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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Winterspargel Schwarzwurzeln immer frisch genießen
Äußerlich ist sie keine Schönheit, die erdige Schwarzwurzel. Wer aber die Mühen mit ihr nicht scheut, kann sich auf einen kulinarischen Genuss freuen. Kenner sprechen sogar vom Winterspargel. Nussig und von eleganter Süße überzeugt sie als vegetarischer Solist oder als Begleiter von Wildgerichten.
Unbekannt ist die Schwarzwurzel inzwischen nicht mehr - auch wenn es Zeiten gab, als sie in Vergessenheit geraten war. "Sie hatte ihre Hochzeit in der Nachkriegszeit, weil sie leicht anzubauen ist", erklärt Harald Seitz von Verbraucherinformationsdienst aid. Danach verschwand das Wintergemüse lange vom Markt.
Schwarzwurzeln völlig neu entdecken
Bis heute haben es Schwarzwurzeln nicht leicht. Das Trendgemüse der feinen Küche kommt zu Hause oft nur in der Dose vor und endet meist in einer kalorienreichen Pampe. "Vergessen Sie die durch die Verwendung von Dosenware geprägten schlechten Erinnerungen", empfiehlt Keda Black in ihrem Buch "Alte Gemüsesorten neu gekocht".
Auch die Meisterköchin Iris Bettinger vom Hotel Restaurant "Reuter" in Rheda-Wiedenbrück (Nordrhein-Westfalen) musste die Wurzel neu für sich entdecken: "In meiner Kindheit gab es bei uns oft geschnittene Schwarzwurzeln aus der Dose in einer Béchamelsoße. Das schmeckte nicht schlecht. Erst später während meiner Ausbildung als Köchin habe ich dann frische Wurzeln kennengelernt."
Hoher Aufwand wird mit edlem Geschmack belohnt
Dabei machte die Köchin die Erfahrung, "was für ein zickiges und aufwendiges Gemüse es ist, bis man an den schmackhaften Kern kommt". Im Grunde sei es eine dreckige Angelegenheit mit wenig Ertrag. Denn beim Schälen falle fast die Hälfte weg. "Wenn es nicht so unglaublich lecker wäre, würde ich es am liebsten bleiben lassen", sagt sie offen und ehrlich. Sie liebt die "elegante Süße" der Wurzel. Ihre Saison geht bis ins Frühjahr.
Doch vor dem Genuss steht erst mal etwas Verdruss. Eine Einschätzung, die Harald Seitz nicht ganz teilt: "So furchtbar aufwendig ist die Zubereitung nicht. Tatsache ist aber, dass man die schwarze Rinde der Schwarzwurzel abschälen muss. Erstens ist sie bitter, und die Schale ist von ihrer Konsistenz korkartig. Das will man nicht essen."
Matthias Gfrörer von der "Gutsküche Wulksfelde" in Tangstedt bei Hamburg macht es anders. In seiner gemüseorientierten Küche spielt die Wurzel eine große Rolle: "Wir verarbeiten sie mit Anteilen der Schale, da so die wichtigen Bitterstoffe und der Eigengeschmack erhalten bleiben. Es heißt ja auch Schwarzwurzel und nicht Weißwurzel." Zuvor schrubbt er die erdige Wurzel im kalten Wasser mit Wurzelbürste oder Stahlschwamm aber sehr gründlich.
Die Wurzel hat vielseitige Arten der Zubereitung
Wer nur das weiße Innenleben wünscht, der sollte einen Sparschäler benutzen. Doch aufgepasst: Die Rinde ist von Milchkanälen durchzogen. "Wenn man sie im rohen Zustand schält, tritt ein Saft aus, der extrem klebrig ist. Da sollte man Einmalhandschuhe tragen", rät Seitz. Seine Empfehlung für eine schnellere Zubereitung: "Bürstet man die Wurzel nur ein bisschen ab, befreit sie also vom Dreck und dämpft sie dann in Salzwasser, kann man die Schale wunderbar abziehen."
Damit sie sich nicht verfärben, kommen die rohen Wurzelstücke bis zum Garen oft in Essig- oder Zitronenwasser. Weiß, aber säuerlich, ist das Ergebnis. Das findet Gfrörer schrecklich: "Es entspricht nicht dem Geschmack der Schwarzwurzel, sie schmeckt viel feiner, nach Artischocke, Walnuss oder Teltower Rübchen." Zitrone oder Essig als Oxidationshemmer seien unnötig, wenn die Wurzeln direkt aus dem kalten Wasser verarbeitet werden. Bettinger legt sie in Milch ein. Beim Abkochen prüft Gfrörer ähnlich wie bei einer Kartoffel mit einem Küchenmesser, ob das Gemüse gar ist: "Wenn die Stange daumenstark ist, dauert das ungefähr zehn Minuten."
Der Winterspargel kann vielseitig zubereitet werden. Sei es wie weißer oder grüner Spargel im Ganzen oder in Stücken gegart. Die Stangen schmecken Seitz pur am liebsten, vielleicht noch mit etwas Zitronensaft. Dann hätten 100 Gramm auch nur 15 Kilokalorien.
Als Beilage oder Hauptspeise immer ein Genuss
"Die gebrühten Wurzeln lassen sich auch wunderbar mit mediterranen Kräutern wie Thymian oder Majoran, etwas Gemüsebrühe und Parmesan überbacken", so Gfrörer. Als erfrischende Winterspeise empfiehlt er einen Salat von Schwarzwurzeln mit Grapefruit und Saibling. Dazu schneidet er die geputzten Stangen in längliche Scheiben, mariniert sie mit Salz, Zucker, etwas Zitronensaft und röstet sie bei mittlerer Hitze mit ein wenig Rapsöl in der Pfanne an.
Bettinger serviert das Wintergemüse in Stäbchenform zum Rehbraten. Was beim Zuschneiden abfällt, kocht sie mit Schalotten, Wermut und etwas Butter bei niedriger Hitze weich, püriert den Sud mit etwas Sahne auf und mariniert in diesem Fond kurz die vorgegarten Stäbchen. Mit ihrem Aroma passen Schwarzwurzeln zu Wild oder Wildgeflügel wie Fasan. Wer es vegetarisch mag, sollte ein Schwarzwurzel-Risotto oder eine Tarte aus Blätterteig mit Wurzelpüree und roten Zwiebelringen versuchen.