Erfahrungen mit dem 9-Euro-Ticket "Man hätte besser einen Viehtransporter nehmen sollen"
Das 9-Euro-Ticket ist ein voller Erfolg: Millionen Fahrscheine wurden bereits verkauft – und die Menschen machen von ihnen auch Gebrauch. Das wurde am Pfingstwochenende offensichtlich. Die Reiseberichte der t-online-Leser schwanken zwischen tollen Erfahrungen und absoluten Reinfällen.
Die von der Regierung gewollte finanzielle Entlastung der Bevölkerung durch das 9-Euro-Ticket nehmen sehr viele Menschen dankend an. Besonders das vergangene Wochenende nutzten Millionen für mehr oder wenige lange Reisen quer durch die Nation. Streckenweise ging es dabei chaotisch zu. Es erreichten uns aber auch reichlich zufriedene Stimmen.
"Eine einzige Seuchenbombe"
"Ich fuhr am Pfingstsamstag von Braunschweig nach Hannover", erzählt t-online-Leserin Inge Bischoff. "Nie wieder", schwört sie enttäuscht. "Man hätte besser einen Viehtransporter nehmen sollen. Eine vorgeschriebene Anti-Corona-Maske hatten nur ältere Passagiere auf. Die Masken bei Jüngeren hing nur an einem Ohr oder unter dem Kinn. Der ganze Zug war eine einzige Seuchenbombe. Ich werde niemals mehr mit ÖPNV Bus oder Bahn fahren", da ist sie sich sicher.
"Kann das 9-Euro-Ticket nur empfehlen"
"Meine Erfahrung im Pendelverkehr via Landbus war sehr positiv", berichtet t-online-Leserin Luisa Weber. "Ich komme aus dem Raum Göttingen und konnte jetzt durch das 9-Euro-Ticket mit dem Bus zur Arbeit fahren. Die Busse waren nicht überfüllt oder verspätet. Hat also super gepasst. Ich kann somit das 9-Euro-Ticket sehr empfehlen."
"Die reinste Katastrophe"
"Es war die reinste Katastrophe", berichtet hingegen t-online-Leserin Ute Wagner. "Bin von Leipzig nach Baden-Württemberg gefahren, angezeigte Fahrzeit: sieben Stunden – tatsächliche Fahrzeit: 14 Stunden. Es gab Zugverspätung wegen Überfüllung, sämtliche Anschlusszüge habe ich verpasst. Keine konkreten, sondern nur genervte Antworten kamen an den Infoschaltern sowie sehr unfreundliche und schon unverschämte Hinweise vom Zugpersonal."
Ute Wagner führt aus: "Man wurde von den Massen in den Zug geschoben, musste die Fahrt über Stunden im Stehen durchhalten. Manche kamen überhaupt nicht mehr mit."
Sie fragt sich, wieso die Bahn "solch ein Chaos" im Vorfeld nicht vermeiden konnte, obwohl das 9-Euro-Ticket und der Feiertag doch vorher bekannt waren. "Das soll Werbung für die Bahn sein? Einfach nur lächerlich."
"Den Takt dringend verdichten"
t-online-Leser Finn Jungenkrüger schreibt: "Ich bin sehr froh, dass die Bundesregierung die Möglichkeit eines bundesweiten Nahverkehrstickets für einen sehr günstigen Kurs ermöglicht hat. So ist man auf jeden Fall deutschlandweit erheblich flexibler im ÖPNV unterwegs und muss zumindest in den nächsten drei Monaten die teils unverschämt hohen Preise mancher Verkehrsverbünde nicht bei der Planung von Unternehmungen berücksichtigen."
Als Student sei der 23-Jährige zwingend auf einen gut funktionierenden und bezahlbaren ÖPNV angewiesen, teilt er uns mit.
"Dass vor allem touristische Strecken, wie solche von Berlin Richtung Ostsee, an den Feiertagen stark nachgefragt sind, war auch ohne 9-Euro-Ticket schon lange absehbar. Hier ist die Bahn in der Pflicht, den Takt dringend zu verdichten. Einen Regionalzug alle zwei Stunden jeweils nach Rostock, Stralsund und Wismar einzusetzen, ist einfach nicht ausreichend – besonders im Sommer. Da sind sehr dringend Nachbesserungen gefragt; das hat der Ansturm am Wochenende nochmals unterstrichen."
"Abzocke!"
"Mir ist es unverständlich, dass die DB sich getraut hat, auch Tickets für Fahrräder zur Mitnahme zu verkaufen", äußert t-online-Leser Hermann Reck.
"Ich stand mit meiner Frau am Samstag fassungslos in Hassfurt am Bahnhof und wollte mit gültigen Tickets die Fahrt nach Schweinfurt antreten", lässt er uns wissen. "Der Zug fuhr ein und es war zu erkennen, dass keine Chance bestand, mitgenommen zu werden – weder für uns geschweige denn die Räder."
Hermann Reck ärgert sich darüber, dass der Zugführer lapidar darauf verwiesen habe, die Eheleute nicht mitnehmen zu können. "Gewöhnlicherweise spricht man hierbei von Abzocke!", sagt er erbost.
"Die Reise war perfekt"
t-online-Leser Hans Kremer und sein Enkel Ben wurden nicht enttäuscht: "Wir waren zu Pfingsten am Montag von Mannheim nach Fürth im Odenwald unterwegs, um die Eisenbahnminiaturwelt zu bewundern. Unsere Reise war sehr angenehm. Erst mit dem Omnibus, dann mit der Straßenbahn und letztendlich mit dem Regionalzug und wieder zurück. Außer dass wir in einen Regenschauer kamen, war die Reise perfekt."
"Hauptsache, die Touris haben ihren Spaß"
t-online-Leser Manfred Miller mailt: "Ich bin schwerbehindert und muss regelmäßig zur Therapie. Leider führt die Buslinie an einem touristischen Highlight, der Insel Mainau, vorbei, sodass seit Einführung des 9-Euro-Tickets die Mitnahme im Bus einem Lotteriespiel gleicht.
Erschwerend kommt hinzu, dass ich wegen meiner Behinderung auf einen Sitzplatz angewiesen bin, die meisten Fahrgäste, in der Regel Rucksacktouristen, jedoch auch auf Nachfrage ihren Platz nicht zur Verfügung stellen.
Zusätzliche Busse setzen die Stadtwerke nicht ein, weil das laut Lokalpresse noch mehr Fahrgäste anlocken würde und außerdem Personalmangel herrsche. Ein Taxi kann ich mir nicht leisten. Muss ich also mit der Therapie warten, bis dieser Spuk beziehungsweise diese Schnapsidee endlich wieder vorbei ist? Armes Deutschland, Hauptsache die Touris haben ihren Spaß."
"Hat super geklappt"
t-online-Leser Jörg Niggemann und seine Truppe hatten einen gelungenen Ausflug, ganz ohne Gedränge. "Wir sind am Montag aus dem Duisburger Süden zum Gasometer nach Oberhausen gefahren. Das hat sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg super geklappt. Wir hatten immer eine Vierer-Sitzecke zusammen ergattert."
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