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Branchen-Experte Ferdinand Dudenhöffer: "Autokunden haben Angst vor der Krise"


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Branchen-Experte Dudenhöffer
"Kaufprämie für Autos wird nicht kommen"

InterviewVon Markus Abrahamczyk

15.05.2020Lesedauer: 3 Min.
Eine VW-Fabrik in Portugal: Die Autohersteller leiden unter der Corona-Krise.Vergrößern des Bildes
Eine VW-Fabrik in Portugal: Die Autohersteller leiden unter der Corona-Krise. (Quelle: ZUMA Wire/imago-images-bilder)

Absatzeinbrüche um bis zu 99 Prozent: Die Corona-Krise ist längst auch zur Auto-Krise geworden. Deshalb verlangen die Hersteller eine Kaufprämie vom Staat. Die aber wird nicht kommen, sagt ein Experte.

Man hielt sie schon für beschlossene Sache. Bereits Wochen vor dem geplanten Auto-Gipfel zwischen Industrie und Politik erhöhten die Konzerne täglich den öffentlichen Druck auf die Regierung, um ihre Forderung einer Kaufprämie für Neuwagen durchzusetzen. Mit den Steuermilliarden würde die wichtige Schlüsselindustrie besser aus der Corona-Krise kommen, argumentierten sie.

Dann kam es aber doch anders: Der Auto-Gipfel platzte im letzten Moment, die Regierung schob ihre Entscheidung auf. Und auf einmal war in der Frage der Kaufprämie überhaupt nichts mehr sicher. Zu t-online.de sagt ein Branchenexperte: Eine staatliche Kaufprämie für Neuwagen wird es nicht geben. Und das habe sich die Autoindustrie teilweise selbst zuzuschreiben. Ohnehin gebe es ein sinnvolles Instrument, um die Wirtschaft aus der Krise zu führen.

Wie das gelingen könnte, erklärt Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer vom Institute Customer Insight (ICI) der Universität St. Gallen im Interview mit t-online.de.

t-online.de: Autokonzerne und Ministerpräsidenten der Auto-Länder Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen fordern eine Abwrackprämie. Andere Stimmen sagen, so eine Prämie würde keinen Nutzen bringen.

Prof. Ferdinand Dudenhöffer: Eine neue Abwrackprämie wäre ökonomischer Unsinn und sie wird auch nicht kommen. Die Autobranche ist bei der Prämien-Diskussion sehr amateurhaft in Erscheinung getreten. Mit Dieselgate und der Entscheidung zur Ausschüttung der Gewinne und Boni des letzten Jahres mitten in der Corona-Krise gewinnt man nicht den Nobelpreis für Sympathie. Dazu kommt das isolierte, unabgestimmte Verhalten der einzelnen Vertreter der Autoindustrie. Und obendrein: ein egoistisches eigenes Vorpreschen ohne etwa andere Industrien im Rahmen des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) mitzunehmen. Naiv und unglücklich. Wir brauchen mehr als nur die Autoindustrie, um den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen.

Deshalb wird auch gefordert, das Geld in die Infrastruktur zu investieren, beispielsweise ins Ladenetz für Elektroautos.

Infrastrukturmaßnahmen klingen gut, scheitern aber an der Realität. Bis das zum Laufen kommt, verstreicht sehr, sehr viel Zeit und ausgerechnet Zeit haben wir wirklich nicht. Bahn, schnelles Internet (5G), Stromtrassen, Wasserstoffwirtschaft – es dauert Jahre. Zuerst müssen bei Behörden Mitarbeiter für Ausschreibungen eingestellt werden, dann werden Ausschreibungen gemacht. Damit sind schon mehr als zwölf Monate verloren. Und dann kommen die Engpässe bei den Firmen und Dienstleistern. Geben Sie der Bahn mal 20 Milliarden und warten bis die erste Schiene verlegt wird. In den nächsten drei Jahren wird sich wenig bewegen, gleichzeitig fallen wir noch tiefer in die Rezession. Es braucht Maßnahmen, die schnell wirken und keine rosa Elefanten.

Also keine Abwrackprämie und kein Geld für die Infrastruktur. Was sollte stattdessen getan werden?

Der Schlüssel ist der private Konsum. Nicht für Alltagsprodukte, sondern für höherwertige Produkte, also alles, was etwa mehr als 10.000 Euro kostet. Da sind die Kunden heute übervorsichtig. Sie haben Angst vor der Krise. Also muss man ihnen eine Karotte hinhalten. Preise, die man nur jetzt kriegt. Aktien kauft man, wenn die Kurse niedrig sind. Die Einbauküche oder das neue Auto, wenn man den Superpreis mitnehmen kann. Daher die Mehrwertsteuer aussetzen für sechs oder neun Monate. Ich bin überzeugt, die Unternehmen werden da noch was draufsatteln. So können wir die Pferde wieder schnell zum Saufen bringen. Ideal wäre, wenn das nicht nur Berlin täte, sondern auch Brüssel die EU-Staaten dazu ermuntern würde.

Das würde auch den Autobauern zugutekommen, die in Deutschland noch vergleichsweise gut dastehen: In einigen Märkten ist der VW-Absatz um 99 Prozent eingebrochen. VW verkauft dort also praktisch keine Autos mehr. Wie gefährlich kann diese Entwicklung werden?

Die deutschen Konzerne sind weltweit gut aufgestellt – weil sie in China stark sind. Wer heute in China gut aufgestellt ist, hat den Joker auf der Hand. VW verkauft dort 40 Prozent seiner Autos, BMW und Daimler ungefähr jedes dritte. Was früher kritisiert wurde – ein starkes China-Geschäft –, wird nun zum Glücksfall.

Sie sehen also unsere Konzerne im Vorteil?

Schauen Sie sich mal Ford, Peugeot-FiatChrysler, Toyota oder Honda an: Sie alle haben riesige Probleme. Weil sie ihr Geschäft vor allem in Europa und Nordamerika machen. Diese Märkte werden sich aber nur langsam erholen – anders als in China. Sie werden deshalb als Verlierer aus der Krise hervorgehen.

Und das China-Geschäft der US-Hersteller wird wegen Donald Trumps wirtschaftlichem Bombardement künftig noch schwieriger. Da wird man mit Widerstand aus Peking rechnen müssen. Deshalb haben global gesehen die Deutschen langfristig die besten Karten.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dudenhöffer!

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