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Wie unser Gehirn altert und wie viel Vergesslichkeit "normal" ist


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Neurologin klärt auf
Wie unser Gehirn altert und wie viel Vergesslichkeit "normal" ist

  • Ann-Kathrin Landzettel
Von Ann-Kathrin Landzettel

Aktualisiert am 06.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Illustration: Gehirn verliert Masse: Krankheiten, wie Demenz, beschleunigen den Alterungsprozess des Gehirns. Es verliert schneller an Volumen als es gewöhnlich der Fall ist.Vergrößern des Bildes
Krankheiten, wie Demenz, beschleunigen den Alterungsprozess des Gehirns. Es verliert schneller an Volumen als es gewöhnlich der Fall ist. (Quelle: libre de droit/getty-images-bilder)

Das Gehirn ist ein riesiger Hochleistungscomputer. Alterungsprozesse machen sich erst zu einem späten Zeitpunkt bemerkbar. Denn das Gehirn kann aufgrund seiner vielen Nervenzellen und Netzwerke eine Menge ausgleichen.

Mit dem Altern verändert sich auch unsere Konzentrations- und Merkfähigkeit, da mit der Zeit viele Nervenzellen absterben. Wie schnell das Gehirn altert, ist von vielen Faktoren abhängig – auch davon, ob sich im Alter eine Demenz entwickelt.

Wie funktioniert das Gehirn?

Das Gehirn wiegt etwa 1,5 Kilogramm und erinnert optisch an eine übergroße Walnuss. Das Gehirn enthält etwa 100 Milliarden Nervenzellen (Neuronen), die über 100 Billionen Nervenverbindungsstellen (Synapsen), miteinander verbunden sind. Die Nervenzellen verarbeiten ständig Informationen und Reize und leiten diese an andere Nervenzellen weiter. So gelangen die Informationen in die verschiedenen Bereiche des Gehirns. Das Gehirn ist als Schaltzentrale zudem mit allen Körperteilen über das Rückenmark sowie den Nervenfasern verbunden.

Wann "altern" Nervenzellen im Gehirn?

Die verschiedenen Bereiche des Gehirns übernehmen unterschiedliche Aufgaben. So kontrolliert das Großhirn beispielsweise Bewegungen und verarbeitet Sinneseindrücke von außen. Auch ist es für Sprache, Hören, Gedächtnis und Intelligenz verantwortlich. Im Laufe des Lebens sterben Nervenzellen ab.

"Ab dem 20. Lebensjahr gehen täglich mindestens 1.000 Nervenzellen zugrunde", sagt Prof. Kathrin Reetz, Vizepräsidentin der Deutschen Hirnstiftung und Leiterin der Neurologischen Gedächtnisambulanz in der Klinik für Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen. "Aufgrund der großen Menge an vorhandenen Nervenzellen und Netzwerken ist es dennoch möglich, bis ins hohe Alter eine gute Gehirnleistung zu haben. Das Gehirn kann schwächer werdende Hirnregionen sehr lange ausgleichen."

Das Gehirn verliert im Alter an Volumen

Mit zunehmendem Alter verliert das Gehirn an Volumen. Bei Erkrankungen des Gehirns schrumpft das Gehirn rascher als bei einem normalen Alterungsprozess. Trotzdem bleiben sowohl das abnehmende Volumen als auch eine mögliche Gehirnerkrankungen für die Betroffenen sehr lange unbemerkt.

Bis man selbst merkt, dass das Gedächtnis nachlässt oder gar krank ist, ist im Gehirn in der Regel bereits ein großer Schaden entstanden. Als ein Beispiel nennt die Expertin die Parkinson-Krankheit: "Bevor die ersten klinischen Symptome auftreten, wie beispielsweise ein Zittern der Hände und Verlangsamungen der Bewegungsabläufe, sind bereits 70 Prozent der dopaminergen Nervenzellen untergegangen. Das zeigt sehr gut, wie viel das Gehirn noch kompensieren kann."

(Quelle: Privat)


Univ.-Prof. Dr. med. Kathrin Reetz ist Vizepräsidentin der Deutschen Hirnstiftung, geschäftsführende Oberärztin und Leiterin Neurologischen Gedächtnisambulanz in der Klinik für Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen.

Altes Gehirn oder krankes Gehirn?

Kann das Gehirn gesund altern, geht der Alterungsprozess deutlich langsamer vonstatten als beispielsweise bei einer Demenz. Ist das Gehirn gesund und fit, können Konzentration, Aufmerksamkeit, Erinnerung, Bewegungsfähigkeit und andere Hirnfunktionen zwar altersbedingt nachlassen, doch sind keine deutlichen Einschränkungen vorhanden.

"Bei einer Demenz, also einer anhaltenden oder fortschreitenden Beeinträchtigung des Gedächtnisses oder anderer Hirnleistungen mit Alltagsrelevanz, lassen die Gehirnfunktionen deutlich schneller nach als beim natürlichen Alterungsprozess", erklärt Reetz. "Die häufigste Ursache einer Demenz ist die Alzheimer-Krankheit. Bei der Erkrankung kommt es zu Eiweißablagerungen aus Beta-Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen, die bildgebend als auch im Nervenwasser nachweisbar sind. Diese stören die Signalweiterleitung und Nervenzellen sterben verstärkt ab. Die Gehirnleistung nimmt zunehmend ab."

Die zwölf Demenz-Risiken

Wer während seines Lebens die Risiken einer Demenz weitestgehend vermeiden kann, erhöht die Chance deutlich, bis ins hohe Alter eine gute Gehirnleistung zu haben. Zu den zwölf Demenz-Risiken gehören:

  • Bewegungsmangel
  • Übergewicht
  • Bluthochdruck
  • Diabetes
  • übermäßiger Alkoholkonsum
  • Rauchen
  • eingeschränkte Hörfähigkeit
  • Mangel an sozialen Kontakten
  • Depressionen
  • mangelnde Bildung
  • Kopfverletzungen
  • Feinstaubbelastung

"Die eingeschränkte Hörfähigkeit wird häufig unterschätz", sagt Reetz. "Je früher diese erkannt und mit einem Hörgerät ausgeglichen werden kann, desto besser ist das für das Gehirn. Hört man schlechter, wird das Gehirn weniger gefordert. Es kommen weniger Reize an. Zugleich ziehen sich Menschen mit schlechtem Gehör oft zunehmend aus dem Sozialleben zurück, die Kommunikation nimmt ab, sie nehmen weniger an ihrer Umwelt teil und weniger von ihr wahr - was den Abbau der Gehirnleistung fördert."

Nachlassendes Gedächtnis: Wann zum Arzt?

Dass im Alltag mal etwas vergessen geht, ist normal. Es strömen täglich unzählige Informationen auf das Gehirn ein. Gerade unter Stress kann mal ein Termin vergessen, ein Name nicht erinnert oder die Konzentration geschwächt werden. Funktioniert das Gedächtnis dann wieder wie gewohnt, wenn Körper und Geist zur Ruhe kommen, besteht laut der Expertin kein Grund zur Sorge.

Aufmerksam sollte man werden, wenn man das Gefühl hat, dass das Gedächtnis im Verlauf zunehmend schwächer wird. Dann sollte man einen Arzt aufsuchen und der Ursache auf den Grund gehen. "Es muss nicht gleich eine Alzheimer-Krankheit hinter den Beschwerden stecken", beruhigt Reetz. "Zunehmende Vergesslichkeit kann zum Beispiel auch gefäßbedingt sein. Manchmal ist eine Depression der Auslöser. Neben dem Hausarzt kann eine Gedächtnisambulanz eine erste Anlaufstelle sein. Auch die Deutsche Hirnstiftung bietet hier eine Beratung an."

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Unser Gehirn - was es leistet, was es krank macht. Online-Information der Deutschen Hirnstiftung. (Stand: 29. September 2021)
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