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Immer weniger Automodelle: Wie kommt das?


Diese Segmente sind bedroht
Immer weniger Automodelle: Was steckt dahinter?

Von dpa, mab

Aktualisiert am 09.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Immer weniger Kleinwagen: Hersteller wie Ford setzen eher auf SUV und andere teurere Segmente.Vergrößern des Bildes
Immer weniger Kleinwagen: Hersteller wie Ford setzen eher auf SUVs und andere teurere Segmente. (Quelle: Oliver Berg)

Ford Focus, Renault Zoe, Audi TT: Immer mehr Autos verschwinden vom Markt – vor allem in bestimmten Segmenten. Das hat Gründe. Und auch weitreichende Folgen.

Sie sind eine aussterbende Art: Die Auswahl an Kleinstwagen halbierte sich in den vergangenen zehn Jahren. Auch in anderen Segmenten wird das Angebot immer knapper. Wie geht es weiter? Und was sind die Gründe für diesen Schrumpfkurs?

Große Modelle bringen mehr Geld

Größere Autos, größere Gewinne: Teure Modelle bringen natürlich deutlich mehr Profit als kleine und vergleichsweise günstige Autos. Sie sind renditestärker. Denn die Produktionskosten der kleinen Modelle steigen stärker an als ihre Preise. Die Gewinne schrumpfen also. Für die Hersteller ist das Segment deshalb immer unattraktiver geworden.

Deshalb sinkt die Zahl der angebotenen Baureihen. Bei den Minis halbierte sie sich auf dem deutschen Markt binnen eines Jahrzehnts von 24 auf zwölf. Autos wie der Ford Ka, Opel Adam oder Citroën C1 liefen aus. Das trifft insbesondere Kleinstwagen-Baureihen mit Verbrennungsmotoren: Von 2017 bis 2022 ging ihre Zahl von 17 auf acht zurück. Und diese Entwicklung wird sich fortsetzen: Bei Renault etwa sieht Chef Luca de Meo für den Twingo keine direkte Fortsetzung. Und Ford Deutschland stellt die Produktion des Fiestas in Köln vorzeitig ein.

SUV-Boom und knappe Rohstoffe bedrohen Kleinstwagen

"Die SUVisierung ist weltweit erkennbar", sagt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. "In der Oberklasse bleibt der Verkaufstrend stark – die Marktanteile dürften sich weiter von unten nach oben verschieben." Benedikt Maier vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen erklärt: "In Zeiten von Rohstoffengpässen ist es eine logische unternehmerische Entscheidung, in erster Linie die margenstarken Produkte zu bringen."

Steigende Preise und das Warten aufs Auto

Die enorme Verteuerung von Energie und Metallrohstoffen seit Beginn des Ukraine-Kriegs und von Elektronikbauteilen seit der Corona-Krise ist ein Teil dieser Geschichte. "Die üblichen Preiserhöhungen der Hersteller erfolgten zuletzt in kürzeren Intervallen und in höherem Ausmaß", sagt Maier. Das geringere Angebot habe die Kosten für Einstiegsmodelle anziehen lassen. Dabei richten sich die Kleinen gerade an Haushalte, die nicht viel Geld ausgeben können, an Nutzer von Zweitfahrzeugen oder Liefer- und Pflegedienste. Für ihre teuren Modelle reservierte die Branche hingegen oft und gern die erhältlichen Chipkontingente.

Selbst in der Branche sieht mancher die Entwicklung kritisch. Bei einigen VW-Händlern etwa sorgt man sich um die künftigen Verkäufe. Eine hohe Führungskraft des zweitgrößten Autokonzerns sagte im Herbst: "Porsche, Audi oder Bentley wurden so bedient, wie sie es gebraucht haben. Dafür haben wir ein paar (VW) Polos, (Skoda) Fabias und (Seat) Ibizas weniger gebaut." Die Chip-Verfügbarkeit habe sich inzwischen aber verbessert. 2025 soll ein E-Kleinwagen in Polo-Größe (ID.2) für 25.000 Euro starten. "Wenn es so bleibt, lösen sich Polo und ID.2 nahtlos ab", gibt man sich im Moment zuversichtlich.

Entwicklungsbudgets und nötiges Volumen

Bis ein neu konzipiertes Massenmodell profitabel wird, vergehen oft Jahre. Zudem sind neue Technologien anfangs im oberen Segment wettbewerbsfähiger, solange sie noch relativ teuer sind. Für den späteren Durchbruch sind sogenannte Skaleneffekte wichtig: die Fähigkeit, über schiere Menge die Kosten so weit zu drücken, dass auch niedrigere Verkaufspreise Gewinn abwerfen.

Der Branchenverband VDA erklärt: "Durch Skaleneffekte werden die Modelle in Zukunft günstiger werden." Maier ist nicht so überzeugt: "Ich gehe nicht davon aus, dass die etablierten deutschen Hersteller mittelfristig aktiv das Klein(st)wagen-Segment erschließen wollen oder gar mit "Budget Car"-Konzepten aufschlagen werden."

Die Kleinen und das Klima

Sparsamere Verbrenner stoßen weniger CO2 aus. Bei kleinen E-Modellen soll der geringere Ressourcenverbrauch die Klimalast drücken. Voraussetzung ist, dass die Batterie mit Ökostrom geladen wird – und beim Ausbau der erneuerbaren Energien drängen Klimaschützer die Bundesregierung zu deutlich mehr Tempo. Viele kritisierten in der Chipkrise, kleine E-Autos hätten Nachteile gegenüber großen.

Volkswagens Pläne, die 2020 gestartete ID-Reihe nach unten auszuweiten, lobte selbst die sonst skeptisch eingestellte Umweltschutzorganisation Greenpeace. Warum ausgerechnet der VW E-Up und auch kleine Stromer anderer Hersteller vorher nicht mit Priorität bedacht werden, irritierte aber manchen Verkehrsexperte.

Die Euro-7-Pläne der EU

Andererseits betonen die Unternehmen, dass die verschärfte Verbrenner-Abgasnorm Euro-7 die Kosten gerade kleiner Modelle erhöhen und diese unattraktiver machen dürfte. "Der Preisanstieg, der aus den angeforderten Weiterentwicklungen entsteht, wird insbesondere Kleinwagen betreffen", warnt der VDA. Allzu ehrgeizig gemeinte Reinigungstechnik falle bei den Kleinen relativ gesehen stärker ins Gewicht. Der Vertreter eines großen Herstellers bemängelt "fehlende Planbarkeit" für die kommenden Jahre.

Einstiegsmodelle contra Autos für Besserverdiener

Viele Hersteller beteuern, man brauche weiter Modelle zur Hinführung an bestimmte Marken. Auch weil das "geteilte" Auto über Abo-Ansätze beliebter werde, ließen sich hohe Neuwagenpreise teils ausbalancieren. Bratzel sieht jedoch die Gefahr, dass die allgemeine Inflation billige Wagen generell verdängen könnte: "Die soziale Dimension von Auto-Mobilität muss mehr diskutiert werden. Ich nehme schon wahr, dass das Thema in Schichten mit weniger Geld emotional wahrgenommen wird. Wir müssen aufpassen, dass das nicht auch klimapolitisch nach hinten losgeht."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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