Knappes Ergebnis Dänische Regierung tritt trotz Wahlsieg zurück
Lange blieb es spannend, doch am Ende holte das Bündnis um Regierungschefin Fredriksen die Mehrheit. Dennoch will sie zurücktreten. Warum?
Die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat nach der Parlamentswahl in Dänemark angekündigt, noch am Mittwoch den Rücktritt ihrer Regierung bei Königin Margrethe II. einzureichen. Das sagte die 44-Jährige am frühen Mittwochmorgen vor Parteianhängern in Kopenhagen, obwohl das Mitte-links-Bündnis um ihre Sozialdemokraten bei der Wahl in letzter Minute doch noch eine höchstwahrscheinliche Mehrheit erhalten hatte.
Das Linksbündnis um die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat die Parlamentswahl in Dänemark gewonnen. Dem in der Nacht auf Mittwoch veröffentlichten Endergebnis zufolge entfielen auf Frederiksens "roten Block" insgesamt 90 von 179 Sitzen im dänischen Parlament – und somit eine knappe Regierungsmehrheit. Frederiksen kündigte nach Bekanntgabe des Ergebnisses noch für Mittwoch den formellen Rücktritt ihrer Regierung und Koalitionsverhandlungen für eine breite Koalition an.
Sozialdemokraten sind deutliche Sieger
Auf dem dänischen Festland bekam Frederiksens "roter Block" 87 Sitze, hinzu kamen drei Sitze in Grönland und auf den Färöer-Inseln. Das "blauer Block" genannte Bündnis aus Liberalen, Konservativen und Rechtspopulisten kam bei den Wahlen auf insgesamt 73 Sitze. Die Moderaten-Partei von Ex-Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen zieht mit 16 Abgeordneten erstmals in Parlament ein.
Frederiksens Sozialdemokraten sind die eindeutigen Sieger der Wahl: Für die Partei stimmten 27,5 Prozent der Wähler, wodurch sie auf 50 Sitze im Parlament in Kopenhagen kam. Im Vergleich zur Wahl im Jahr 2019 legte die Partei um 1,6 Prozentpunkte zu. Meinungsumfragen hatten dagegen auf ein historisch schlechtes Resultat für die Sozialdemokraten gedeutet, die am Dienstagabend veröffentlichten Nachwahlbefragungen ließen vermuten, dass keine der beiden Blöcke eine Mehrheit erreicht hatte.
Frederiksen für breite Zusammenarbeit politischer Mitte
Mit ihrem Rücktritt will Frederiksen den Weg für eine neue sogenannte Königinnenrunde freimachen. Dabei wird geschaut, welcher der Parteichefs die besten Chancen hat, sich auf die Suche nach einer neuen Regierung zu machen.
Da die Sozialdemokraten erneut die mit Abstand stärkste Kraft geworden sind, dürfte Frederiksen diesen Sondierungsauftrag erneut erhalten. Sie könnte dann die Möglichkeiten für eine für Dänemark seltene breite Regierung über die politische Mitte hinweg ausloten.
Frederiksen hatte angekündigt, eine blockübergreifende Regierungszusammenarbeit anzustreben. Bislang führt sie eine rein sozialdemokratische Minderheitsregierung, die sich im Parlament in erster Linie von den linksgerichteten Parteien unterstützen lässt.
Vorherrschende Themen im Wahlkampf waren neben dem Kampf gegen die Inflation vor allem Klimafragen und die Gesundheitspolitik. Am Sonntag hatten sich rund 50.000 Menschen, darunter Frederiksen, an einem Klima-Marsch durch Kopenhagen beteiligt. Die Zuwanderung spielte keine Rolle, in dem EU-Land herrscht seit gut 20 Jahren parteiübergreifende Einigkeit hinsichtlich einer restriktiven Einwanderungspolitik.
Regierung hatte Zuchtnerze töten lassen
Frederiksen verkörpert seit ihrem Amtsantritt als Regierungschefin den neuen Kurs der dänischen Sozialdemokraten. Die Partei verknüpft eine restriktive Einwanderungspolitik mit dem Versprechen, den Wohlfahrtsstaat zu schützen.
Frederiksens Gesamtmanagement des Landes während der Corona-Pandemie wurde zwar gelobt, allerdings verfolgt die 44-jährige Ministerpräsidentin seit längerem der "Nerzskandal": Im Zuge der Corona-Pandemie hatte ihre Regierung im November 2020 die Tötung aller rund 15 Millionen Zuchtnerze im Land angeordnet. Damit sollte die Verbreitung einer mutierten und auf den Menschen übertragbaren Form von Sars-CoV-2 verhindert werden, von der befürchtet wurde, dass sie die Wirksamkeit künftiger Impfstoffe beeinträchtigen könnte.
Wie sich später herausstellte, fehlte für die Maßnahme eine rechtliche Grundlage, sie wurde erst im Nachhinein geschaffen. Daraufhin forderten linke wie rechte Parteien Neuwahlen. Eigentlich hätten die nächste Parlamentswahl erst im Juni 2023 stattfinden sollen.
- Nachrichtenagenturen dpa und afp