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Obstbäume: Neue Schädlinge und Klimawandel gefährden Obstarten


Obstbaum-Experte
"Neuere Schädlinge gefährden einige Obstarten stärker"

InterviewVon Ron Schlesinger

Aktualisiert am 29.08.2020Lesedauer: 5 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Faulige Äpfel: Die Ursache dafür kann ein Pilz sein.Vergrößern des Bildes
Faulige Äpfel: Die Ursache dafür kann ein Pilz sein. (Quelle: Frank Sorge/imago-images-bilder)

Ein Obstbaum gehört in jeden Garten. Hübsche Blüten im Frühling, reiche Ernte im Herbst. Doch die Klimakrise setzt auch Apfel, Birne und Kirsche zu. Wie sich der Hobbygärtner darauf einstellt, weiß Forscher Henryk Flachowsky.

Der Spätsommer ist die Haupterntezeit im Garten. Doch Wetterextreme und Pflanzenkrankheiten sind oft dafür verantwortlich, dass die Erntekörbe in einem Jahr mal gut gefüllt und im darauffolgenden fast leer sind.

Deshalb versuchen Wissenschaftler am Julius Kühn-Institut (JKI), Obstsorten heranzuziehen, die der Klimakrise trotzen. Dresden-Pillnitz ist das Zentrum der deutschen Obstbaumzüchtung. Hier haben wir Institutsleiter Prof. Dr. Henryk Flachowsky gefragt, wie Hobbygärtner ihre Obstbäume fit für Wetterextreme machen können.

t-online.de: Herr Flachowsky, welche Folgen der Klimakrise schaden Obstbäumen im Garten besonders?

Henryk Flachowsky: Da kommen verschiedene Dinge zusammen. Einerseits kämpfen Obstbäume mit höheren Durchschnittstemperaturen, zum Beispiel mit milderen Wintern sowie warmen und niederschlagsarmen Phasen im Frühjahr und Sommer. Beides hat zur Folge, dass sich verschiedene Schädlinge besser ausbreiten können. Dann setzen den Bäumen vermehrt extreme, regional auftretende Wetterereignisse zu. Dazu zählen lange Trockenphasen, die wiederum von Starkregen und Hagel unterbrochen werden. Dennoch muss man sagen, dass die sich ändernden Klimabedingungen nicht flächendeckend zum Problem werden.

Ach, gibt es in Deutschland noch Inseln der glückseligen Obstgärtner?

Die Folgen der Klimakrise treten regional unterschiedlich auf. Das heißt, wir haben Regionen in Deutschland mit starker Trockenheit in diesem Jahr. Es kann aber sein, dass in genau diesen Regionen im nächsten Jahr ausreichend Niederschläge fallen. Das bedeutet, auch der Privatgärtner muss sich vor allem auf einen stärkeren Wechsel in den klimatischen Bedingungen einstellen. Und diesen Wechsel muss er irgendwie ausgleichen.

Wie denn?

Indem er relativ robuste Sorten von Kern-, Stein- und Beerenobst auswählt, die er auch ohne aufwendige Pflege im Hausgarten verwenden kann.

Gibt es denn unter Apfel, Kirsche oder Pfirsich sowohl Gewinner als auch Verlierer der Klimakrise?

Ich würde das weniger auf die Obstarten selbst beziehen. Dennoch ist es schon so, dass es neuere Schaderreger gibt, die einige Obstarten stärker gefährden.

Welche Schädlinge sind das?

Zum Beispiel die Kirschessigfliege, lateinisch Drosophila suzukii. Sie hat sich in den letzten Jahren aus dem Süden kommend, immer stärker in den nördlichen Breiten niedergelassen. Das liegt zum Teil an der Klimaerwärmung, aber auch an Globalisierung und Handel. Bei uns befällt sie Beerenobst wie Himbeeren und Steinobst wie Kirschen. Dabei legt sie ihre Eier in die Früchte, wo sich die Larven beziehungsweise Maden bilden.

Heißt das im Umkehrschluss, dass man Kirschbäume eher nicht mehr anpflanzen sollte?

Die einzelnen Kirschsorten werden unterschiedlich stark befallen. Die Kirschessigfliege legt ihre Eier vor allem in der Übergangsphase des Reifens von Gelb nach Rot ab. Hierzulande gibt es aber auch heller gefärbte Kirschsorten, die nicht ganz rot werden. Solche Kirschsorten werden prozentual weniger befallen, weil diese für die Fliegen nicht so attraktiv sind. Zudem tritt die Kirschessigfliege nicht jedes Jahr gleich stark auf und auch nicht in jeder Region. Man kann sagen: Es wird zunehmend schwieriger, gesunde Früchte zu ernten, aber ich würde nicht empfehlen, auf den Anbau bestimmter Obstarten in bestimmten Regionen zu verzichten. Das wäre Quatsch.

Und wie sieht es mit dem Apfelbaum aus? Er zählt ja zu den beliebtesten Obstarten im Hausgarten.

Einige Sorten leiden an der sogenannten Blattfallkrankheit. Dabei wirft der Apfelbaum vorzeitig sein Laub ab. Schuld ist ein Pilz, Marssoninia coronaria, der sich hierzulande immer stärker ausbreitet. In den subtropischen Regionen Süd-Ost-Asiens mit nass-warmem Klima ist diese Krankheit schon länger ein Problem.

Apropos: Lohnt es sich deshalb, exotische Früchte wie Feige oder Kiwi im Garten anzubauen? Mildere Winter und heißere Sommer können ja auch Vorteile haben.

Es gibt sicherlich in Deutschland Regionen, in denen der Anbau solcher Früchte glückt. Und es wird auch die eine oder andere Sorte geben, mit der man das ganz gut hinbekommt. Wer Freude daran hat, sollte es probieren. Aber ich würde jetzt nicht raten, im Haus- und Kleingarten von den klassischen Kulturen wegzugehen und nur auf exotische Kulturen zu setzen.

Sondern?

Eher die Sortenvielfalt der klassischen, heimischen Obstarten erhöhen, um den stärkeren Wechsel in den klimatischen Bedingungen auszugleichen. Beim Apfel könnte man beispielsweise über verschiedene früher blühende, wie 'Jakob Fischer' und 'Dülmener Rosenapfel', sowie später blühende Sorten, wie 'Prinzenapfel' und 'Spätblühender Taffetapfel' nachdenken. Wenn dann ein Wetterextrem wie Frost auftritt, trifft es im Garten nicht alle Apfelbäume gleichzeitig, sondern nur eine bestimmte Sorte, die gerade blüht. Die andere bleibt verschont.

Aber später blühende Sorten können doch gerade von den Eisheiligen überrascht werden.

Ja, das kann einem passieren. Deshalb ist es eben besser, man hat immer eine gewisse Sortenvielfalt. Mir ist klar, dass nicht jeder Hobbygärtner einen so großen Garten hat, aber wenn man die Möglichkeit hat, dann sollte man auf Abwechslung setzen.

Wer nur einen Balkon besitzt und trotzdem nicht auf einen Obstbaum verzichten will, kann einen im Kübel ziehen. Passende Exemplare gibt es für unter zehn Euro beim Discounter oder im Supermarkt. Sollte man da eigentlich zugreifen?

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Also, das hängt immer davon ab, was der Konsument damit erreichen möchte. Soll das Bäumchen nur hübsch aussehen oder will er auch ernten? Wenn man sich dauerhaft für einen Obstbaum entscheidet, sollte man auf gute fachliche Beratung setzen. Und die bekommt man in einer Baumschule oder noch besser in einer ausgewiesenen Obstbaumschule. Viele haben Online-Shops, sind gut aufgestellt, was Beratung angeht. Ich glaube, da lohnt es sich, ein bisschen mehr Geld auszugeben. Und auch die Pflanzware ist in der Regel besser entwickelt und vorbereitet, sodass man hinterher mehr Freude daran hat.

Was ist zu beachten, wenn man einen Obstbaum im Garten pflanzt?

Es ist immer noch gut, ihn im Herbst zu setzen, weil er dann schon ein gutes Wurzelwerk bilden kann und im Frühjahr gestärkt startet. Ein ausreichend großes Pflanzloch – am besten doppelt so groß wie der Wurzelballen, das im unteren Bereich mit Kompost befüllt ist und oben mit dem Erdaushub abgedeckt wird –, genügend Wasser zur Pflanzung und eine saubere Baumscheibe um den Stamm bilden dafür bereits gute Voraussetzungen.

Alle reden von Nachhaltigkeit. Was heißt das konkret für Obstbäume? Gibt es schon besonders nachhaltige Sorten?

Ja, das ist ein Bestandteil unseres Züchtungsprogramms. Wir versuchen Obstsorten zu züchten, die möglichst widerstandsfähig gegen die verschiedensten Schaderreger und abiotischen Stressfaktoren, zum Beispiel Hitze, Trockenheit, Frost und UV-Strahlung, sind und trotzdem eine sehr gute Fruchtqualität bringen. Im Erwerbsobstbau kann man mit dem Anbauverfahren, beispielsweise einer Überdachung, bei Obstbäumen bestimmte Stressbedingungen abmildern.

Heißt das praktisch, ich sollte meinem Apfelbaum ein kleines Dach bauen, damit er keine Hagelschauer abbekommt?

Nein, aber Sie können dafür sorgen, dass ein Baum im Kleingarten allein durch eine gute Pflege gesünder bleibt. Das heiß konkret: Sie halten die Baumscheibe frei von Unkraut. Sie bringen im Winter Kleberinge an, damit bestimmte Insekten nicht am Stamm hochwandern können. Sie sorgen für einen ordentlichen Schnitt und schneiden das Alt- und Totholz sowie kranke Partien aus dem Baum zurück. Sie entfernen das Obst vom Baum, das Sie nicht abernten, zum Beispiel faules Obst und Fruchtmumien. Und Sie rechen im Herbst das Laub ab, weil viele Pilzerreger an krankem Laub oder in faulendem Obst überwintern und im Frühjahr den Baum neu infizieren können.

Das sind einfache Maßnahmen, die ich als Kleingärtner machen kann, um die Ausgangsbedingungen für meinen Baum im nächsten Jahr zu verbessern. Im Haus- und Kleingarten geht es nicht darum, Tafelware der Handelsklasse 1 zu produzieren, sondern ein paar Früchte zu naschen und daran Spaß zu haben.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Flachowsky.

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