Betreuung in der Corona-Krise Wie können Familien die gemeinsame Zeit meistern?
Kinderbetreuung und Homeoffice lassen sich kaum vereinen, denn Kinder brauchen Beschäftigung. Die Belastung von Familien steigt mit dem Stress. Doch was können Sie tun, wenn Sie und ihre Kinder leiden?
Daheim bleiben, womöglich bis ein Impfstoff gegen das Coronavirus gefunden ist? Das würde noch viele Monate einen Spagat zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung bedeuten. Einigen Eltern treibt der bloße Gedanke daran Tränen in die Augen – aus Verzweiflung und Überforderung. Wie kann man damit umgehen?
Björn Enno Hermans, Familientherapeut aus Essen, stellt klar: "Die psychische Belastung für Eltern ist und bleibt enorm. Keiner darf von sich erwarten, Kinder und Homeoffice gut unter einen Hut zu bekommen. Das ist einfach kaum möglich." Kinder bräuchten Ansprache und könnten sich gerade im Kindergartenalter höchstens phasenweise selbst beschäftigen.
Realistisch bleiben und kreativ werden
Hermans Tipp, um das Beste aus der Situation zu machen: den Alltag gut strukturieren und das Wochenende bewusst anders gestalten als den Rest der Woche. Das helfe auch den Kindern, besser klarzukommen.
Außerdem böten sich neben den Beschäftigungsideen, die Kitas herumschicken oder auf den Websites der Träger zur Verfügung stellen, Aktivitäten mit Bewegung im Freien an. "Die Kinder können sich durch den Gartenzaun mit den Nachbarskindern unterhalten oder mit dem Fahrrad fahren, wo genug Abstand ist", schlägt Hermans vor.
Susanne Mierau ist Diplom-Pädagogin in Berlin, bloggt über Familienthemen und hat selbst drei Kinder. Sie rät, gegen den Kräftemangel zwar eine Tagesstruktur zu haben, aber auch bewusst loszulassen von früheren Glaubenssätzen wie "Unter der Woche darf mein Kind nicht fernsehen". Zeiten einzuführen, in denen die Kinder – natürlich je nach Alter – etwas gucken oder Konsole spielen dürfen, gibt Eltern die Zeit, in der sie selbst runterkommen können.
Auch Eltern können Hilfe annehmen
Helfen kann auch, sich vor Augen zu führen, dass die Zeit dieser besonderen Lebenssituation begrenzt ist – auch wenn sie sich aktuell weiter zieht. "Man sollte auch das ehrlich den Kindern kommunizieren", rät Familientherapeut Hermans. Wenn sie fragen, wann sie wieder in die Kita dürften, könne man etwa sagen "Nicht sehr bald" oder "Ich weiß es nicht, aber ich hoffe noch vor dem Sommer".
Fakt ist für Hermans: "Es wird eine Entlastung der Eltern in Form von Betreuung geben müssen, denn so geht es auf Dauer für Familien nicht weiter." Familien, in denen sich die Lage so zugespitzt hat, dass häusliche Gewalt droht oder eine große Verzweiflung besteht, rät Hermans dringend dazu, sich an eine Beratungsstelle zu wenden.
Das bundesweite Elterntelefon des Kinderschutzbundes ist zum Beispiel unter der Nummer 0800/111 05 50 zu erreichen, montags bis freitags von 9 bis 11 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 17 bis 19 Uhr. Die "Nummer gegen Kummer" für Kinder und Jugendliche lautet 116 111. "Niemand muss sich dafür schämen, Hilfe anzunehmen, schon gar nicht in dieser Ausnahmesituation", stellt Hermans klar.
- Nachrichtenagentur dpa-tmn