Muss das Auto dreckig bleiben? Tankstellen wehren sich gegen Waschverbot am Sonntag

Wer sich am Sonntag ein frisch gewaschenes Auto wünscht, hat in vielen Bundesländern schlechte Karten. Auch für automatisch arbeitende Waschanlagen ohne Personal gilt dort Feiertagsruhe. Sehr zum Ärger der Tankstellenbetreiber.
Unterbodenwäsche, Felgenreinigung und Hochglanzpolitur: Wenn es um Autopflege geht, machen viele Tankstellenkunden keine Kompromisse. "Die Autowäsche ist innerhalb der Tankstelle das rentabelste Geschäft überhaupt", berichtet Herbert Rabl, Sprecher des Interessenverbands der Tankstellenbetreiber. "Die Leute sind locker bereit, alle ein bis zwei Wochen neun bis 18 Euro für eine Autowäsche auszugeben", sagt Rabl.
Auf die zusätzlichen Einnahmen seien viele Tankstellenpächter dringend angewiesen, da sie mit dem reinen Spritverkauf nur 20 Prozent ihres Verdienstes erwirtschaften könnten. Doch die Verdienstchancen sind in Deutschland nach Auffassung der Tankstellenbetreiber regional unterschiedlich verteilt. Nur in der Hälfte der deutschen Bundesländer und Stadtstaaten ist die automatische Autowäsche auch am Feiertag grundsätzlich möglich. In sechs Bundesländern drohen dagegen sogar Bußgelder.
Sonntags in die Waschanlage – wo ist das möglich?
Außer in Nordrhein-Westfalen stehen Kunden am Sonntag bei der Suche nach einer Autowäsche auch in folgenden Bundesländern vor verschlossenen Toren:
- Niedersachsen
- Bremen
- Rheinland-Pfalz
- Baden-Württemberg
- Saarland
Bei Ausnahmen droht dem Betreiber hier sogar ein Bußgeld. Keine Sonntagsruhe kennen hingegen Waschanlagen in diesen Bundesländern:
In Hessen und Bayern sind die Kommunen für die örtliche Regelung zuständig. Die Genehmigung werde in der Regel erteilt, nur in Ausnahmefällen müsse die Waschanlage während der Gottesdienstzeiten am Sonntagvormittag ruhen, um die Gläubigen nicht vom Kirchgang abzuhalten, berichtet Rabl. Europaweit sei das deutsche Sonntagswaschverbot ohnehin ein "Kuriosum", meint der Tankstellen-Lobbyist.
NRW befürchtet "Waschtourismus" und startet Umfrage
Der Tankstellenverband, in dem etwa 1.200 der bundesweit 14.000 Tankstellenbetriebe organisiert sind, formiert derzeit in Nordrhein-Westfalen den Widerstand gegen das Sonntagsverbot. Die betroffenen Tankstellenbetreiber sehen sich benachteiligt und fürchten einen "Waschtourismus" in verbotsfreie Bundesländer.
Bei einer in Nordrhein-Westfalen an den Tankstellenkassen durchgeführten nicht-repräsentativen Umfrage sollen nun NRW-Autofahrer gegen das Verbot mobilisiert werden. Eine ähnliche Umfrage in Hessen habe eine Zustimmungsquote von 85 Prozent gebracht, berichtet Rabl.
Verdi will das Sonntagswaschverbot aufrechterhalten
Widerstand gegen eine Aufhebung des Verbots kündigt dagegen die Gewerkschaft Verdi an. Eine Autowäsche am Sonntag sei weder eine Notwendigkeit noch ein Freizeitvergnügen, sagt Verdi-Sekretär Nils Böhlke in Düsseldorf. Wenn es zu Störungen oder Unfällen in der Waschanlage komme – etwa wenn jemand eingeklemmt werde – müssten auch bei automatischen Waschanlagen Menschen am Sonntag arbeiten, sagt Böhlke. Derzeit werde immer mehr versucht, auch den Sonntag für Geschäfte zu nutzen, klagt er. Gegen die Autowäsche am Sonntag sind auch die Kirchen.
Der Mineralölwirtschaftsverband als Interessenvertretung der Industrie unterstützt dagegen die Aktion der Tankstellenpächter. "Sonntags nicht nur tanken, sondern in der Waschstraße auch sein Auto waschen zu dürfen, ist in anderen Bundesländern längst üblich. So hat zuletzt etwa Sachsen das Sonntagswaschverbot gestrichen", sagt Sprecher Alexander von Gersdorff zu der Aktion in NRW. "Die freie Wahl des Tages bei der Autowäsche an der Tankstelle bedeutet ein Stück mehr Freiheit für Kundinnen und Kunden und eine Entzerrung des Alltags", so von Gersdorff.
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Eine Sprecherin des zuständigen NRW-Innenministeriums betont, dass derzeit keine Änderung des Feiertagsgesetzes des Landes geplant sei, sodass der Betrieb von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen weiter nicht zulässig sei. Demnach seien alle Arbeiten verboten, die die öffentliche Ruhe stören könnten. Dies gelte auch für Autowaschanlagen, bei denen kein Personal erforderlich sei.
ADAC rät von Fahrzeugwäschen im Freien ab
Aus Umweltschutzgründen rät der ADAC Autobesitzern aber davon ab, selbst zu Schwamm und Bürste zu greifen. Da sich bei der Autowäsche auch gelöstes Öl und Ruß im Abwasser sammeln könnten, sei der Besuch einer Waschanlage mit grundwasserschonendem Reinigungssystem zu empfehlen, heißt es in einer Stellungnahme. Meist verböten kommunale Satzungen ohnehin die Fahrzeugwäsche auf der Straße. Sogar auf dem eigenen Grundstück sei die Autowäsche oft untersagt und allenfalls mit klarem Wasser ohne Zusatz von chemischen Reinigungsmitteln zulässig.
- dpa