Syriens Machthaber bei Arabischer Liga Diese Umarmung ist für Assad ein Triumph
Mit seiner Teilnahme beim Gipfel der Arabischen Liga ist Assad auf die großen Bühnen zurückgekehrt. Doch in seinem Land gehen die Menschen auf die Barrikaden.
Es ist die nächste Stufe einer langsamen Rückkehr auf die diplomatische Bühne: Nach einem Jahrzehnt weitgehender Isolation hat Syriens Präsident Baschar al-Assad in Saudi-Arabien erstmals wieder an einem großen internationalen Treffen teilgenommen. Beim Gipfel der Arabischen Liga in Dschidda am Freitag sprach Assad von einer "historischen Gelegenheit" für die gesamte Region.
Im Bürgerkriegsland Syrien protestierten unterdessen Hunderte gegen die Normalisierung. Die syrische Opposition sprach von "Verrat" und einem "Unschuldszeugnis für einen Mörder". Überraschend nahm auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an dem Gipfel teil.
Erste Reihe im Gruppenfoto
Assad wurde von den Gastgebern in Dschidda herzlich empfangen. Saudi-Arabiens Kronprinz und faktischer Herrscher Mohammed bin Salman begrüßte ihn mit Umarmung und Bruderkuss. Assad ging lächelnd über den lilafarbenen Teppich. Beim Gruppenfoto stand er in erster Reihe, dabei plauderte er mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi und dem irakischen Premierminister Mohammed Schia al-Sudani. Zudem traf er sich mit Tunesiens Präsident Kais Saied.
Assad war lange Zeit stark isoliert, nachdem seine Regierung gegen Proteste 2011 und im darauffolgenden Bürgerkrieg mit äußerster Härte gegen die Bevölkerung vorgegangen war. Im Krieg wurden rund 14 Millionen Menschen vertrieben, mehr als 350.000 kamen ums Leben. Dem Machthaber werden Kriegsverbrechen wie der Einsatz von Giftgas und Fassbomben, Folter und außergerichtliche Tötungen vorgeworfen. Der Menschenrechtsorganisation SNHR zufolge starben allein 15.000 Zivilisten durch Folter, 150.000 wurden willkürlich festgenommen.
Macht derzeit zementiert
Im Bürgerkrieg unterstützten die meisten Nachbarn in der Region die Opposition. Inzwischen hat sich jedoch die Ansicht durchgesetzt, dass Assad beherrschende Kraft im Land bleiben dürfte. Seine Truppen kontrollieren mit Verbündeten etwa zwei Drittel Syriens. Mehrere Länder hoffen, den Einfluss Irans in Syrien zu verringern oder Fragen zur Rückkehr syrischer Flüchtlinge sowie Drogenschmuggel zu klären.
Bisher ist nicht bekannt, ob Syriens Rückkehr in die Liga an konkrete Bedingungen geknüpft ist. Syrien solle "seine natürliche Rolle" in der Region wieder einnehmen, heißt es in der Abschlusserklärung des Gipfels. Dieser befasste sich auch mit Konflikten im Sudan, im Jemen sowie zwischen Israelis und Palästinensern.
Der syrische Oppositionelle George Sabra sagte, die Opposition fühle sich "verraten". Assad und seine Verbündeten Russland und Iran töteten "immer noch täglich", sagte Sabra der Deutschen Presse-Agentur. "Es ist, als würden sie diesem Mörder ein Unschuldszeugnis ausstellen, während die ganze Welt immer noch fordert, ihn für die begangenen Verbrechen gegen das syrische Volk vor Gericht zu stellen."
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"Verrat an Opfern der Gräueltaten"
Die in Berlin lebende syrische Aktivistin Wafa Mustafa sprach von einem "Verrat an allen Syrern, die Opfer der Gräueltaten des Assad-Regimes wurden". Die Normalisierung sei eine "Botschaft, dass Kriegsverbrecher keine Konsequenzen für ihr Handeln tragen werden", schrieb sie in einem Gastbeitrag für den "Guardian". Im Nordwesten Syriens protestierten Hunderte gegen Assads Gipfel-Teilnahme.
Überraschend reiste zu dem Gipfel auch der ukrainische Präsident Selenskyj an – zeitgleich zur Wiederaufnahme Assads, der Russland zu seinen wichtigsten Verbündeten zählt. Einigen der 22 Liga-Mitglieder warf er mangelnde Unterstützung seines Landes in Russlands Angriffskrieg vor. "Leider drücken einige auf der Welt und hier in Ihrem Kreis ein Auge zu", sagte Selenskyj. Nach einem Treffen mit Kronprinz Mohammed bot dieser sich erneut als Vermittler an, sprach anschließend aber lediglich von der "ukrainisch-russischen Krise". Saudi-Arabien unterhält gute Beziehungen mit Moskau.
Westen isoliert Assad weiterhin
Assad sprach von einer "historischen Gelegenheit" für die Region. "Ich hoffe, dass dieser Gipfel den Beginn einer neuen Phase arabischen Handelns in Solidarität markieren wird". Katars Emir Tamim bin Hamad Al Thani, dessen Land eine Normalisierung mit Syrien wie Kuwait und Marokko weiterhin ablehnt, reiste vor Assads Rede ab.
Für westliche Länder wie die USA und Deutschland sind Gespräche mit der Assad-Regierung tabu, gegen die EU und USA umfassende Sanktionen verhängt haben. Ende November könnte Assad auch wieder auf westliche Staats- und Regierungschefs treffen: Er ist zur Weltklimakonferenz COP28 in Dubai eingeladen, an der etwa auch US-Präsident Joe Biden oder Bundeskanzler Olaf Scholz teilnehmen könnten.
- Nachrichtenagentur dpa