Knapp bei Kasse Sollte man in der Familie Geld verleihen?
Ob das defekte Smartphone oder die saftige Nebenkosten-Nachzahlung: Manche Ausgaben können das Budget stärker belasten als geplant. Sollten Eltern oder Geschwister die Kosten dann auslegen?
Die eine hat's, der andere braucht's: Innerhalb der eigenen Familie hilft man sich schon mal gegenseitig aus. Etwa wenn es um Geld geht. Doch selbst im nahen Verwandtenkreis gilt es sicherzustellen, dass eine Leihe am Ende kein Reinfall wird. Wie das geht, erklären zwei Expertinnen.
Was sollte man beim Verleihen beachten?
"Juristisch gesehen handelt es sich bei der Leihe von Geld meist um einen Darlehensvertrag", sagt Rechtsanwältin Johanna Mathäser. Das bedeutet, das geliehene Geld muss spätestens bis zum Ablauf der vereinbarten Frist zurückbezahlt werden.
Bevor ein solches Geschäft aber zustande kommt, sollten sich Darlehensgeber in jedem Fall über die Rahmenbedingungen der Leihe Gedanken machen, rät Mathäser.
Also etwa: Was soll mit dem Geld finanziert werden? Wie nahe steht einem das Familienmitglied? Wie schwer wiegt der Ausfall des Geldes, falls der Darlehensnehmer das Geld nicht zurückbezahlen kann? Was könnte das zwischenmenschlich für Auswirkungen haben? Soll ein Zins für das Leihgeschäft vereinbart werden? Würde eine Bank das Projekt finanzieren?
Ist die Grundlage gelegt, bleibt die Frage: Wie übergibt man das Geld am besten? Im Idealfall per Überweisung, sagt Mathäser. Und zwar mit Angabe des Verwendungszwecks Darlehen, "damit über die Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers keine Zweifel entstehen", so die Juristin.
Wer das Geld bar übergeben will, sollte sich den Empfang zumindest per Unterschrift bestätigen lassen, sagt Annabel Oelmann, Vorständin bei der Verbraucherzentrale Bremen.
Sollte man die Leihe vertraglich absichern?
"Unbedingt", sagt Oelmann. So könnten Unklarheiten zwischen den Parteien ausgeschlossen werden. Außerdem sei eine schriftliche Vereinbarung jederzeit nachvollziehbar – etwa für den Fall, dass einer Partei etwas zustoßen sollte, so Mathäser.
Was muss in den Vertrag?
Der Vertragsinhalt kann von den Parteien frei bestimmt werden. Sinnvoll sei mindestens die Regelung des Betrags, des genauen Rückzahlungszeitpunktes und der Zinsen, sagt Mathäser. Zudem, ob das Geld am Stück oder in Raten zurückbezahlt werden soll.
Geht es um höhere Beträge, könne auch das Thema Sicherheiten vertraglich festgehalten werden, sagt Verbraucherschützerin Oelmann. In den Vertrag kommen außerdem die Namen und Adressen beider Parteien. "Dann wird von beiden unterschrieben", so Oelmann.
Ab wann ist von einer Leihe abzuraten?
"Dafür gibt es keine absolute Summe", sagt Mathäser. "Wichtig ist, dass sich der Darlehensgeber nicht in unnötige Risiken begibt." Der Betrag sollte vielmehr leicht zu verkraften und entbehrlich sein. "Spätestens, wenn der geforderte Betrag wehtut, sollte man von einem solchen Geschäft Abstand nehmen", rät die Rechtsanwältin.
Außerdem richte sich die Höhe des Betrags nach dem Verwendungszweck, sagt Oelmann. "Fragt jemand nach 500 Euro für den eigenen Urlaub, sage ich grundsätzlich nein." Denn das könne bedeuten, dass jemand prinzipiell nicht in der Lage ist zu sparen. Anders sieht es mit ungeplanten Belastungen aus, wenn etwa ein Familienmitglied dem eigenen Kind ein Auslandssemester ermöglichen möchte. "Dann steht man als Familie doch mal zusammen", sagt Oelmann.
Wurden entsprechende Sicherheiten vereinbart, könnten Mathäser zufolge auch höhere Leihbeträge in Betracht kommen. Dann empfiehlt die Rechtsanwältin aber, anwaltlichen Rat einzuholen und den Vertrag von einem Juristen entwerfen zu lassen.
Wie viel Zeit für die Rückzahlung?
"Auch das kann man nicht pauschal beantworten", sagt Oelmann. Das hänge vor allem vom geliehenen Betrag ab. Rechtsanwältin Johanna Mathäser rät von zu langen Laufzeiten aber eher ab.
Sollte man eine Verzinsung vereinbaren?
"Bei einem Fuffi oder bei 100, 200 Euro würde ich nicht auf die Idee kommen, Zinsen zu verlangen", sagt Annabel Oelmann. "Aber wenn es über einen gewissen Betrag und Zeitraum hinausgeht, ist ein Zins natürlich gerechtfertigt."
Die Höhe der Verzinsung sollte sich dabei mindestens an den Leistungen eines Tagesgeldkontos orientieren, rät Oelmann. Laut der Zeitschrift "Finanztest" (4/2022) liegt der rentabelste Tagesgeld-Zinssatz derzeit bei 0,2 Prozent.
Man müsse daher aktuell nur sehr wenig bieten, um besser als jedes Tagesgeldkonto zu sein, aber immer noch günstiger als jeder Verbraucher- oder Immobilienkredit, sagt Oelmann. Und genau das sei der Zinsraum, der für beide Parteien interessant sein kann.
Was, wenn es nicht zurückbezahlt wird?
Fließt das Geld nicht zurück wie vereinbart, sollte man den Darlehensnehmer freundlich an die Zahlung erinnern, sagt Oelmann. Geschieht weiterhin nichts, rät sie: "Ab zum Anwalt." Hat der Darlehensnehmer kein pfändbares Vermögen, bringt aber auch ein Gerichtsverfahren wenig. Denn dann ist das Geld im Zweifel weg.
Freunden Geld leihen?
"In der Familie verzeiht man mehr, wenn's schiefgeht", sagt Verbraucherschützerin Oelmann. Sie rät, von Leihgeschäften im Freundeskreis lieber die Finger zu lassen. Brauchen Freunde Geld, sollte man diese stattdessen lieber an deren Familien verweisen. "Denn bei Geld hört die Freundschaft oft auf."
Achtung: "Darlehensverträge innerhalb der Familie können Auswirkungen bei einer etwaigen Erbauseinandersetzung haben", sagt Rechtsanwältin Mathäser. Bei zinsfreien Darlehen sei zum Beispiel zu fragen, ob es sich tatsächlich um eine Schenkung handelt.
- Nachrichtenagentur dpa