Orbán auf "Friedensmission" Jeden Tag ein anderer Diktator
Ungarns Präsident ist in China eingetroffen. Dort befindet er sich laut eigener Aussage auf einer "Friedensmission". Die EU und die USA sehen das ein bisschen anders.
Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán ist auf seiner selbst erklärten "Friedensmission" in China eingetroffen. "Friedensmission 3.0", schrieb Orbán am Montag im Onlinedienst X zu einem Foto, das ihn nach der Landung in Peking zeigte.
Dort veröffentlichte er auch ein Foto, das ihn bei der Begrüßung durch die chinesische Vize-Außenministerin Hua Chunying am Flughafen zeigt. Chinas amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua zufolge will Orbán Staats- und Parteichef Xi Jinping zu einem Gespräch treffen. Das chinesische Außenministerium erklärte, der Ungar werde mit Chinas Präsident zu Gesprächen über "Themen von gemeinsamem Interesse" zusammentreffen.
Xi war im Mai auf einer Europa-Reise auch in Ungarn. Budapest und Peking haben schon länger gute Beziehungen. Orban war im Oktober einer von wenigen europäischen Vertretern und einziger EU-Regierungschef, der bei Chinas Forum zur "Neuen Seidenstraße" teilgenommen hatte. Ungarn ist außerdem Teil jenes chinesischen Investitionsprojekts, mit dem die Volksrepublik weltweit Infrastruktur-Projekte umsetzt und damit auch ihren Einfluss ausbaut.
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Kritik an Orbáns Reise
Dem ungarischen Ministerpräsidenten wird von der Opposition und von Kritikern vorgeworfen, in seinem Land autoritäre Machtstrukturen geschaffen zu haben. Nun begibt er sich also auf eine Weltreise zu Gleichgesinnten. Jeden Tag ein anderer Diktator könnte man sagen.
In den vergangenen Tagen war Orbán bereits überraschend nach Russland gereist. Auch die Moskau-Reise hatte er als "Friedensmission" bezeichnet. Orbáns Treffen mit Russlands Staatschef Wladimir Putin wenige Tage nach der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Ungarn hatte hingegen scharfe Kritik von Seiten der EU und von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ausgelöst. Auch das Weiße Haus äußerte sich kritisch.
Orbán unterhält trotz des Ukraine-Krieges weiter enge Beziehungen zu Moskau und stellt sich gegen die EU-Linie. Sanktionen gegen Russland und Finanzhilfen der EU für Kiew hat der pro-russische Regierungschef mehrfach verzögert. Zudem kritisierte er die Eröffnung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine.
Die AfD-Fraktion im Bundestag hat die umstrittene Reise des ungarischen Regierungschefs nach Moskau als "Friedensinitiative" denn auch ausdrücklich begrüßt. "Ungarn geht voran und spricht vom ersten Tag seiner EU-Ratspräsidentschaft mit beiden direkten Konfliktparteien. Das ist eine Kernforderung der AfD-Fraktion seit Beginn des Krieges", erklärte der außenpolitische Sprecher der Fraktion, Matthias Moosdorf.
ISW: Kein echter Verhandlungswille bei Putin
Orbán sei der derzeit einzige europäische Staatschef, der überhaupt über intakte Gesprächskanäle verfüge. "Die AfD-Fraktion begrüßt, dass nun auf allerhöchster europäischer Ebene die Möglichkeiten eines baldigen Waffenstillstands mit dem Ziel von Friedensgesprächen priorisiert werden. Orbán deklassiert damit vor allem die EU und deren sonstiges Personal als Kriegstreiber, die nicht in europäischem Interesse handeln", so Moosdorf.
Putin zeigt nach Einschätzung von US-Experten auch nach seinem Treffen mit Orbán keinen echten Willen für Verhandlungen in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine. "Putin forderte stattdessen eine Kapitulation der Ukraine durch "Entmilitarisierung" und die Übergabe bedeutender Territorien, die Russland derzeit nicht besetzt hält", teilten die Analysten des Instituts für Kriegsstudien (ISW) in Washington mit.
Putin habe zudem an zwei Tagen hintereinander eine Feuerpause in dem Konflikt abgelehnt. Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, eine Feuerpause für die Neuaufstellung und frische Bewaffnung von Truppen nutzen zu können.
Zum Besuch Orbáns am Freitag bei Putin stellten die ISW-Experten fest, dass der ungarische Regierungschef wohl versuche, die Aufmerksamkeit des Westens weg von der militärischen Hilfe für die Ukraine hin zur Möglichkeit von Friedensverhandlungen zu lenken. Orbán wolle sich als potenzieller Vermittler für eine Beendigung des Kriegs in der Ukraine in Stellung bringen, obwohl Putin kein Interesse daran habe.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP