Für diesen Beitrag haben wir alle relevanten Fakten sorgfältig recherchiert. Eine Beeinflussung durch Dritte findet nicht statt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Digitale Helfer Was Apps gegen Vergesslichkeit bewirken können

Es gibt viele Apps gegen Vergesslichkeit. Doch wie effektiv trainieren sie das Gehirn? Und was stärkt noch das Gedächtnis?
Gedächtnistraining per App wird immer beliebter. Es gibt dafür inzwischen zahlreiche Angebote. Doch wie wirksam ist das digitale Gehirnjogging gegen das Vergessen? Und welche Maßnahmen gibt es noch, um das Gedächtnis fit zu halten?
Vergesslichkeit im Alltag – oft stressbedingt
Termin verpasst, Schlüssel vergessen, Geldbeutel verlegt – wohl jeder kennt Vergesslichkeit im Alltag. Was oft ärgerlich ist, ist meist harmlos. Häufig ist es Stress, der dazu führt, dass wir Dinge durcheinanderbringen oder kurzzeitig vergessen. Trotzdem beunruhigt eine nachlassende Merkfähigkeit viele Menschen. Sie möchten ihr Gehirn trainieren und fit halten – am besten bis ins hohe Alter.
"Das Gehirn ist wie ein Muskel. Es braucht immer wieder neue Reize, um leistungsfähig zu bleiben. Wenn wir die vorhandenen Gehirnzellen regelmäßig fordern, ist es durchaus möglich, auch im hohen Alter eine gute Gedächtnisleistung zu haben", sagt Prof. Kathrin Reetz.

Zur Person
Univ.-Prof. Dr. med. Kathrin Reetz ist Präsidentin der Deutschen Hirnstiftung, geschäftsführende Oberärztin und Leiterin der Neurologischen Gedächtnisambulanz in der Klinik für Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen.
Gedächtnistraining per App – wie wirksam ist das?
Regelmäßiges Lernen sowie geistige wie körperliche Aktivität unterstützen die Gehirnfunktion. Gedächtnistraining per App scheint eine gute Lösung zu sein, der Vergesslichkeit entgegenzuwirken. Als alleiniger Baustein gegen das Vergessen sind die Gehirnjogging-Apps laut der Expertin jedoch nicht wirksam genug. Werden sie mit anderen gehirnfordernden Maßnahmen kombiniert, lassen sich positive Effekte erreichen.
So kann das digitale Gedächtnistraining dazu beitragen, die Merkfähigkeit zu verbessern, die Konzentration zu fördern, das logische Denken zu trainieren und die Aufmerksamkeitsspanne zu verlängern. Das hilft dabei, der Vergesslichkeit im Alltag ein Stück weit entgegenzuwirken. Wichtig aber ist, mmer wieder neue Denkaufgaben zu lösen. Das Gehirn braucht Abwechslung.
"Stellt sich der Gewöhnungseffekt ein, sind die Gedächtnisübungen für das Gehirn keine Herausforderung mehr – und der Trainingseffekt lässt nach", sagt Reetz. "Wird das Gehirn hingegen regelmäßig neu gefordert, unterstützt Gedächtnistraining – auch per App – das Erinnerungsvermögen." Wer also Freude hat, kniffelige Aufgaben am Smartphone zu lösen, kann sich der Herausforderung stellen.
Tipp: Es lohnt sich, bei der Krankenkasse nachzufragen. Einige bieten ihren Versicherten spezielle Apps zum Gehirntraining an.
Was das Gehirn noch braucht, um fit zu bleiben
Um die Gehirnzellen fit zu halten, braucht es aber noch mehr. Das Gehirn ist hungrig nach neuem Wissen. Gute Gedächtnistrainings sind beispielsweise:
- Gedächtnistraining mit speziellen Übungen, welche unter anderem Logik, räumliches Vorstellungsvermögen, Rechnen und Sprache trainieren.
- Eine neue Sprache lernen.
- Spielerische Aktivitäten wie Kreuzworträtsel lösen, Sudoku, Memory spielen, Schach, Puzzeln und andere.
- Ein neues Hobby erlernen – im Kreativ- oder Sportbereich.
- Ein Instrument lernen.
- Das Singen von Liedern, etwa im Chor.
- Regelmäßiges Reisen, um neue Eindrücke zu bekommen.
- Mit anderen Menschen im Austausch und gemeinsam aktiv sein.
"Ebenso ist ein gesunder und aktiver Lebensstil bedeutsam für eine gute Gehirnleistung", sagt Reetz. "So gelten unter anderem Bewegungsmangel, Übergewicht, Bluthochdruck, Rauchen, Alkohol, aber auch fehlende soziale Kontakte sowie Schwerhörigkeit als bedeutende Risikofaktoren für Vergesslichkeit im Alter – bis hin zu Demenz."
Kann Gedächtnistraining einer Demenz vorbeugen?
Laut der Expertin ist bekannt, dass unter Beachtung der verschiedenen Risikofaktoren eine Demenz später auftreten beziehungsweise das Fortschreiten weiter verlangsamt werden kann. Was das alleinige Gedächtnistraining allerdings nicht kann, ist, das Auftreten einer Alzheimer-Demenz zu verhindern, wenn etwa erste krankheitstypische Veränderungen nachzuweisen sind. Denn hier spielen Faktoren eine Rolle, die sich durch Lernen nicht beeinflussen lassen. Bei der Alzheimer-Krankheit beispielsweise tragen Eiweißablagerungen im Gehirn sowie ein veränderter Gehirnstoffwechsel dazu bei, dass Gehirnzellen deutlich rascher untergehen als beim natürlichen Alterungsprozess.
Dieser Vorgang lässt sich nicht mit Gedächtnistraining aufhalten. Was Gehirnjogging aber kann, ist, die noch gesunden Zellen zu unterstützen: "Das Gehirn kann schwächer werdende Hirnbereiche aufgrund der großen Menge an vorhandenen Nervenzellen und Verknüpfungen ziemlich lange ausgleichen", erklärt Reetz. "Das ist nicht nur bei Demenz bedeutsam, sondern auch für den ganz natürlichen Alterungsprozess."
- alzheimer-forschung.de: "Alzheimer-Ursachen: So verändert die Demenz das Gehirn". Online-Information der Alzheimer Forschung Initiative e. V. (Abrufdatum: 12. März 2025)
- alzheimer-forschung.de: "Was sind Risikofaktoren für Demenz?". Online-Information der Alzheimer Forschung Initiative e. V. (Abrufdatum: 12. März 2025)
- hirnstiftung.org: "7 Tipps gegen Demenz: Helfen Puzzeln & Co.?". Online-Information der Deutschen Hirnstiftung. (Stand: 23. Januar 2025)
- hirnstiftung.org: "Gegen Demenz vorsorgen – 12 Tipps für einen hirngesunden Lebensstil". Online-Information der Deutschen Hirnstiftung. (Stand: 18. September 2024)
- awmf.org: S3-Leitlinie "Demenzen" (PDF) der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), AWMF-Leitlinien-Register Nr. 038-013. (Stand: 28. Februar 2023)
- hirnstiftung.org: "Alt werden ohne Demenz – 7 Tipps für Ihre geistige Fitness". Online-Information der Deutschen Hirnstiftung. (Stand: 19. Oktober 2022)
- gesundheitsinformation.de: "Wie funktioniert das Gehirn?" Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). (Stand: 28. Juli 2021)
- hirnstiftung.org: "Unser Gehirn – was es leistet, was es krank macht". Online-Information der Deutschen Hirnstiftung. (Stand: 29. September 2021)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.