod von sieben ihrer Mitarbeiter.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach in einer Videobotschaft von einem "tragischen Fall eines unabsichtlichen Treffers unserer Streitkräfte gegen Unschuldige im Gazastreifen". Man prüfe den Vorfall und werde alles tun, damit er sich nicht wiederhole. Rufe nach einer gründlichen Untersuchung werden laut.
Organisation will Einsatz im Gazastreifen stoppen
Die sieben Opfer stammten laut der Mitteilung von World Central Kitchen aus Australien, Polen, Großbritannien und den Palästinensergebieten - zudem habe eines der Opfer die amerikanische und kanadische Staatsbürgerschaft. Die Organisation will angesichts des tödlichen Vorfalls ihren Einsatz in der Region sofort stoppen und bald Entscheidungen "über die Zukunft unserer Arbeit treffen".
"Das WCK-Team war in einer konfliktfreien Zone in zwei gepanzerten Fahrzeugen mit dem WCK-Logo und einem ungeschützten Fahrzeug unterwegs", schrieb die Hilfsorganisation. Der Konvoi sei getroffen worden, obwohl man die Fahrt mit der israelischen Armee koordiniert habe. Die Helfer hätten gerade ein Lagerhaus in der Ortschaft Deir al-Balah im zentralen Abschnitt des Gazastreifens verlassen, als sie beschossen worden seien. Dort hätten sie mehr als 100 Tonnen humanitärer Lebensmittelhilfe entladen, die auf dem Seeweg in den Gazastreifen gebracht worden sei.
Der israelischen Zeitung "Haaretz" zufolge ging der Angriff auf einen Terrorverdacht zurück. Die Streitkräfte hätten den Hilfskonvoi wegen der Vermutung attackiert, ein Terrorist sei mit ihm unterwegs gewesen, berichtete das Blatt unter Berufung auf nicht näher genannte Verteidigungsbeamte. Eine Einheit hatte demnach kurz vor der Einfahrt in die Lagerhalle einen bewaffneten Mann auf einem Lastwagen identifiziert, der beim Verlassen der Halle nicht mehr Teil der Autokolonne gewesen war. Eine Drohne hätte drei Raketen auf die Autos abgefeuert.
Im Mittelmeer sei das Schiff "Jennifer" nach dem Vorfall mit 250 Tonnen Hilfsgütern an Bord aus Sicherheitsgründen zurück zum zyprischen Hafen Larnaka gefahren, bestätigte ein Sprecher des örtlichen Außenministeriums der Deutschen Presse-Agentur.
Israels Präsident entschuldigt sich bei Gründer von Hilfsorganisation
Israels Präsident Izchak Herzog hat sich nach dem Tod mehrerer internationaler Helfer im Gazastreifen beim Gründer der Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) entschuldigt. Herzog habe mit José Andrés telefoniert und ihm sein tiefes Bedauern über den "tragischen Verlust der Leben der WCK-Mitarbeiter" ausgedrückt, schrieb der israelische Staatspräsident auf der Plattform X (vormals Twitter). Er habe dabei auch eine aufrichtige Entschuldigung ausgesprochen und den Angehörigen der Getöteten sein Beileid bekundet.
Baerbock und Blinken fordern Aufklärung
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte Aufklärung: "Die israelische Regierung muss diesen schrecklichen Vorfall schnell und gründlich untersuchen", schrieb die Grünen-Politikerin auf der Plattform X (früher Twitter). "Wir fordern die israelische Regierung erneut auf, für funktionierende Maßnahmen zur Konfliktlösung zu sorgen. Solche Vorfälle dürfen nicht passieren."
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Ihr amerikanischer Amtskollege Antony Blinken und der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski äußerte sich nach direkten Gespräch mit der israelischen Regierung ähnlich. Die britische Regierung stellte den israelischen Botschafter in London ein.
USA "empört" über Tod von Gaza-Helfern
Die US-Regierung hat empört auf den Tod mehrerer ausländischer Helfer reagiert und von Israel eindringlich Aufklärung gefordert. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sagte im Weißen Haus in Washington, die US-Regierung sei "empört" gewesen, als sie von dem Luftschlag des israelischen Militärs erfahren habe, bei dem sieben Mitarbeiter der Hilfsorganisation World Central Kitchen getötet wurden. Das Weiße Haus erwarte, dass Israel nach der vorläufigen Prüfung des Vorfalls zügig eine tiefergehende Untersuchung durchführe.
"Wir hoffen, dass die Ergebnisse öffentlich gemacht werden und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Kirby. Die US-Regierung habe diese Haltung auch gegenüber Israel "sehr klar" gemacht.
Israels Armee kündigt gründliche Untersuchung an
Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte, Israels Armee sei an internationales Recht gebunden. "Wir sind verpflichtet, unsere Einsätze gründlich und transparent zu untersuchen", sagte Hagari. "Wir werden eine Untersuchung eröffnen, um diesen schwerwiegenden Vorfall weiter zu prüfen. Dies wird uns dabei helfen, die Gefahr zu verringern, dass sich so ein Vorfall wiederholt." Er sprach dabei von der Untersuchung durch ein unabhängiges und professionelles Expertengremiums. Man werde der Sache auf den Grund gehen und die Ergebnisse transparent teilen.
Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer islamistischer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen Lage im Gazastreifen steht Israel international immer stärker in der Kritik.
WCK versorgt Menschen in Katastrophengebieten mit Essen
World Central Kitchen ist eine Hilfsstiftung, die der aus Spanien stammende Starkoch José Andrés 2010 unter dem Eindruck des verheerenden Erdbebens in Haiti gegründet hat. WCK versorgt seitdem Menschen in Katastrophengebieten auf der ganzen Welt mit Mahlzeiten. "Dies ist nicht nur ein Angriff auf WCK, dies ist ein Angriff auf humanitäre Organisationen, die in schlimmsten Situationen kommen, in denen Nahrung als Waffe im Krieg eingesetzt wird", sagte die Geschäftsführerin der Organisation, Erin Gore. "Dies ist unverzeihlich."
Die Familie einer getöteten Mitarbeiterin aus Australien sagte, die 43-Jährige sei ums Leben gekommen, "während sie die Arbeit verrichtete, die sie liebte". Sie werde "ein Vermächtnis des Mitgefühls, des Mutes und der Liebe für alle in ihrem Umkreis hinterlassen".
Internationale Empörung über Tod der Helfer
Unter anderem Ägypten verurteilte den Angriff scharf. Das ägyptische Außenministerium sprach in seiner Erklärung von anhaltenden Angriffen Israels auf Organisationen, die im humanitären Bereich tätig seien. Ägypten fordere eine dringende und ernsthafte Untersuchung, um die Verantwortlichen "für diese systematischen und vorsätzlichen Verletzungen der palästinensischen Menschenrechte zur Rechenschaft zu ziehen". Jordaniens König Abdullah II. betonte, humanitäre Organisationen im Gazastreifen müssten geschützt werden.
Der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen, Martin Griffiths, hob den Mut der sieben getöteten humanitären Helfer in Gaza hervor. "Sie waren Helden. Sie wurden getötet, während sie versucht haben, hungernde Menschen zu ernähren", schrieb er auf X.
Die britische Regierung forderte nach dem tödlichen Angriff Aufklärung von Israel. Die Nachricht sei zutiefst erschütternd, teilte der britische Außenminister David Cameron mit. Berichten zufolge seien auch britische Staatsbürger getötet worden. "Wir arbeiten daran, diese Informationen zu verifizieren, und werden ihren Familien umfassende Unterstützung bieten."
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez sagte: "Ich erwarte und fordere, dass die israelische Regierung so schnell wie möglich die Umstände dieses brutalen Angriffs aufklärt, der sieben Mitarbeitern einer Hilfsorganisation das Leben gekostet hat, die nichts anderes getan haben, als zu helfen".
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EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen schrieb bei X: "Ich würdige die Helfer, die in Gaza ihr Leben verloren haben." Die Hilfsorganisation sei ein entscheidender Partner bei der Linderung des Leidens der Menschen in Gaza, unter anderem durch die Bereitstellung von Nahrungsmitteln über den Seekorridor.
Parteigründerin Sahra Wagenknecht fordert ein sofortiges Waffenembargo gegen Israel. "Das Sterben in Gaza und die Angriffe Israels in Nachbarländern müssen unverzüglich enden", sagte Wagenknecht am Dienstag. "Dass Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen, die Hungernde versorgen wollten, ins Visier der israelischen Armee geraten sind, muss Konsequenzen haben."
- Nachrichtenagentur dpa