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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Physiotherapie in der Corona-Krise "Covid-Patienten leiden unter Kraftlosigkeit und Muskelabbau"
Zur Hochzeit der Corona-Pandemie waren einige Physiotherapie-Praxen geschlossen, viele Patienten sagten ihre Therapie aus Sorge vor einer Infektion ab. Wie geht es jetzt weiter?
Schon vor der Corona-Pandemie mussten Patienten teilweise lange auf einen Termin für die Physiotherapie warten, es fehlten Fachkräfte, der Bedarf war allerdings gleichbleibend hoch. Durch die Corona-Krise gab es massive Einbrüche in der Branche, die durch Unterstützung vom Staat zumindest teilweise abgefangen werden konnten. t-online.de hat mit Uwe Eisner über die Situation in der Physiotherapie gesprochen. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Physiotherapie. Im Gespräch mit t-online.de erklärt er, welche Herausforderungen das Coronavirus an die Physiotherapie gestellt hat und was er sich von der Politik jetzt wünscht.
Welche Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie bisher auf die Physiotherapie?
Wir hatten massive Einbrüche – es gab sogar Patientenrückgänge um bis zu 100 Prozent. Ganze Praxen wurden auf Null heruntergefahren. Durch unklare Aussagen der Politik waren sowohl Therapeuten als auch Patienten zunächst verunsichert. Wir waren in den ersten Monaten als Verband gefordert, die Kolleginnen und Kollegen möglichst umfassend und schnell über die aktuellen Bestimmungen zu informieren. Die Politik hat uns über die gesamte Zeit als systemrelevant anerkannt. Wir sind eine wichtige Stütze in der Versorgung der Patienten und daran hat Corona auch nichts verändert. Mittlerweile sind die Praxen wieder zurück auf dem Weg in den Normalmodus, was die Patientenzahlen angeht.
Wie hat sich Ihre Arbeit verändert?
Man braucht entsprechende Hygienekonzepte, wir müssen mit Mundschutz arbeiten und die Abstandsregelungen einhalten, wann immer möglich. Die Vorgaben der Berufsgenossenschaften sind recht umfangreich. Das erfordert ein anderes Praxismanagement, weil wir beispielsweise zusätzliche Zeit für Desinfektion einplanen und Patienten anders terminieren müssen.
Uwe Eisner
Uwe Eisner ist seit September 2019 stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Physiotherapie. Er studierte zunächst Informatik, um dann eine Ausbildung zum Physiotherapeuten zu machen. Eisner wurde 1982 in Darmstadt geboren, studierte und lernte in Mannheim und gründete schließlich eine eigene Praxisgruppe mit zwischenzeitlich fünf Standorten und 70 Mitarbeitern. Ende 2019 verließ er das Unternehmen, um sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Wie hoch waren die finanziellen Verluste in Ihrer Branche?
Das lässt sich im Moment noch nicht beziffern. Es gibt aber von den Krankenkassen einen Quartalsbericht zu den Behandlungszahlen. Sobald die Zahlen für 2020 dort veröffentlicht werden, ist es ein Stück weit nachvollziehbar, wie sehr die Behandlungszahlen zurückgegangen sind.
Wie zufrieden sind Sie mit den Ausgleichszahlungen des Bundes?
Grundsätzlich sind wir sehr dankbar dafür, weil das die Branche gebraucht hat. Wir sind sehr glücklich, dass es das gab. Nichtsdestotrotz gibt es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zum Schutzschirm einige Härtefälle unter unseren Mitgliedern, die nicht oder wenig von dem Schutzschirm profitiert haben.
Was wünschen Sie sich von der Politik?
Clearingstelle
Eine Clearingstelle dient der Koordination und Schlichtung zwischen verschiedenen Akteuren.
Wir haben eine Clearing-Stelle gefordert, um die Härtefälle aufzufangen. Das ist leider bisher nicht geschehen. Grundsätzlich sind wir mit den Ausgleichszahlungen in Verbindung mit den Kurzarbeiterregelungen gut durch die schlimmste Zeit gekommen. Wir kämpfen gerade auch darum, dass künftig die Möglichkeit der Durchführung einer Video-Behandlung in die Regelversorgung überführt wird – das lehnen die Kassen im Moment aber noch ab.
Gibt es nun eine Flut an Patienten, die zur Hochzeit der Pandemie nicht in die Therapie kommen konnten?
Das ist jetzt eine subjektive Wahrnehmung von mir selbst aus der Praxis, in der ich arbeite: Dort ist es so, dass mit jeder neuen behördlichen Anordnung mehr Patienten Termine absagten, die Pläne sind inzwischen aber wieder deutlich voller, wobei Gruppenbehandlungen nach wie vor nur sehr eingeschränkt stattfinden. Es sind schon Patienten dabei, die in der Pandemie-Hochphase gesagt haben, sie setzen die Therapie aus. Das führt dann dazu, dass sie jetzt in die Praxen strömen und es zu Terminengpässen kommt. Aber so war es auch vor der Pandemie: In der Physiotherapie gibt es einen Fachkräftemangel und einen stetig steigenden Bedarf an Therapie. Genau an der Stelle stehen wir jetzt wieder.
Müssen Patienten jetzt länger auf einen Physiotermin warten?
Gefühlt ist es ein bisschen länger als vor der Pandemie, aber das kann ich nicht flächendeckend beurteilen.
Was passiert mit Rezepten zur Physiotherapie, die bisher nicht eingelöst werden konnten?
Es gibt sogenannte Unterbrechungsfristen, die man bei Rezepten immer einhalten muss. Diese Unterbrechungsfristen sind für Verordnungen, die in der Pandemie ausgestellt wurden, ausgesetzt worden. Es kommt also auch auf den Tag der Ausstellung des Rezeptes an, denn daran orientiert sich, wie lange Unterbrechungen möglich sind. Es gibt Ausnahmeregelungen, aber da muss man dann im Einzelfall genau schauen.
Kommen auch Corona-Patienten mit Langzeitfolgen zu Ihnen in die Praxen? Mit welchen Problemen haben diese Patienten zu kämpfen?
Wenn wir schwere Verläufe von Covid-19 haben, geht es vorrangig um das Wiederherstellen von Beweglichkeit und Fitness. Die betroffenen Patienten leiden unter Kraftlosigkeit und Muskelabbau und das ist gar nicht unbedingt nur durch Corona bedingt, das ist ganz normal nach einem längeren Krankenhausaufenthalt auf der Intensivstation. Da gibt es mit Sicherheit Patienten, die in die Praxen kommen. Aber das sind bisher in Deutschland eher Einzelfälle.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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