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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Phänomen Grünastbruch Wenn Bäume durch die Hitze plötzlich Äste verlieren
Plötzlich kracht es: Gerade im Sommer verlieren Bäume unvorhersehbar einzelne Äste, die in vollem Laub stehen. Für das Phänomen gibt es verschiedene Erklärungen. Eine davon ist Hitze.
Nur ein kurzes Knacken kündigt die Gefahr an, dann stürzt plötzlich mit großer Wucht ein Ast auf den Boden: Vor allem an heißen Tagen kommt es bei augenscheinlich gesunden Bäumen immer wieder zu sogenannten Grünastbrüchen, die niemand vorhersehen kann.
Ohne Sturm oder starken Regen, einfach so, brechen plötzlich starke Äste ab. Das kann schwere Folgen haben, denn es kann leicht zu Sach- oder sogar Personenschaden kommen.
"Die Gefahr, dass in Wäldern und Parks Äste herabfallen, hat deutlich zugenommen. Die Waldbesitzer warnen daher davor, beim Spazierengehen, Joggen oder Wandern vorsichtig zu sein und auf den Wegen zu bleiben. Auch sollten Warnschilder ernst genommen werden", erklärt Larissa Schulz-Trieglaff, Pressesprecherin vom AGDW – Die Waldeigentümer, t-online.de.
Astbrüche: Verschiedene Ursachen stecken dahinter
"2020 ist wieder ein Dürrejahr, in dem wir von einer besonderen Trockenheit betroffen sind", sagt Derk Ehlert, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) in Berlin, t-online.de. Neben den Temperaturen sei vor allem die Verdunstung sehr hoch, weshalb der knappe Niederschlag kaum Besserung bringe, so der Experte.
"Bei starker Trockenheit und Hitze geraten die Bäume zunehmend unter Stress und dann kann es bei einigen Bäumen zu vermehrten Astbrüchen kommen, ohne dass es vorher nennenswerte Anzeichen von Schwäche gibt", erklärt Jens Düring, Pressereferent beim Bund Deutscher Forstleute (BDF), t-online.de.
Für die Ursachen von Astbrüchen gebe es jedoch noch weitere Erklärungen, sagt der Experte Prof. Dr. Ulrich Weihs von der LWK Niedersachsen. Die Hauptthese sei, dass durch die Erwärmung der Astoberfläche die Elastizität der äußeren Holzfasern nachlasse und der Ast versage.
"Hinzu kommt, dass viele Bäume in Städten aber vor allem auch den Wäldern bereits vorgeschädigt sind und einen höheren Totholzanteil aufweisen. Einige Krankheiten schreiten so schnell voran, dass ganze Bäume innerhalb weniger Monate absterben und morsch werden, zum Beispiel Berg- und Spitzahorn durch die Rußrindenkrankheit", weiß Düring.
Diese Bäume sind am häufigsten betroffen
Betroffen seien vor allem waagerecht stehende Äste, erläuterte Weihs. Durch die waagerechte Stellung sei die Hebelwirkung besonders groß. Am ehesten treten Astbrüche laut Weihs bei Weichholzarten wie etwa Pappeln auf. Die Rohdichte ihres Holzes sei geringer als die von Hartholzarten und somit auch weniger belastbar.
Bislang sei in diesem Jahr trotz der lang anhaltenden Hitze noch kein gravierender Anstieg registriert worden. "Astbrüche gibt es immer wieder", sagt Jan Engel, Sprecher des Landeskompetenzzentrums Forst in Eberswalde. Im Waldbau seien die Abbrüche nicht so tragisch, auf Straßen oder in Gärten könnten sie schon eher unangenehm werden und seien ein Risiko, so Engel. Trotzdem müsse man jetzt nicht unbedingt Angst vor Bäumen haben.
Manche Äste kosten mehr Energie als sie erzeugen
Auch in Berlin, mit rund 430.000 Straßenbäumen eine der grünsten Metropolen Europas, sei noch kein deutlicher Anstieg von Astbrüchen bekannt, berichtet Ehlert. Er ruft allerdings zur Vorsicht auf.
Laut Weihs gilt nicht nur Hitze als Ursache. Mitunter bräuchten Bäume einige Äste schlichtweg nicht mehr: vor allem solche aus dem unteren Kronenbereich, die von höheren Ästen beschattet würden und keinen bedeutenden Beitrag zur Photosynthese mehr leisten könnten. "Diese Äste kosten mehr Energie, als sie selbst erzeugen. Deshalb trennen sich die Bäume von ihnen", so Weihs.
"Man kann Astbrüche nicht auf eine Hypothese allein zurückführen. Es ist sicher eine Kombination aus verschiedenen Ursachen", so der Wissenschaftler. Mit der Trockenheit hätten die Abbrüche seiner Meinung nach nichts zu tun: "Wenn man Holz trocknet, wird es deutlich tragfähiger", so Weihs. Schließlich werde Bauholz aus diesem Grunde extra getrocknet.
Astbrüche können auch positive Seiten haben
Aus Expertensicht können Bäume den Verlust von einzelnen Ästen gut verkraften. Astbrüche könnten auch positive Seiten haben, betont der Naturschutzbund (NABU). Durch sie entstehen Sonderstrukturen wie zum Beispiel Höhlen, in denen Fledermäuse oder Spechte leben könnten. Werde die Abbruchstelle von einem Pilz befallen, beginne ein langsamer Zersetzungsprozess. Der locke wiederum selten gewordene Käfer und andere Kleintiere an, die darauf spezialisiert seien.
- Derk Ehlert, Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) in Berlin
- Jens Düring, Pressereferent beim Bund Deutscher Forstleute (BDF)
- Prof. Dr. Ulrich Weihs von der LWK Niedersachsen
- Larissa Schulz-Trieglaff, Pressesprecherin AGDW – Die Waldeigentümer
- Nachrichtenagentur dpa