15 Prozent mehr als im Vorjahr Ladendiebstahl nimmt wieder zu
Nachdem es während der Corona-Pandemie weniger Ladendiebstähle gegeben hatte, steigt sie Zahl drastisch an. Diese Artikel werden besonders gerne geklaut.
In Deutschland sind wieder mehr Langfinger unterwegs. Die Anzahl der Ladendiebstähle ist im vergangenen Jahr erneut deutlich angestiegen. Gemäß einer am Dienstag veröffentlichten Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI summierten sich die Verluste des Einzelhandels durch die Aktivitäten von Langfingern im Jahr 2022 auf insgesamt etwa 3,7 Milliarden Euro. Dies stellt eine Steigerung von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr dar.
Zudem wächst im Einzelhandel der Studie zufolge die Befürchtung, dass die deutlichen Preissteigerungen der vergangenen Monate bei so manchem die Bereitschaft erhöhen könnten, Dinge mitgehen zu lassen. "Vor allem in der starken Preisentwicklung wird ein erhöhtes Diebstahlrisiko gesehen. Höhere Preise und Werte machen Diebstahl attraktiver", fasste EHI-Experte Frank Horst die Stimmung der Branche zusammen. Demnach erwarten nicht wenige Händler auch einen Anstieg des Diebstahls durch eigene Mitarbeiter. Einige Unternehmen haben dies bereits 2022 beobachtet.
Doch teilen nicht alle im Handel diese Einschätzung. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Für den manchmal vermuteten Zusammenhang zwischen den aufgrund der Inflation steigenden Preisen und einem Anstieg bei den Ladendiebstählen gibt es keine Anhaltspunkte."
Diebstähle waren wegen pandemiebedingten Ladenschließungen zurückgegangen
Die jüngste Zunahme der Diebstahlzahlen ist nach Einschätzung des Kölner Handelsexperten tatsächlich noch kein Beleg für eine derartige These. "Was auf den ersten Blick als dramatische Entwicklung erscheint, ist bei näherer Betrachtung eine Rückkehr zur Normalität früherer Jahre. Im Grunde sind nun die Werte der Vor-Corona-Zeit wieder erreicht worden", sagte Horst. Denn in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 war die Zahl der Ladendiebstähle nicht zuletzt aufgrund der pandemiebedingten Ladenschließungen deutlich zurückgegangen.
Der Großteil der Diebstähle entfällt laut der Studie auf Kunden. Im Jahr 2022 wurden demnach Waren im Wert von mehr als 2,4 Milliarden Euro von Kunden entwendet. Die Diebstähle durch Beschäftigte beliefen sich auf 920 Millionen Euro. Zusätzlich kam es zu Diebstählen im Wert von 370 Millionen Euro durch Servicekräfte und Lieferanten.
Nach wie vor bereiten dem Handel professionelle Diebesbanden die größten Sorgen. Bei ihren Taten entwenden sie typischerweise Waren im Wert von 1.000 bis 2.000 Euro oder mehr. Diese Banden arbeiten oft mit einer ausgeklügelten Arbeitsteilung, bei der den einzelnen Mitgliedern genau beschriebene Aufgaben zugewiesen werden. Dazu gehört das Beobachten und Ablenken des Verkaufspersonals, das Zusammenstellen des Diebesguts in "Depots" oder das Tragen der Ware aus dem Geschäft sowie das Sichern der Fluchtwege. Sie arbeiten häufig nach regelrechten "Einkaufslisten". Schätzungen des Handels zufolge entfällt allein auf diese Banden etwa ein Viertel des Gesamtschadens.
Diese Artikel sind bei Dieben besonders beliebt
Besonders gerne geklaut werden der Studie zufolge alkoholische Getränke, hochwertige Markenbekleidung, Elektroartikel, Tabakwaren und Kosmetika. "Generell gilt, was sich gut verkauft, wird auch oft gestohlen", heißt es in der Studie. Häufig seien es kleine, relativ teure Artikel, die sich leicht in der Kleidung oder in mitgebrachten Behältnissen verstecken ließen. Das EHI hatte für seine Studie "Inventurdifferenzen 2023" mehr als 100 Unternehmen und Vertriebsschienen mit fast 17.000 Verkaufsstellen und einem Gesamtumsatz von gut 84 Milliarden Euro befragt.
Laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik stieg die Zahl der angezeigten Ladendiebstähle im vergangenen Jahr sogar um 34,3 Prozent auf fast 345.000 Fälle. Die Zahl der Anzeigen lag damit sogar um 5,8 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau. Allerdings ist die Aussagekraft der Kriminalstatistik begrenzt. Denn die Dunkelziffer in diesem Bereich ist beträchtlich. "Bis zu 90 Prozent der Delikte werden gar nicht erst bei der Polizei angezeigt. Denn viele Händlerinnen und Händler haben die Erfahrung gemacht, dass die angezeigten Ladendiebe meist ohne größere Konsequenzen davon kommen", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Genth.
Um Waren vor Langfingern zu schützen, gaben die Handelsunternehmen der Studie zufolge im vergangenen Jahr rund 1,45 Milliarden Euro aus
– für Sicherheits- und Präventionsmaßnahmen wie Artikelsicherung,
Kameraüberwachung oder Detektiveinsätze. Doch werde den Dieben andererseits die Arbeit durch die unzureichende Personalausstattung in Geschäften und die sich daraus ergebende fehlende Überwachung der Einkaufsflächen erleichtert, heißt es in der Studie.
- Nachrichtenagentur dpa