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Ungarn: Viktor Orbán empört mit Rede im EU-Parlament


"Lassen Sie uns Europa wieder groß machen"
Orbán empört mit Rede im EU-Parlament

Von dpa, afp
09.10.2024Lesedauer: 3 Min.
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Der ungarische Ministerpräsident und EU-Ratspräsident Viktor Orbán spricht im Europäischen Parlament: "Lassen Sie uns Europa wieder groß machen", rief er den Abgeordneten zu. (Quelle: Jean-Francois Badias/dpa)

Ungarn hat in diesem Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft inne. Dies nahm Regierungschef Viktor Orbán zum Anlass für eine Rede im EU-Parlament. Seine Aussagen führten zu scharfer Kritik.

Die Abgeordneten im Europaparlament haben sich einen harten Schlagabtausch mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán geliefert. Orbán forderte in Reaktion auf die anhaltende illegale Migration in die EU regelmäßige Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Schengenstaaten.

Man erlebe eine Migrationskrise wie seit 2015 nicht mehr, sagte der rechtspopulistische Politiker in einer Rede im Europäischen Parlament zu den Prioritäten des ungarischen Ratsvorsitzes in diesem Halbjahr. Es bestehe das Risiko, dass der eigentlich grenzkontrollfreie Schengen-Raum auseinanderbreche. An ihm beteiligen sich derzeit 25 der 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz.

Konkret forderte Orbán, Asylverfahren künftig in Staaten außerhalb der EU in externen "Hotspots" durchzuführen und Schutzsuchende vorher nicht mehr in die Union zu lassen. "Wir können nur diejenigen in die EU hineinlassen, die eine entsprechende Erlaubnis vorab dafür bekommen haben", sagte er laut Parlamentsübersetzung. "Das ist die einzige Lösung. Alles andere ist eine Illusion."

Orbán: "Lassen Sie uns Europa wieder groß machen"

Orbán hatte jüngst bereits angekündigt, dass Ungarn sich – wenn möglich - künftig nicht mehr an der EU-Migrationspolitik beteiligen will. Seiner Regierung ist insbesondere auch die jüngst beschlossene Asylreform ein Dorn im Auge, nach der Mitgliedstaaten künftig zu Solidarität mit besonders stark von Migration betroffenen EU-Staaten verpflichtet werden sollen.

Illegale Migration führe zu wachsendem Antisemitismus, wachsender Gewalt gegen Frauen und wachsender Homophobie, behauptete Orbán. Der seit Jahren wachsende Migrationsdruck sei eine signifikante Belastung – insbesondere für Mitgliedstaaten mit einer EU-Außengrenze. Das aktuelle europäische Asylsystem funktioniere einfach nicht.

"Lassen Sie uns Europa wieder groß machen", rief der Rechtsnationalist den Abgeordneten zu. Er zitierte damit das Motto der Ratspräsidentschaft, eine Abwandlung des Slogans "Make America Great Again" von US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump. Orbán hatte zuvor bereits erklärt, er werde im Fall eines Siegs des Rechtspopulisten Trump bei der US-Wahl am 5. November "mehrere Flaschen Champagner öffnen".

Von der Leyen: "Das ist eine Hintertür für ausländische Einmischung"

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erwiderte in einer Rede, jeder verstehe, dass die Migration eine europäische Herausforderung sei, die eine europäische Lösung erfordere. Dafür gebe es aber das neue Migrations- und Asylpaket, das nun umgesetzt werden müsse.

Von der Leyen kritisierte die ungarische Regierung unter anderem dafür, Schleuser vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen zu haben, Russen ohne zusätzliche Sicherheitschecks ins Land zu lassen und es der chinesischen Polizei zu erlauben, in Ungarn zu arbeiten. "Das ist keine Verteidigung der Souveränität Europas. Das ist eine Hintertür für ausländische Einmischung", sagte die deutsche Spitzenpolitikerin. Orbán werfe seine Probleme nur seinen Nachbarn über den Zaun.

Zudem warf sie Ungarn vor, sich nicht an europäische Absprachen zu halten. Nach Russlands Angriff auf die Ukraine hätten alle Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen, sich unabhängiger von russischer Energie zu machen und Alternativen zu suchen. Insbesondere ein Mitgliedstaat habe jedoch nur nach Alternativen Ausschau gehalten, wie es weiter russische Energie kaufen könne.

Orbán bezeichnet von der Leyen als politische Waffe

Orbán erwiderte, er habe eigentlich nicht über Differenzen sprechen wollen. Er sagte, Ungarn habe die EU vor 2.000 Schleusern bewahrt. Zudem bezeichnete er von der Leyen als politische Waffe, die gegen Patrioten eingesetzt werde. Er lehne voll und ganz ab, was von der Leyen gesagt habe.

Die Deutsche hatte Orbán zuvor zudem dafür gerügt, dass Unternehmen aus anderen EU-Staaten in Ungarn etwa durch höhere Steuern oder willkürliche Inspektionen diskriminiert würden. Zudem profitiere in Ungarn nur eine kleine Gruppe von öffentlichen Aufträgen.

Weber: Treffen mit Putin und Xi war "Propagandashow"

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU) äußerte sich "schockiert", weil Orbán die Lage in der Ukraine mit keinem Wort erwähnt hatte. Orbáns Treffen mit Putin, Trump und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping verurteilte Weber als "Propagandashow für die Autokraten".

Video | Orbán überraschend zu Besuch bei Putin
Quelle: Glomex

Rednerinnen und Redner der Sozialdemokraten, Grünen und Linken kritisierten zudem massive Grundrechtsverstöße und die Veruntreuung von Steuerzahlergeld in Ungarn. Die EU hat wegen der Missstände mehr als 20 Milliarden Euro an Fördergeldern für das Land eingefroren – was Orbán wiederholt als "Erpressung" angeprangert hat.

Orbán-Rivale: Ungarn ist "eines der korruptesten Länder" der EU

In der Straßburger Debatte trat auch Orbáns ungarischer Rivale Péter Magyar auf. Er sagte, unter Orbán sei Ungarn "eines der korruptesten Länder in der Europäischen Union" geworden. Der Oppositionsführer von der Mitte-Rechts-Partei Tisza sitzt seit Juni im Europaparlament.

Politiker aus Orbáns neuer Rechtsaußen-Fraktion "Patrioten für Europa" äußerten sich hoch zufrieden über dessen Rede und sprachen von "frischem Wind" im Europaparlament. Neben Orbáns Fidesz-Partei gehören zu den "Patrioten" unter anderem das Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung) der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen und die FPÖ aus Österreich. Das Rechtsaußenlager hatte bei den Europawahlen Anfang Juni deutlich zugelegt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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