Briefe der Gebrüder Grimm Schokolade war in Deutschland früher bekannt als gedacht
Als Geburtsstunde der Essschokolade gilt bislang das Jahr 1828. Nun gibt es Hinweise, dass die Süßspeise hierzulande schon einige Jahre früher bekannt war.
Bis jetzt nahm man an, dass Schokolade in Deutschland seit 1828 gegessen wurde. Damals erfand der Niederländers Coenraad Johannes van Houtens die Kakaobutterpresse. Eine Wissenschaftlerin der Universität Kassel fand nun aber in Briefen der Gebrüder Grimm Worte, die auf eine neue Erkenntnis hindeuten.
Schokoladenkugeln schon 1812
Ihre Entdeckung machte die Kunsthistorikerin Andrea Linnebach-Wegner, als sie für ein Forschungsprojekt den Briefwechsel der Gebrüder Grimm mit ihren älteren Verwandten auswertete. "Ich stieß auf einige Stellen, in denen Schokoladenkugeln erwähnt werden und die mich als Kulturhistorikerin sofort elektrisierten", sagte Linnebach. So habe die Tante der Brüder Grimm, Henriette Zimmer, im Jahr 1812 an ihre Neffen geschrieben, dass sie ihnen Schokoladenkugeln schicke.
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Zimmer sei Kammerfrau der hessischen Kurfürstin gewesen. Sie soll auf die seltene Süßigkeit gestoßen sein, als sie während der französischen Besatzung Kassels 1806 mit ihrer Herrin nach Gotha ins Exil gegangen war. Der dortige Hofkonditor habe bereits sehr früh mit fester Schokolade experimentiert.
"Kulturhistorische Sensation"
Jacob und Wilhelm Grimm lebten zu dieser Zeit in Kassel und arbeiteten an den berühmten "Kinder- und Hausmärchen". In einem Brief vom 7. März 1812 bedankte sich Wilhelm für das "angenehme Chokolatgeschenk" und ergänzte: "Ich gehe nicht spatziren, ohne ein paar einzustecken." Durch diesen Briefwechsel sei Linnebach auf das Rezept eines Gothaer Hofkonditors für "Pralins von Chokolade" aufmerksam gemacht worden. Dabei dürfte es sich um die Geschenke der Tante Henriette gehandelt haben.
Linnebach nennt den Fund "eine kleine kulturhistorische Sensation". Ihre Edition des Briefwechsels erschien bereits im vergangenen Jahr. Der frühe Beleg für die Essschokolade sei den Angaben der Universität Kassel zufolge aber erst jetzt einer breiteren Öffentlichkeit bekanntgeworden, nachdem Linnebach eine Kasseler Schokoladenmanufaktur dazu angeregt habe, die Kugeln nach dem Gothaer Rezept herzustellen.
- Nachrichtenagentur dpa