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Brexit-Poker: Theresa May bringt warme Worte mit – aber keine neuen Ideen


Brexit-Poker beim EU-Gipfel
May bringt warme Worte mit – aber keine neuen Ideen

Von dpa, afp
Aktualisiert am 18.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Theresa May in Brüssel:Die britische Premierministerin verhandelt mit der EU über den Brexit.Vergrößern des Bildes
Theresa May in Brüssel:Die britische Premierministerin verhandelt mit der EU über den Brexit. (Quelle: Thierry Roge/BELGA/dpa-bilder)
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Können sich Großbritannien und die EU doch noch auf ein Brexit-Abkommen einigen? Außer netter Worte kommt beim EU-Gipfel nicht viel rum. Vor allem an einem Punkt hakt es gewaltig.

Trotz des bislang fehlenden Durchbruchs in den Brexit-Verhandlungen wollen die EU-Regierungen die Hoffnung auf eine Einigung nicht aufgeben. Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, aber auch die britische Premierministerin Theresa May lobten vor Beginn des EU-Gipfels am Mittwoch in Brüssel, dass in den vergangenen Wochen erhebliche Fortschritte erzielt worden seien. "Aber jetzt ist die Zeit für eine Einigung", mahnte Macron. "Das wäre für alle Seiten besser", sagte auch Merkel. Ähnlich äußerte sich May.

Zugleich blieb die Regierungschefin aus London neue Vorschläge schuldig, die Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen bringen könnten. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani brachte Mays Auftritt vor den EU-Chefs am Abend so auf den Punkt: "Inhaltlich gibt es nichts substanziell Neues, aber ich spüre den politischen Willen, Fortschritte zu erreichen."

May sagte in den abendlichen Beratungen laut Teilnehmern, dass sie das Angebot einer längeren Übergangsfrist für Großbritannien nach 2020 prüfen werde. Knackpunkt ist weiter die Frage, wie sich eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland vermeiden lässt. Zuvor hatten die deutschen Exporteure wegen der Gefahr eines harten Brexits ihre Prognose gesenkt.

Keine neuen Angebote aus London

Auf dem EU-Gipfel stellte May ihren 27 EU-Partnern am Abend den Verhandlungsstand aus britischer Sicht vor und betonte die gemachten Fortschritte. Die EU-Partner hätten darauf sehr freundlich reagiert, hieß es. Dann tagten die EU-27 unter sich.

EU-Chefunterhändler Michel Barnier gab seinerseits nach Teilnehmerangaben einen Überblick, bevor EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker die Regierungschefs über die nötigen Vorbereitungen für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen - das "No Deal"-Szenario - briefte. Dieses fürchten die Regierungen, aber auch die europäischen Unternehmen wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit am meisten.

Eigentlich habe man am Wochenende die Hoffnung gehabt, sich heute auf den Austrittsvertrag einigen zu können, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Anfang der Woche hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach dem Scheitern der Gespräche dann aber Skepsis geäußert, ob überhaupt noch eine Lösung mit London zu erreichen sei. Er sagte am Mittwochabend, dass man "viel mehr Zeit" benötige.

Merkel: "Die Tücke liegt hier sehr im Detail"

"Jeder, der schon einmal internationale Verhandlungen geführt hat, weiß natürlich, dass das schwierigste bekanntermaßen zum Schluss kommt - und die Tücke liegt hier sehr im Detail", hatte Merkel am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung erklärt. "Zugleich gehört es selbstverständlich ebenso zu einer verantwortungsvollen und vorausschauenden Regierungsführung dazu, dass wir uns auf alle Szenarien vorbereiten - das heißt einschließlich der Möglichkeit, dass Großbritannien ohne ein Abkommen die Europäische Union verlässt."


Etliche EU-Regierungschefs wie der luxemburgische Ministerpräsident Xavier Bettel und die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite forderten in Brüssel mehr Kompromissbereitschaft der Briten. "Jetzt ist Großbritannien am Zug", sagte auch Österreichs Kanzler Sebastian Kurz. Grybauskaite hält es für möglich, dass nicht nur im November, sondern auch danach weitere Brexit-Krisengipfel nötig sind und kritisierte, dass Großbritannien nach wie vor nicht klar sage, was es eigentlich wolle. Nach einer Einigung müssten sowohl das britische als auch das europäische Parlament einen Austrittsvertrag ratifizieren.

Längere Übergangsfrist für die Briten, oder nicht?

Die EU-Regierungen zeigten sich offen für einen Vorschlag der EU-Kommission, für Großbritannien nach dem Brexit Ende März notfalls die Übergangsperiode über 2020 hinaus zu verlängern, in der das Land noch Mitglied des EU-Binnenmarktes ist. May wollte sich dazu in Brüssel nicht äußern, sondern setzte auf eine Lösung in den Verhandlungen. Sowohl in London als auch in EU-Kreisen war darauf verwiesen worden, dass eine längere Übergangsfrist das Problem der künftigen Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und der zum Königreich gehörenden Nord-Irland ohnehin nicht lösen werde.

Der irische Ministerpräsident Leo Varadkar erklärte allerdings in Brüssel, dass diese längere Periode nötig sein könnte, weil das Aushandeln eines Vertrages über das zukünftige Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien sowie die dann ebenfalls nötige Ratifizierung länger als zwei Jahre dauern würden. Er pochte erneut auf eine rechtliche verbindliche Zusage Großbritanniens, Backstop genannt, dass es in Zukunft keine harte Grenze auf der irischen Insel geben werde.

Die britische Autoindustrie warnte unterdessen, ein ungeregelter Brexit könne die Branche zwei Jahrzehnte zurückwerfen. Die "Just-in-Time"-Produktion sei von einem reibungslosen Handel zwischen der EU und Großbritannien abhängig, erklärten der Auto-Verband ACEA, der Zuliefer-Verband CLEPA sowie der Autobauer BMW und der Bremsenhersteller Brembo.

Auch der Chef des irischen Billigfliegers Ryanair, Michael O'Leary, bezeichnete die Aussicht auf einen ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU als besorgniserregend. Es sei möglich, dass Flugzeuge dann für bis drei Wochen am Boden bleiben müssten, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. "Das wäre sehr schmerzhaft." Ryanair sei aber ein großes Unternehmen. "Wir können das überleben."

Verwendete Quellen
  • Reuters
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