Umstrittene Abstimmung in Südamerika Hier könnte die nächste Invasion drohen
Venezuela beansprucht große Teile des Nachbarlandes Guyana für sich. Eine umstrittene Volksabstimmung könnte die Spannungen zwischen beiden Staaten eskalieren lassen.
In Venezuela findet am heutigen Sonntag ein international umstrittenes Referendum über die Grenze mit Guyana statt. Mittels der Volksabstimmung will die venezolanische Regierung den Anspruch auf die an Erdöl und anderen Ressourcen reiche Region Essequibo unterstreichen, die dem Nachbarland untersteht.
Guyana prangert das Referendum in Venezuela als "existenzielle" Bedrohung an. Die Region Essequibo macht mehr als zwei Drittel der Landesfläche der früheren britischen Kolonie aus. Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag appellierte am Freitag an Venezuela, nichts zu unternehmen, was die Beziehung zu Guyana gefährde. In dem vorliegenden Fall bestehe "die ernsthafte Gefahr, dass Venezuela die Kontrolle und Verwaltung über das strittige Gebiet erlangt und ausübt".
Brasilien erhöht Militärpräsenz
Die Regierung in Caracas wies die Vorwürfe zurück: "Nichts im internationalen Recht erlaubt es dem Gericht, sich in Venezuelas innere Angelegenheiten einzumischen oder vorzugeben, einen souveränen Akt zu verbieten oder abzuändern", erklärte Venezuelas Vizepräsidentin Delcy Rodriguez am Freitag. Die Vorbereitungen für die Volksabstimmung würden wie geplant fortgesetzt.
Das an beide Länder angrenzende Brasilien äußerte "Besorgnis" über den Streit zwischen den beiden südamerikanischen Staaten. Brasilien habe daher seine Militärpräsenz "intensiviert", erklärte das Verteidigungsministerium in Brasília.
Mit dem Referendum in Venezuela soll eine Entscheidung eines Schiedsgerichts aus dem Jahr 1899 gekippt werden, welche die Grenze zu Guyana – einer einstigen britischen und niederländischen Kolonie – festgelegt hatte. Seit Jahrzehnten erhebt Venezuela Anspruch auf die Region Essequibo, die von Guyana verwaltet wird und mehr als zwei Drittel seines Territoriums ausmacht.
Die Begehrlichkeiten nahmen zu, nachdem der Ölkonzern ExxonMobil 2015 in dem Gebiet ein Ölvorkommen entdeckt hatte. Im Oktober dieses Jahres wurde in der Region ein weiterer bedeutender Ölfund gemacht, der die Reserven Guyanas auf mindestens zehn Milliarden Barrel – und damit auf mehr als die des ölreichen Kuwait oder der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) – vergrößert.
Guyana hat gerade einmal 800.000 Einwohner verfügt damit über die größten Pro-Kopf-Ölreserven der Welt, während das Nachbarland Venezuela über die größten nachgewiesenen Öl-Reserven insgesamt verfügt. Dennoch leidet das sozialistisch geführte Land unter einer anhaltenden Wirtschaftskrise.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP