Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zu viele Besucher Diese zehn Urlaubsorte wollen weniger Touristen
Die meisten Städte freuen sich über mehr Reisende. Einige Urlaubsorte sagen aber: Es reicht. Sie wollen Besucherströme reglementieren. Wo Menschenmassen nicht willkommen sind.
Stress und hohe Preise: Das sind die Folgen, wenn viele Touristen zu einem Reiseziel drängen. Von Erholung oder gar Genuss kann dann keine Rede mehr sein. Zu viele Touristen lassen nicht nur Kassen klingeln, sondern verursachen auch jede Menge Probleme: Müll, Wasserknappheit, Umweltschäden und den Verlust der Lebensqualität für die Einwohner, um nur einige zu nennen. Welche Reiseorte sich deshalb weniger Besucher wünschen würden.
1. Amsterdam, Niederlande
Die niederländische Metropole genießt den Ruf, lässig und liberal zu sein. Die meisten der jährlich 20 Millionen Besucher pilgern aber nicht wegen Rembrandts "Nachtwache" ins Reichsmuseum, sondern zum Feiern ins Zentrum mit seinem Rotlichtbezirk. Betrunkene Besucher, die sich daneben benehmen, sind den Einwohnern deshalb ein ewiges Ärgernis.
Mit strengen Auflagen für Privatvermieter, einer restriktiven Lizenzvergabe an touristische Geschäfte, dem Beer-Bike-Verbot sowie dem Versuch, auch Amsterdams unbekanntere Ecken zu vermarkten, versucht die Stadt die aus dem Ruder gelaufenen Touristenströme wieder in geordnete Bahnen zu lenken.
2. Angkor Wat, Kambodscha
Angesichts von 2,5 Millionen Besuchern pro Jahr ist vom verwunschenen Zauber der Tempelanlagen nur noch wenig zu spüren. Am Haupttempel und dem von riesigen Feigenbäumen überwachsenen Gebäudekomplex Ta Prohm stehen Menschenschlangen.
Die vielen Urlauber wirken sich aber nicht nur direkt zerstörend auf die Kultstätten aus, sondern auch indirekt. Aufgrund der Urbanisierung der Gegend sinkt der Grundwasserspiegel. Das könnte neben Wassermangel zu einem Absinken der Tempel führen.
Um die Massen etwas zu zügeln, wurden die Eintrittspreise drastisch erhöht: Besucher müssen rund 37 US-Dollar für einen Tag bezahlen. Außerdem wurden die Kassen dezentralisiert und die Zahl der Besucher des zentralen Turms am Haupttempel auf 100 Personen gleichzeitig beschränkt.
3. Barcelona, Spanien
32 Millionen Touristen kommen jährlich nach Barcelona. Die Hälfte aller Barcelona-Gäste bleibt aber nur wenige Stunden und steuert nur die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an. Das führt zu Staus und Gedränge auf der Flaniermeile La Rambla und in Antoni Gaudís nicht vollendeter Sagrada Família.
Die Einwohner reagieren zunehmend genervt. Die Stadt versucht derweil illegalen Ferienwohnungen beizukommen und die Massen zu steuern. Wer Gaudís Werk im Park Güell sehen will, muss nun Eintritt bezahlen. Maximal 400 Besucher werden je halbe Stunde zugelassen. An vielen Sehenswürdigkeiten sind außerdem nur noch Gruppen von maximal 15 Personen erlaubt.
4. Dubrovnik, Kroatien
Die große Beliebtheit von Kreuzfahrten bedeutet für viele Reiseziele inzwischen mehr Fluch als Segen. Serien wie "Games of Thrones" heizen den Erfolg zusätzlich an. Die übersichtliche Unesco-Altstadt mit ihrer intakten Stadtmauer wird von über 1,5 Millionen Reisenden pro Jahr angesteuert.
In der Hochsaison wälzen sich dann bis zu 8.000 Menschen gleichzeitig durch die engen Gassen. Deswegen hat man 2018 bereits mit den Reedereien vereinbart, die Ankunft der Schiffe zu entzerren: In diesem Jahr ist die Zahl der Kreuzfahrtschiffe mit maximal je 5.000 Passagieren auf zwei pro Tag beschränkt.
5. Island
Der abgelegene Inselstaat hat es in Sachen Urlaub ganz an die Spitze geschafft. Seit 2010 haben sich die Besucherzahlen mit über 2,1 Millionen mehr als vervierfacht. Für ein Land mit insgesamt nur rund 340.000 Menschen, das bis zu seiner Pleite 2008 wegen seines hohen Preisniveaus eher als Geheimtipp galt, ist das enorm. Die Infrastruktur hinkt hinterher.
Einer Umfrage des Tourismusministeriums zufolge gaben bis zu 55 Prozent der Reisenden an, dass die Hauptsehenswürdigkeiten der Insel – meist entlang der Ringstraße Golden Circle – viel zu überlaufen seien. Zudem fehlt es an Zimmern, Parkplätzen, öffentlichen Toiletten und beschilderten Pfaden.
6. Machu Picchu, Peru
In der sagenhaften Inkastadt lebten einst nur knapp 800 Menschen. Weit mehr als 1,4 Millionen Besucher wollen jedoch heute die Ruinen jedes Jahr besichtigen. Erst als die Unesco damit drohte, Perus berühmteste Attraktion von der Welterbeliste zu streichen, setzte die Regierung 2017 strengere Maßnahmen zur Besucherkontrolle um.
So werden nur noch 5.000 Gäste pro Tag zugelassen. Sie haben die Wahl zwischen zwei Besuchszeiten und müssen von einem Guide begleitet werden. Außerdem dürfen sie sich nur auf vorgeschriebenen Pfaden bewegen.
7. Mogao-Höhlen, China
Rund 2.400 Kilometer westlich von Peking am Rand der Gobi Wüste befindet sich eine der wichtigsten Stätten des Buddhismus. Mönche haben dort an der Seidenstraße vom vierten bis zum zwölften Jahrhundert in Hunderten von Höhlen Bilder von Buddhas Werdegang hinterlassen.
Heute strömen weit über eine Million Menschen alljährlich dort hin. Licht, Temperaturwechsel sowie die menschlichen Ausdünstungen zerstören die Fresken. Konservatoren würden die Zahl der Ausflügler gerne auf 3.000 pro Tag beschränken, aber die Nachfrage ist zu groß. 6.000 Personen sind täglich derzeit erlaubt.
8. Santorin, Griechenland
Die Kykladeninsel mit dem markanten Kraterrand ist ebenfalls ein Opfer der Kreuzfahrtreisenden. 2017 steuerten 406 Passagierschiffe das kleine Eiland an, ein Jahr später waren es bereits 439. Bis zu 15.000 Kreuzfahrtpassagiere kapern pro Tag die Insel, und nicht wenige lassen sich auf Eseln die 600 Stufen nach oben in die Ortschaft Fira tragen – was wiederum die Tierschützer empört, weil viele Reiter übergewichtig sind.
Hinzu kommen rund 4.000 Inselgäste. Obwohl über eine Begrenzung der Kreuzfahrtschiffe nachgedacht wird und der wachsende Müll zum Problem wird, haben sich für 2019 bereits 451 Kreuzfahrtschiffe angemeldet.
9. Taj Mahal, Indien
Rund sieben Millionen Menschen bestaunen jährlich das berühmteste Mausoleum der Welt. Bis zu 50.000 Gäste trampeln pro Tag durch die prächtige Grabstätte. Permanente Renovierungen sind die Folge.
Um die Massen zu drosseln, haben die Behörden 2018 die Ticketpreise spürbar erhöht. Einheimische zahlen nun 250 Rupien (etwa 3 Euro) statt ehemals nur 70 Rupien, Ausländer 1.300 Rupien (etwa 16 Euro). Zugleich wurde die Dauer des Besuches auf drei Stunden begrenzt.
10. Venedig, Italien
Der Massenansturm von rund 30 Millionen Touristen pro Jahr hat bereits viele Bewohner in die Flucht geschlagen. Die verbleibenden 55.000 Einheimischen leiden unter hohen Mieten und Preisen. Daran wird auch der gerade beschlossene Eintritt für Tages- und vor allem Kreuzfahrttouristen, der je nach Saison zwischen 2,50 und zehn Euro liegt soll, nicht viel ändern.
Ab wann und vor allem wie diese Gebühren eingetrieben werden sollen, steht noch nicht fest. Bemühungen, einen Teil der Gäste jenseits der ausgetretenen Pfade – etwa nach Murano – zu lenken, fruchten ebenfalls nicht. In der Hochsaison schlängeln sich bis zu 80.000 Reisende pro Tag durch die Gassen von La Serenissima.
- Reiseredaktion SRT