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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wenn sich Menschen "dumm stellen" Strategische Inkompetenz: So entlarven Sie die Masche
Ist mein Kollege wirklich so inkompetent, wie er tut? Hinter der scheinbaren Unfähigkeit verbirgt sich oft ein Verhaltensmuster. Was es damit auf sich hat.
Die Excel-Tabelle auf der Arbeit erstellen, zu Hause die Wäsche waschen oder die Urlaubsplanung für die Familie übernehmen – um nervige Aufgaben zu umgehen, stellen sich manche Menschen bewusst blöd an. Dann spricht man auch von strategischer Inkompetenz.
"Fünf Minuten dumm stellen, erspart oft eine Stunde Arbeit"
Der Begriff (im Englischen auch "weaponized incompetence") kommt aus der Alltags- oder Populärpsychologie und tauchte erstmals in einem Artikel des "Wall Street Journal" von 2007 auf. Der Autor des Textes beschrieb darin, wie Arbeitnehmer sich vor bestimmten Aufgaben drücken oder diese bewusst schlecht erledigen, damit sie nicht noch einmal darauf angesetzt werden.
Einfach erklärt, geht es bei strategischer Inkompetenz also darum, dass Menschen ihre vermeintliche Unfähigkeit als Ausrede nutzen. Es schließt allerdings auch ein, sich bewusst dagegen zu wehren, sich die nötigen Fähigkeiten anzueignen. Das Phänomen tritt sowohl im Arbeitsumfeld als auch in Partnerschaften auf und kann in beiden Fällen sehr frustrierend für das Gegenüber sein.
Strategische Inkompetenz im Arbeitsumfeld
Klassische Beispiele für das Phänomen sind meist kleinere Aufgaben, die im Alltag oder auf der Arbeit anfallen. Das kann Kaffeekochen sein, eine Präsentation vorzubereiten oder eine Geburtstagskarte für die Kollegin zu schreiben. Wenn jemand versucht, vermeintliche Inkompetenz als Ausrede zu nutzen, erkennen Sie es oft daran, dass die Person häufig Sätze sagt wie "Ich kann das nicht so gut wie du!" oder "Wenn du das machst, geht es viel schneller".
Was im ersten Moment vielleicht wie ein nett gemeintes Kompliment oder Lob wirkt, soll eigentlich nur davon ablenken, dass der Kollege oder die Kollegin den Job nicht selbst erledigen will. Bevor Sie nun aber jedem Mitarbeitenden strategische Inkompetenz unterstellen, sollten Sie sich folgende Fragen stellen:
- Ist es immer dieselbe Person, die sich vor unliebsamen Aufgaben drückt?
- Zeigt die Person Bereitschaft, sich zu verbessern, oder macht sie immer wieder vermeidbare Fehler?
- Ist die Person tatsächlich überfordert oder macht sie nur die Arbeit, auf die sie Lust hat?
Man kann also nicht immer von strategischer Inkompetenz sprechen, wenn eine Person einen Fehler macht oder mal keine Lust auf eine Aufgabe hat. Entscheidend ist, ob die Person wiederholt ein solches Verhalten zeigt. Und auch dann sollten zunächst die Gründe für das Verhalten geklärt werden.
Konflikpotenzial in Partnerschaften
Auch in sozialen Medien tauchte das Phänomen in letzter Zeit vermehrt auf. Häufig geht es dabei jedoch nicht um den Berufsalltag, sondern um Care-Arbeit und Mental Load in Beziehungen. Thematisiert wird die mentale und physische Arbeit, die anfällt, wenn sich der Beziehungspartner vor Alltagsaufgaben drückt – oft mit der Begründung, dass Frauen sie ohnehin besser können.
Was ist Mental Load?
Mental Load betrifft meist Frauen. Damit ist die psychische Belastung gemeint, die es kostet, das eigene Leben, Familie, Haushalt, Beruf und Privatleben zu koordinieren und zu bewältigen. In Deutschland wenden Frauen pro Tag laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 44,3 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Dieser Indikator nennt sich Gender-Care-Gap.
Wenn der Partner in einer Beziehung ständig die Verantwortung für Haushalt und organisatorische Aufgaben abgibt, kann das zu Konflikten, Frustration und Überlastung führen. Deshalb ist es ratsam, das Problem anzugehen.
Wie reagiere ich auf strategische Inkompetenz?
- Bleiben Sie standhaft. Wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Kollege oder Partner wälzt ständig Dinge auf Sie ab, konfrontieren Sie ihn und spielen Sie den Ball zurück.
- Suchen Sie das Gespräch: Sowohl mit dem Partner als auch mit Mitarbeitenden sollten Sie in einem offenen Gespräch deutlich machen, dass Ihnen das Verhalten aufgefallen ist und Sie sich in Zukunft einen anderen Umgang wünschen.
- Manchmal hilft es auch, eine Liste anzufertigen, wer welche Aufgaben in der Vergangenheit übernommen hat. Dann wird ein Ungleichgewicht deutlicher. Oder Sie teilen feste Zuständigkeiten für die Zukunft ein.
- psychologytoday.com: "Weaponized Incompetence" (Englisch)
- bmfsfj.de: "Gender Care Gap - ein Indikator für die Gleichstellung"
- nationalgeographic.de: "Strategische Inkompetenz: Wenn Menschen nicht können wollen"
- wsj.com: "The Art of Showing Pure Incompetence At an Unwanted Task" (Englisch)
- stuttgarter-zeitung.de: "Wie "Unfähigkeit" als Taktik genutzt wird"
- impulse.de: "Was hilft, wenn Mitarbeitende nicht können wollen"