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Toxische Beziehung: Das sind die Anzeichen


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Anzeichen und Hilfe
Ab wann ist eine Beziehung toxisch?

Eine Kolumne von Ulrike Scheuermann

08.07.2022Lesedauer: 6 Min.
Psychisches Leid: Eine toxische Beziehung kann auch die Gesundheit stark belasten.Vergrößern des Bildes
Psychisches Leid: Eine toxische Beziehung kann auch die Gesundheit stark belasten. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Wenn die Partnerschaft Sie stark belastet, kann eine toxische Beziehung dahinterstecken. Was man dagegen tun kann.

Toxische Beziehungen sind in aller Munde, aber viele wissen nicht so genau, was das eigentlich ist: Oftmals benennt man schon bei den ersten Missstimmungen die Beziehung oder den Partner als toxisch.

Doch das führt zu weit, denn: Zu einer Beziehung gehören immer zwei und jede Person ist und verhält sich in verschiedenen Rollen und Beziehungskonstellationen anders.

Eine toxische Beziehung schadet der Gesundheit

Wer sich in einer toxischen Beziehung befindet, erfährt mehr als ein momentanes Unwohlsein und die Einschätzung: "Diese Beziehung tut mir nicht (mehr) gut."

Es geht vielmehr um destruktive Beziehungsmuster, die die Beziehung so "vergiften". Und das heißt, dass diese Beziehung schädigend für eine der Personen ist, sodass das Aufrechterhalten einer solchen Beziehung zu körperlichem und/oder psychischem Leid führt und im schlimmsten Fall schwere psychische und physische Folgen haben kann.

Der dadurch entstehende chronische Stress kann unsere Psyche und unser Immunsystem, somit auch unseren Körper und unsere Gesundheit stark belasten und Schaden anrichten.

Verbale Gewalt schmerzt

Hier ist unter anderem das Thema Schmerz von Bedeutung. In Experimenten ist Anfang der 2000er Jahre nachgewiesen worden, dass sich die Gehirnregionen, die physischen und psychischen Schmerz verarbeiten, überschneiden.

Wer zum Beispiel verbaler Gewalt ausgesetzt ist, empfindet im Gehirn nachweisbar Schmerzen. Naomi Eisenberger ist die Forscherin der Stunde, wenn es um diese Gleichung "emotionaler Schmerz gleich körperlicher Schmerz" geht. Im Klartext heißt das, dass sozialer Schmerz wirklich wehtut, zum Beispiel bei Einsamkeit, Zurückweisung oder eben, wenn man abwertend behandelt wird.

Ungleichgewicht von Geben und Nehmen

Ein Merkmal für eine toxische Beziehung ist, dass das Verhältnis von Geben und Nehmen über einen längeren Zeitraum deutlich unausgeglichen ist und somit für eine der Personen sehr – und oft immer weiter zunehmend – belastend und energieraubend wird. Meist ist ein großes Machtgefälle vorhanden, oder dieses entwickelt sich nach und nach.

Die meisten denken bei dem Begriff toxische Beziehung eher an eine Liebesbeziehung, aber es kann auch giftig, schädlich oder destruktiv in allen anderen Beziehungen zugehen: in Eltern-Kind-Beziehungen, in der weiteren Familie, Verwandtschaft, in Freundschaften, Nachbarschaft und natürlich auch im Kollegenkreis.

Zu einer Beziehung gehören immer zwei

Ich höre oder lese häufig, eine Person sei für andere toxisch. Doch hier muss man vorsichtig sein: Nicht die Person an sich ist falsch, schuld, böse.

Wir müssen wir vielmehr auf die Dynamik achten, die zwischen zwei Personen und in einem bestimmten Umfeld mit Bedingungen entsteht, die diese Konstellation begünstigen. Bei Beziehungen haben immer alle Beteiligten ihren Anteil – und das im Guten wie im Schlechten.

Ist die Chefin toxisch?

Ich erinnere mich an einen Seminarteilnehmer, der seine Chefin als "toxisch" bezeichnete. Auf den ersten Blick schien er recht zu haben: Sie brüllte in Teamsitzungen immer wieder einzelne Mitarbeiter an. Die Meetings waren der Schrecken für alle, man duckte sich weg und hoffte, dass es jemand anderen trifft.

Doch dann brüllte eines Tages ein Mitarbeiter zurück, noch lauter als sie. Und plötzlich wirkte diese Chefin verunsichert und entschuldigte sich in der nächsten Sitzung für ihr Verhalten. Auch andere im Team waren nun ermutigt, sich gegen die Wutausbrüche zu verwahren und sie als Problem für alle zu thematisieren, zeitgleich gab es einen Wechsel in der Unternehmensführung, und die Beziehungen mit ihr entwickelten sich mehr auf Augenhöhe.

An diesem Beispiel wird deutlich, wie eine Person, die keinen Raum mehr für ihr schädliches Verhalten hat, dieses nicht mehr zeigt.

Was haben beide davon?

Man kann also annehmen, dass auch in einer destruktiven Beziehung beide Seiten etwas davon haben, so merkwürdig das auf den ersten Blick klingen mag. Aber es geht mir nicht um Schuldzuweisungen, sondern diese Sichtweise kann helfen, aus der Täter- bzw. Opferrolle herauszukommen – Rollen, die für beide Seiten eine Einschränkung ihrer Entwicklungsmöglichkeiten bedeuten.

Zwei Beispiele: Eine Frau nimmt die Gemeinheiten des Partners in Kauf – weil sie im Laufe der toxischen Beziehungsentwicklung zunehmend meint, nur er könne ihr die Sicherheit und Liebe geben, die sie sich wünscht und ihren Selbstwert stärken. Der Partner wiederum verstärkt diese toxische Beziehungsentwicklung immer mehr, weil er vermeintlich nur darüber seine Psyche stabilisieren kann, dass er Abwertung von der und Macht über die Partnerin ausübt. Jemand anders bewundert die egozentrische Vorgesetzte und verstärkt damit deren narzisstische Tendenzen – weil er gebraucht werden will.

Vielleicht helfen Ihnen diese und die folgenden Beschreibungen, bei sich oder anderen solch ein Beziehungsmuster zu erkennen. Das ist immer der erste Schritt, um etwas zu verändern – der oft schon schwer genug ist.

Das sind Anzeichen für eine toxische Beziehung

Es gibt nicht das eine eindeutige Anzeichen für eine toxische Beziehung. Aber Sie können darauf achten, ob und was Sie als zermürbend, schädlich und giftig empfinden. Das ist sicher immer subjektiv: Eine Person fühlt sich dauerhaft gestresst, jemand anders sagt zu genau demselben Verhalten: stört mich nicht.

Das wichtigste Kriterium ist, dass mindestens eine Person in der Beziehung seelisch leidet. Die folgenden Fragen geben eine Orientierung:

  • Will immer nur eine Person in der Beziehung ihre Interessen um jeden Preis durchsetzen? Und schafft es auch?
  • Gibt Ihnen die andere Person das Gefühl, nie gut genug zu sein?
  • Freut sich die andere Person nie, wenn Sie etwas Schönes erlebt oder eine schwierige Aufgabe gemeistert haben?
  • Gibt es ohne erkennbaren Grund ausgeprägte Hoch- und Tiefphasen in der Beziehung, die dazu führen, dass die andere Person einmal unnahbar und kalt, dann wieder herzlich und nahbar ist?
  • Gibt es ein starkes Machtgefälle in der Beziehung? Die eine Person setzt sich immer durch, entscheidet allein, drängt die andere Person zum Mitmachen?
  • Bemerken Sie, dass sich die andere Person nie entschuldigt, Sie subtil oder offen kleinmacht und herablassend behandelt?
  • Gibt es Kontrollsucht oder Narzissmus? Irgendeine Form der seelischen und/oder körperlichen Gewaltanwendung?

Opferrolle verlassen und Verantwortung übernehmen

Wenn einer Person ein toxisches Beziehungsmuster auffällt, so ist das oft ein entscheidender Wendepunkt. Dadurch kann der Ausstieg aus der destruktiven Beziehungsentwicklung angebahnt werden.

Gerade, wenn sie mitbedenkt, dass nicht die andere Person toxisch ist, sondern die Beziehungsdynamik, bedeutet das, dass Sie etwas tun kann, um die Beziehung zu verändern, und sich dadurch weniger als Opfer fühlen muss. Die folgenden Fragen können dabei helfen:

  • Was ist das Charakteristische an dieser schädigenden Dynamik?
  • Wie ist diese Dynamik entstanden?
  • Wer trägt welchen Teil dazu bei?
  • Wie kann ich wieder Verantwortung für mein Wohlergehen übernehmen?
  • Und da es in der Regel sehr schwierig sein wird, das schädliche Muster zu durchbrechen, ist die folgende Frage immens wichtig: Wer kann mir dabei helfen?

Hilfe von außen

Hilfe können nahestehende Menschen bieten, die bisher nichts davon wussten, aber manchmal stützen zum Beispiel Familienangehörige gerade das System, weil sie selbst in solch einer Konstellation leben.

Es ist also wichtig, genau darauf zu achten, wer eine wirkliche Hilfe wäre. Möglicherweise ist eine ganz außenstehende Person, eine professionelle Hilfe, die bessere Möglichkeit.

Da auch Scham oft eine Rolle spielt, kann es sinnvoll sein, zuerst ein anonymes Hilfeangebot wie eine Krisenberatung am Telefon oder eine Online-Gruppe zu kontaktieren. Mit diesem Beitrag will ich das gesamte Spektrum toxischer Beziehungen thematisieren, doch die Fälle, in denen insbesondere Frauen Gewalt in der Partnerschaft erleben, sind häufig.

Dann kann das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" für Betroffene und das Umfeld helfen: 08000/116 016. Für Täter und das Umfeld gibt es Hilfe bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit: bag-taterarbeiten.de, bei akuter Bedrohung auch den Polizeinotruf 110.

Nach und nach kann man herausfinden, ob es sinnvoll ist, das Gespräch zu suchen und dabei möglichst ohne Vorwürfe und Anschuldigungen in den Austausch zu gehen. Das gibt beiden Seiten die Möglichkeit, ihr Verhalten zu reflektieren und ihre Beziehung künftig anders zu gestalten. Das wird aber nicht immer funktionieren.

Grenzen setzen, für sich selbst sorgen

Wenn trotz aller Gesprächsversuche und Unschuldsvermutung keine positive Bewegung in die Beziehung kommt, hilft es nur, Grenzen zu setzen und wieder besser für sich selbst zu sorgen, oder ich würde sogar sagen: sich selbst zu retten.

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Denn die Hoffnung, dass sich die andere Person irgendwann doch ändert, wird in den meisten Fällen enttäuscht werden. Statt also zu warten und zu hoffen, ist es wichtig, ab jetzt die eigenen Grenzen deutlich und nachdrücklich zu kommunizieren und vor allem durchzusetzen. Nicht mehr denken "Naja, beim nächsten Mal wird es bestimmt schon besser gehen", sondern: "Stopp! So will ich das nicht!".

Ist eine neue Dynamik möglich?

Dann kann sich entweder eine neue Dynamik einstellen oder es ist Zeit, die Beziehung zu beenden. Auch hierbei kann es sein, dass das nur mit Hilfe von außen geht, insbesondere, wenn eine Bedrohungssituation vorhanden ist oder entstehen könnte.

Und danach? Es entsteht vielleicht erst einmal eine Leere im Leben, aber jeder Raum muss erst leer sein, damit er sich mit Neuem füllen kann – dann mit Beziehungen, die guttun.

Ulrike Scheuermann ist Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin. Seit 25 Jahren hilft sie Menschen dabei, ihr Leben mit modernsten Methoden der Psychologie innerlich frei und ohne Blockaden besser und gesünder zu gestalten. Ihre Self-Care- und Coaching-Programme finden in ihrer Akademie in Berlin und online statt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Ulrike Scheuermann: https://www.ulrike-scheuerman.de
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