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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ukraine-Krieg trifft auch Reisende Keine Flüge über Russland: "Es muss ein Plan B her"
Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch auf die Reisebranche aus: Lufträume sind gesperrt, Flughäfen geschlossen, Preise könnten steigen. Ein Reisesicherheitsexperte hat die Lage analysiert.
Russische Truppen sind in die Ukraine einmarschiert, seit Kriegsbeginn Ende Februar gab es bereits Tausende Tote und Verletzte. In der Folge haben viele Länder bereits ihren Luftraum gesperrt, viele Flughäfen sind geschlossen oder Flieger müssen Umwege auf sich nehmen. Samed Kizgin, Reisesicherheitsexperte, erklärt im Interview mit t-online, was der Krieg für die Reisebranche bedeutet und warum die Preise steigen könnten.
t-online: Was bedeutet der Krieg in der Ukraine für internationale Reisen?
Samed Kizgin: Die Flugbranche insgesamt ist sehr angespannt. Strecken nach Asien führen hauptsächlich über Russland – dementsprechend muss natürlich ein Plan B her. Aber die Fluggesellschaften sind auf solche Situationen vorbereitet, dementsprechend bedeutet der Krieg zunächst einmal keine größere Umstellung, wie anfänglich erwartet.
Wir haben jetzt Einschränkungen und auch Verspätungen, aber das hat sich alles im Rahmen gehalten. Die große Panikreaktion ist bisher ausgeblieben, aber wie sich die Situation in den kommenden Wochen und Monaten entwickelt, wird sich erst noch zeigen.
Samed Kizgin arbeitet seit 2015 als Reisesicherheitsexperte bei der A3M Global Monitoring GmbH und beobachtet und analysiert weltweit Risiken für Reisende. A3M entwickelt und betreibt Frühwarn-, Informations- und Kommunikationssysteme zum Krisenmanagement. Neben dem Ukraine-Krieg beinhaltet seine Arbeit Ereignisse vom Terror in Afghanistan bis hin zu Waldbränden in Australien.
Der Krieg wirkt sich auch auf Reisen nach oder über Russland aus, dort wurde der Luftraum kürzlich auch für Deutsche gesperrt: Welche Flugziele sind durch die Umwege nun aufwendiger zu erreichen?
Vor allem Ziele in Asien. Aber auch da sieht es so aus, dass zwar Flüge nach China oder Hongkong über Russland gehen – die meisten Südostasien-Flieger, nach Thailand, Vietnam oder Kambodscha beispielsweise, fliegen allerdings ohnehin nicht über Russland, sondern über die Türkei und südlich der Ukraine über dem schwarzen Meer.
Es sind also nur recht wenige Flüge wirklich davon betroffen, abgesehen von Direktflügen nach Russland. Deshalb ist dabei eigentlich keine große Einschränkung zu erwarten.
Muss ich also nicht damit rechnen, dass mein Urlaubsflieger etwa in den asiatischen Raum gecancelt wird?
Stand jetzt nicht, nein. Sollten die Fluggesellschaften den Umweg über die Türkei in Kauf nehmen, was bei Thailand und Südostasien allgemein ja ohnehin der Fall ist, gibt es dort eigentlich kein Problem.
Werden die Preise für Flüge steigen?
Durch die Sperrungen kommt es zu Umwegen und somit längeren Flugstrecken. Und längere Flugstrecken bedeuten einen höheren Kerosinverbrauch. Gleichzeitig ist Kerosin teurer geworden. Dementsprechend: Die Ticketpreise werden in naher Zukunft sicherlich steigen.
Aber auch Sicherheitsvorkehrungen müssen getroffen werden: Man fliegt nicht mehr über Russland oder die Ukraine. Und auch in den umliegenden Grenzregionen gibt es aktuell kaum Flüge, da dieses Risiko kaum einer eingehen will.
Was würden Sie Touristen mit Russland-Reiseplänen raten?
Russland befindet sich im Krieg. Klassische Reiseziele wie Sankt Petersburg oder Moskau sind natürlich nicht ganz direkt betroffen, aber allgemein befindet sich das ganze Land im Krieg. Das heißt: Es kann zu Demonstrationen kommen, zu Unruhen, zu Festnahmen.
Generell: Wer aktuell nach Russland fliegen will, wird es schwierig haben. Ich habe mal nach Flügen geschaut: Ich könnte beispielsweise von Frankfurt nach Aserbaidschan fliegen und von dort dann weiter nach Russland. Fakt ist: Derjenige, der nach Russland möchte, der kommt nach Russland. Aber man muss nach Alternativen schauen.
Wichtig ist es, sich vor der Reise ausführlich zur aktuellen Situation zu informieren und mit mehr Vorsicht zu reisen als sonst.
Ein Blick in die Zukunft: Welche Voraussetzungen müssten geschaffen sein, damit sich die Situation wieder verbessert?
Der Luftraum über der Ukraine und auch über Russland wird wahrscheinlich noch eine ganze Weile gesperrt sein. In erster Linie muss der Konflikt so schnell wie möglich beendet werden. Und dann müssen die Lufträume wieder geöffnet werden, die Situation in der Reisebranche steht und fällt mit der Öffnung der Lufträume.
Obwohl die Reiselust der Deutschen nach zwei Jahren Pandemie deutlich gestiegen ist, wird der Krieg im Hinterkopf die Urlaubsplanung hemmen und beeinflussen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Kizgin!