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Geschwindigkeits-Pflichtüberwacher ISA: Neuer Fahrassistent nervt


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Übereifriger Tempowarner
Neuer Pflicht-Assistent im Auto: Es nervt!


01.08.2024Lesedauer: 3 Min.
Verkehrszeichen erkannt: ISA weist auf Geschwindigkeitsüberschreitungen hin.Vergrößern des Bildes
Verkehrszeichen erkannt: ISA weist auf Geschwindigkeitsüberschreitungen hin. (Quelle: Volkswagen)

Neue Pflicht-Assistenten sollen Europas Straßen sicherer machen. Doch vor allem der intelligente Geschwindigkeitsassistent kann auch das Gegenteil bewirken.

Europas Straßen sollen sicherer werden. Dafür hat die EU seit rund einem Monat eine ganze Reihe neuer Assistenzysteme für alle neu zugelassenen Autos zur Pflicht gemacht: Dazu gehören Notbremsassistent, Notfall-Spurhalteassistent, Notbremslicht, Rückfahrassistent Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner, Reifendrucküberwachung – und ISA. Das steht für Intelligent Speed Assistance, deutsch etwa: Intelligenter Geschwindigkeitsassistent. ISA hat aber leider das Zeug dazu, den Verkehr unsicherer statt sicherer zu machen. Zumindest in der aktuellen Form.

Was tut ISA?

Das System kombiniert Assistenten wie die kamerabasierte Verkehrszeichenerkennung und Navigationsdaten. Es kennt die erlaubte Geschwindigkeit und weiß, wie schnell das Auto gerade ist. Wenn das gefahrene Tempo höher ist als das erlaubte, gibt ISA nach aktuellem Stand ein optisches Signal auf dem Tachodisplay und eine akustische Warnung aus. Möglich ist langfristig auch, dass das System das Auto sogar herunterbremst. Für neue Fahrzeugtypen ist der Assistent bereits seit Juli 2022 Pflicht. Im Sommer 2024 wurde die Regelung auf alle Neuwagen ausgeweitet.

Gnadenlos beginnt das System zu blinken und zu piepsen, sobald ein erkanntes Tempolimit nur um ein (!) km/h überschritten wird. Das Schlimme: Fallen Sie einmal kurz unter das erkannte Limit und überschreiten Sie es danach wieder leicht, fängt der Spaß von vorn an. Das kann je nach Auto unterschiedlich intensiv (und mit unterschiedlicher Frequenz) ausfallen, doch jedes zusätzliche Piepsen reizt die im Verkehrsgeschehen sowieso angespannten Nerven immer stärker: Man fühlt sich beinahe so, als würde man neben einem kleinen Kind sitzen, das mit voller Lautstärke Gameboy spielt.

Falschmeldungen und genervte Verkehrsteilnehmer

Noch dazu neigt das System zu Falschmeldungen und piept auch ohne Anlass, wie Sie hier nachlesen können. Und haben Sie beim Mitschwimmen im Verkehr einmal versucht, das Tempo genau einzuhalten? Besonders in Tempo-30-Zonen ist das beinahe unmöglich. Wer stur 30 fährt, läuft Gefahr, riskant überholt und geschnitten zu werden und bekommt zudem noch Mittelfinger und andere Handzeichen zu sehen. Und die Fahrer ohne ISA werden noch jahrelang in der Mehrzahl sein: Jahrzehnte werden noch vergehen, bis das System flächendeckend in allen Autos piepst.

Nach zehn Minuten bei einer Testfahrt war ich extrem genervt und spielte mit dem Gedanken, aus Prinzip durchgängig über der angezeigten Geschwindigkeit zu fahren, denn nach einer gewissen Zeit gibt das System sein Warnpiepen einfach auf. Die Gefahr: Man wird ignorant gegenüber Warntönen jeglicher Art. Und das kann auch nicht die Lösung sein.

Das System braucht eine Toleranzgrenze

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich befürworte keine Raserei und halte die meisten Tempolimits für absolut angebracht. Aber warum ist es möglich, dass Blitzer einen Toleranzabzug mit mindestens drei Kilometern pro Stunde und bei Geschwindigkeiten über 100 km/h von drei Prozent haben – aber der eingebaute Überwacher im Auto kein bisschen Schonfrist einräumt? Daher sollte das System dringend überarbeitet werden und gewisse Toleranzen ermöglichen, die der Autofahrerrealität entgegenkommen – 53 statt 50 km/h auf dem Tacho bis zum Piepsen zum Beispiel. So wäre der Assistent auch wirklich Helfer statt pure Gängelung.

Abschalten ist möglich – aber zu welchem Preis?

Eine andere Option ist, den Assistenten auszuschalten. Denn das geht – noch. Jedoch aktiviert sich das System bei jedem Motorstart neu, und nicht jeder Hersteller hat die Deaktivierung gleichermaßen einfach in seinem Bordcomputer untergebracht: Im vergangenen Monat habe ich zwei fabrikneue Autos getestet, den VW ID.7 und den Suzuki Swift. Während beim VW das Ganze mit drei Tipps auf das Zentraldisplay erledigt war, muss man beim Suzuki mit einem winzigen Knopf neben dem Tacho im Menü navigieren. Das während der Fahrt zu tun, wäre lebensgefährlich – und vor der Fahrt ist es zeitraubend. Zumal es wohl sinnlos ist, ein System zu haben, dass hauptsächlich dazu da ist, es abzuschalten.

Gut möglich, dass das Abschalten eines Tages nicht mehr möglich ist: Die Nutzerdaten der Systeme werden von den Behörden ausgewertet. Schalten zu viele Autofahrer regelmäßig ab, kann ISA auch zum nervigen Dauergast werden. Und wenn die Regelwut noch einen möglichen Schritt weitergeht, kann ISA irgendwann einmal das Auto automatisch einbremsen. Technisch wäre das nämlich schon jetzt möglich. Solange jedoch Tempolimits falsch erkannt werden, würde ISA zu einem ernsthaften Sicherheitsrisiko, das mit spontanen Bremsungen droht.

 
 
 
 
 
 
 

Durch ISA soll es jährlich bis zu 25.000 weniger Verkehrstote und 140.000 weniger Schwerverletzte geben, so die EU. Meine Prognose: Die Zahl der aggressiven Autofahrer wird bei einem System in dieser Ausführung ähnlich stark steigen. Tempolimits und Verkehrssicherheit – ja bitte. Aber bitte nicht in einem Korsett, das die Autofahrer fast erstickt.

Verwendete Quellen
  • Eigene Erfahrungen und Meinung
  • Archivmaterial
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