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Corona: Wann darf der Handel öffnen?


Rätselraten um die 35er-Grenze
Corona: Wann darf der Handel öffnen?

Von rtr
Aktualisiert am 12.02.2021Lesedauer: 3 Min.
Weiterhin geschlossen: Für den Handel brachte der neue Beschluss zunächst keine guten Nachrichten.Vergrößern des Bildes
Weiterhin geschlossen: Für den Handel brachte der neue Beschluss zunächst keine guten Nachrichten. (Quelle: Becker&Bredel/imago-images-bilder)

Der neue Bund-Länder-Beschluss zu Corona wirft viele Fragen auf: Wie soll Shopping-Tourismus vermieden werden? Wie lange muss der Wert 35 unterschritten werden? Welche Gefahr droht von Gerichten?

Als die Kanzlerin und die 16 Ministerpräsidenten am Mittwoch über die Zukunft der Corona-Auflagen diskutierten, waren die Öffnungsperspektiven der schwierigste Punkt. Am Ende einigte man sich auf eine Passage, dass Handel, Museen und Galerien bei einer "stabilen Sieben-Tages-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern" öffnen können.

"Letztlich haben wir die Entscheidung über Lockerungen etwa beim Handel aber auf das nächste Treffen am 3. März vertagt, weil wir uns selbst nicht einig waren", sagte ein Verhandlungsteilnehmer zu Reuters. Denn in den seit Tagen laufenden Debatten ergaben sich auch zwischen den Ländern zahlreiche Differenzen, unter anderem, weil die Zahlen der Neuinfektionen regional so unterschiedlich sind. "Es ist leichter, zuzumachen als zu öffnen. Zumachen erfordert Mut. Öffnen erfordert Klugheit", fasste Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Debatte zusammen. Diese "Klugheit" hat offenbar dazu geführt, einige Fragen vorerst bewusst im Unklaren zu lassen.

Gilt die Inzidenz pro Land oder pro Landkreis?

Nicht wirklich geklärt ist in dem Beschluss, ob der Wert von unter 35 nun bundesweit, landesweit oder pro Landkreis gelten soll. Mehrere Teilnehmer der Bund-Länder-Chefrunde betonen aber, dass damit ein Wert auf Landesebene gemeint sei. Söder sagte, er sei optimistisch, dass dieser Wert im März auch erreichbar sei. Zum Vergleich: Laut Robert-Koch-Institut variiert die Inzidenz am Donnerstag zwischen den Ländern stark: Rheinland-Pfalz verzeichnet einen Wert von 55,3, Thüringen dagegen von 105,6. Bei den Landkreisen lag Tirschenreuth in Bayern unweit der Grenze zu Tschechien mit einer Inzidenz von 333 auf dem Spitzenplatz. Die niedrigste Inzidenz hatte der Landkreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein mit einem Wert von 14.

Droht ein Shopping-Tourismus zwischen Ländern?

Diese Differenz führt zu der Frage, was passiert, wenn ein Land den Wert von 35 erreicht, ein Nachbarland aber nicht. "Mit den benachbarten Gebieten mit höheren Inzidenzen sind gemeinsame Vorkehrungen zu treffen, um länderübergreifende Inanspruchnahme der geöffneten Angebote möglichst zu vermeiden", heißt es in dem Beschluss. Im Klartext: Es soll Shopping-Tourismus vermieden werden. "Es ist also ganz klar, dass die konkreten Schritte der Öffnung mindestens zwischen den benachbarten Ländern abgestimmt werden", betont auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. Aber was passiert, wenn eines der fünf Nachbarländer Thüringens öffnen will? Oder sollen doch alle warten, bis im Bund überall ein Wert unter 35 erreicht wurde?

Der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes HDE, Stefan Genth, betont, er könne sich nicht vorstellen, dass innerdeutsch Grenzen geschlossen würden. "Wir haben Shopping-Tourismus auch schon letztes Jahr erlebt", sagt er. Damals hatten einige Bundesländer die Öffnung von Garten-Centern und Baumärkten erlaubt, andere nicht. Ihm fehle "die Fantasie", wie die Abstimmung zwischen Ländern funktionieren solle.

Was bedeutet ein stabiler Wert unter 35?

Das ist laut Kanzlerin Angela Merkel nicht ganz klar. "Wir haben die stabile Sieben-Tages-Inzidenz mitunter unterschiedlich definiert", sagte sie auf Nachfrage. "Mindestens drei Tage" fügte sie hinzu. Dies würde dann an drei aufeinanderfolgenden Tagen einen Wert unter 35 erfordern. In den Beratungen hatten aber einige Länder mit niedrigen Inzidenzen nach Informationen von Reuters auch eine längere Frist von sieben Tagen ins Gespräch gebracht. Deshalb bleibt dies im Beschluss offen.

Für den Handel ist dies wichtig. Denn es bedeutet, dass das Erreichen des Wertes 35 alleine noch keine Öffnungserlaubnis darstellt. In Länderkreisen wurde zudem am Donnerstag betont, dass man auch den R-Wert hinzuziehen müsse. Wenn dieser Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt, wieder über eins liegen sollte, könne man ohnehin nicht öffnen. Dann zeige die Entwicklung in die falsche Richtung, und es drohe ein erneuter Anstieg der Zahl der Neuinfektionen.

Sind Öffnungen bei 35 vor dem 7. März möglich?

Auch dies ist in dem Bund-Länder-Beschluss nicht klar geregelt. Sowohl in Bundesregierung als auch in Länderkreisen heißt es aber, dass dies nicht gemeint und geplant sei. Denn der Lockdown insgesamt sei mit seinen Maßnahmen bis zum 7. März verlängert worden. Politisch könnte aber etwa in Ländern wie Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg, in denen am 14. März Landtagswahlen stattfinden, sehr wohl der Druck steigen, bei niedrigen Infektionszahlen doch den Handel öffnen zu wollen.

Was ist mit den anderen Bereichen wie Restaurants?

Hier gibt es nur Klarheit, dass Gastronomie, Hotels, Kultur und Sport nicht unter die Öffnungsbereiche bei Erreichen der 35er-Grenze fallen. Eine Arbeitsgruppe aus Kanzleramt und Staatskanzleien soll Vorschläge erarbeiten, in welcher Situation diese Sektoren mit Lockerungen rechnen können. Im Gespräch waren Inzidenz-Werte unter 20.

Was ist die Rolle der Gerichte?

In Regierungskreisen wird eingeräumt, dass etliche Vereinbarungen unter Vorbehalt gerichtlicher Prüfungen stünden. Schon 2020 bei den Öffnungen nach der ersten Corona-Welle hatten Gerichte teilweise den Kurs der Länder torpediert und auf Gleichbehandlungs-Grundsätze verwiesen. So werden etwa Klagen dagegen erwartet, dass Friseure am 1. März öffnen dürfen, andere Bereiche aber geschlossen bleiben müssen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur Reuters
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